5. Bulgarische Truppen erobern die Befestigungen vor Konstantinopel und schneiden der Stadt die Wasserversorgung ab. - Woodrow Wilson wird zum Präsident der Vereingten Staaten von Amerika gewählt. 6. Die Abrechnung des Gaswerkbaus ergibt Kosten von 2.289.038 Mark (bewilligt 2.993.000 Mark).228 7. Generalversammlung des Wehrkraftvereins. Vorstand: 1. Vorsitzender Hauptmann Uhl.229 8. Die türkische Besatzung von Saloniki kapituliert. 9. Nach Beschluß des Tarifamtes tritt im Metallschlägergewerbe vollständige Arbeitsruhe ein (vgl. 9.9.) - Die Verbreiterung der Sauweiherbrücke ist abgeschlossen, Verkehrsübergabe (s. 9.9.12).230 - Rechtsruck in der russischen Duma (Reichsparlament), von 440 Abgeordneten gehören 150 (vorher 97) zu den Konservativen, die Sozialdemokraten erringen drei Mandate. 10. Versammlung im Evorasaal mit Bericht des Landtags- und Reichstagsabgeordneten Martin Segitz.231 11. Die Uhr auf dem Schulhaus Fürth-Dambach wird renoviert. - Für den kommenden Winter werden für den Eislauf vom Magistrat freigegeben: Die 500 Meter lange Strecke des Donau-Mainkanals von der Roßbrücke bis zum Brückenkanal, der Elsaweiher am Prater und der Stadtparkweiher. - Im Sanitätskolonnenhaus an der Nordstraße werden u.a. ein Kurs „für Frauen und Mädchen aus hiesigen Bürgerkreisen, welcher über die Krankenpflege im Kriege ... unterrichtet“, abgehalten. - Lutherfeier des Evanglischen Bundes im Geismannssaal.232 12. Die Säuglingssterblichkeit lag im 3. Quartal 1912 bei 12,5% (Sterblichkeit im 1. Lebensjahr) gegenüber 44,1% im 3. Quartal 1911 (große Sommerhitze), 23,1% im 3. Quartal 1910. Die klimatischen Verhältnisse dieses Sommers hatten einen günstigen Einfluß, allerdings sei nach Angaben von Bezirksarzt Dr. Spaet auch die verstärkte Fürsorgetätigkeit - namentlich die Stillprämien-Gewährung - von Bedeutung.233 15. Nobelpreis für Literatur an Gerhart Hauptmann. 16. Besuch einer Delegation des mittelfränkischen Landrates einschl. Regierungspräsidenten Exzellenz Dr. v. Blaul. Besichtigung von Einrichtungen der Kommune und verschiedener Unternehmen, Bewirtung und Ansprachen. Justizrat Dorsch, Vorstand des Gemeindekollegiums, führt in seiner Begrüßungsansprache u.a. aus: „Wir können Ihnen keine wall- und mauerbewehrte Stadt zeigen, keine Stadt mit hervorragenden Kunstbauten und Museen, gefüllt mit herrlichen Schätzen ruhmreicher Vergangenheit. Fürths Stolz beruht auf seinen Handel und seiner Industrie, deren Erzeugnisse in alle Welt wandern. Die Erwägung jedoch, daß Fürths öffentliche Unternehmungen und Einrichtungen zur Hebung der Volksgesundheit und Volkswohlfahrt der Beachtung wert erscheinen dürften, ermutigt uns, doch Ihnen zu zeigen, was Fürth auf diesem Gebiete in den letzten Jahre Neues geschaffen hat.“ Der Autozug mit 19 Fahrzeugen wird in Fürth bestaunt, abschließend werden die Gäste zum Stadtheater geleitet, „woselbst der ‚liebe Augustin‘ in Scene gesetzt wurde“. - Die Delegation war auch bei der Einweihung der Krautheimerkrippe in der Maistraße anwesend, selbstverständlich auch die Stifterin Martha Krautheimer. Die Baukosten betrugen 65.000 Mark. Die Verwaltung übernimmt der „St. Johanniszweigverein der Stadt Fürth für freiwillige Armenpflege“, der die Aufnahme von Kindern bis zum ersten Lebensjahr ab 20.11. in der Zeitung bekanntgibt.234 - Landtagswahlen in Württemberg. Zentrum 21 Mandate, Bund der Landwirte 17, Sozialdemokraten 13, Volkspartei 15 und Nationalliberale 9. 17. 30. Stiftungsfest der Gesellschaft Phönix e.V. Dem Verein „gehören nur die bestsituierten Bürger unserer Stadt an.“ - Die „Konsum-, Bau-, Spar- und Produktivgenossenschaft Nürnberg“ verteilt ein Flugblatt und stellt in ihm seine Leistungen dar. Die Genossenschaft bietet verbilligte Konsumartikel an seine Mitglieder. Die SPD verteilt in Fürth und im ganzen Reich Flugblätter mit dem Titel „Krieg dem Kriege“235: Anläßlich der blutigen Gefechte zwischen „Albanesen“ und Serben wird dargestellt, daß „es nicht die Interessen der Volksmassen hüben und drüben, der Arbeiter, Kleinbürger und Bauern, gewesen sind, die gewaltsam zum Kriege drängten, sondern die kapitalistischen Ausdehnungsbedürfnisse der besitzenden Klassen... Aber nicht vom Balkankriege selbst zu reden, wenden wir uns heute an das deutsche Volk, sondern um ihm die furchtbare Gefahr klarzumachen, die durch die Entfesselung dieses Krieges über ganz Europa heraufbeschworen ist. Gerade der völlige Niederbruch der innerlich längst vermorschten Türkei hat die Gefahr, daß aus dem Balkankriege sich ein allgemeiner europäischer Krieg entwickeln kann“. Der „unheilvolle Gegensatz zwischen England und Deutschland“ habe schon anläßlich des deutsch-französischen Marokkokonfliktes „die Völker Europas bis unmittelbar an den Rand eines verheerenden Weltkrieges gebracht... diese alte weltpolitische Gegnerschaft zwischen einem kleinen aber mächtigen und einflußreichen Teile der deutschen und der englischen Kapitalistenklasse ist es, der jetzt in der allerbedenklichsten Weise die deutsche Politik an die Seite der österreichischen Politik geführt hat“, womit die „verbrecherische österreichische Eroberungspolitik“ erst ihre Gefährlichkeit gewinne. Da Österreich von der Türkei nichts abbekomme(n habe), suche es „Entschädigungen“ beim siegreichen Serbien, hinter dem aber Rußland genauso stünde wie Deutschland hinter Österreich. „Vollendete Hilflosigkeit, völliges Versagen“ zeige angesichts der Gefahren die europäische Diplomatie. Deswegen sei es höchste Zeit, daß die „Völker selbst auf dem Platze erscheinen und in machtvollen Massenkundgebungen...ihren eisernen Willen zum Frieden in die Waagschaale der Geschichte zu werfen!“ Weiterhin wenden sich die Sozialdemokraten gegen die Phrase, es „lebten zu viele Menschen auf der Erde, ein 85
Seite:Rieß-Chronik 1912 (Überarbeitung Alexander Mayer).pdf/15
Diese Seite wurde noch nicht korrekturgelesen.