mittlere Königstraße verlegt.177 - Kriegserklärung Österreich-Ungarns an Rußland, Kriegserklärung Serbiens an Deutschland. 7. „Die erste Siegestat der deutschen Truppen, die Einnahme der belgischen Festung Lüttich, wurde auch hier mit großem Jubel begrüßt“.178 8. „Da von vielen Personen Silbergeld zurückbehalten wird u. infolgedessen die Arbeiterlöhne und Unterstützung nicht ausbezahlt werden könnten, erläßt der Stadtmagistrat einen Aufruf um Herausgabe des Geldes, eventuell müßten Hausdurchsuchungen stattfinden.“179 - Die in Fürth stationierten Truppen verlassen am 7. und 8. „unter nicht enden wollenden Hurra- und Abschiedsrufen“ den Standort. 9. Bußtag. Überfüllte Kirchen. - „Nachmittags passierte eine große Kolonne Sanitäter unsere Stadt. Sie kamen von Erlangen. Jeder einzelne hatte ein blauweißes Fähnlein in der Hand, womit sie die stürmischen Abschiedsbezeugungen der hiesigen Bevölkerung freudig erwiderten.“180 11. Hilfsaktion für Arbeitslose und Kleingewerbetreibende wird ins Leben gerufen. Ledige erhalten wöchentlich 4 M., Ehepaare 6 M., davon 1/3 in bar u. 2/3 als Suppenmarken, für jedes Kind werden 50 Pfg. berechnet. - Der Personenverkehr auf dem Bahnhof geht um ca. 90% zurück. - Die Bautätigkeit liegt praktisch ganz darnieder.181 Am Bahnhof wird an durchfahrende Soldaten unentgeltlich Verpflegung und Zeitungen verteilt.182 - Kriegserklärung Frankreichs an Österreich-Ungarn. 12. Jubel über die erste erbeutete französische Fahne und die Gefangennahme von 700 Franzosen.183 – Kriegserklärung Englands an Österreich-Ungarn. 13. Die Stadt kauft 200 Zenter Salz. - Fast sämtliche Fabriken und Werkstätten sind geschlossen. Einige Betriebe haben die Arbeitszeit um die Hälfte verkürzt. - Der hiesige Gemeindebevollmächtigte Steinhardt befindet sich auf einer Geschäftsreise in Rußland. Es wird vermutet, daß er dort gefangen gehalten wird.184 14. Der Fürther Zeitung sind so viele patriotische Gedichte zugegangen, daß es der Redaktion unmöglich ist, weitere noch einlaufende zu berücksichtigen.185 15. Das Gemeindekollegium stimmt dem neuen Theatervertrag mit Direktor Penarini zu, die Beleuchtung und Beheizung des Theaters erfolgt nun auf Kosten der Stadt.186 - In die Listen der Hilfsaktion für Arbeitslose und Kleingewerbetreibende werden 830 Persoen eingtragen.187 16. Mehrere niedergelassene Ärzte und der Militärgeistliche Reisinger werden auf den Kriegsschauplatz berufen.188 Die Volksküchen geben etwa 5.500 Portionen ab (in Nürnberg nur 2.000).189 17. Das seit 3.8. geltende Alkoholverbot im Staatsbahnhof wird wieder aufgehoben. Das Liebesgabenkomitee im Fürther Staatsbahnhof hat vorläufig seine Tätigkeit eingestellt (seit 6.8.). Es wurden 12 - 15.000 belegte Brötchen, ca. 8.000 Zigarren, 150 Eimer Tee und eine Unmenge von Ansichtskarten an durchreisende Soldaten abgegeben. Leiter des Verpflegungsausschusses war Großkaufmann Gundelfinger. - Das städt. Arbeitsamt und die Arbeitslosenfürsorgestelle befinden sich ab heute im Ottoschulhaus.190 18. Große Arbeitslosigkeit, 3.500 männliche und 2.500 weibliche Personen melden sich beim städtischen Arbeitsamt als arbeitslos. 1.000 werden vorläufig von der Arbeitslosenfürsorgestelle unterstützt. Die anderen 5.000 Personen erhalten zur Zeit noch wöchentliche Beträge aus den Gewerkschaftskassen, zum Teil beziehen sie auch Invalidenrenten.191 19. Auf der Hardt werden von der Militärverwaltung Lazarettbaracken aus Holzfachwerk erbaut. - Drei Wehrkraftjungen im Alter von 15-16 Jahren sind als Felddienstfreiwillige ohne Wissen der Eltern mit einem hiesigen Truppenteil an die Front gezogen. - Dem Hilfskomitee für die Familien der im Felde stehenden Soldaten gehen zahlreiche Spenden von Vereinen und Privatpersonen zu, Alfred Nathan spendet der Säuglingsfürsorge 2.000 M.192 20. Die Gewerkschaften teilen mit, daß 1.800 ihrer Mitglieder eingezogen und 6.000 durch den Krieg arbeitslos wurden. - Hiesige israelitische Einwohner, die russischer Staatsangehörigkeit sind, spenden dem Hilfskomitee 100 M. „Diese Gabe ist um so anerkennenswerter, da diese Leute meist arm sind.“ Zudem veröffentlichen die russischen Juden folgende Stellungnahme: „Wir fühlen uns dem gesamten deutschen Staat, dem Bayernlande und ganz besonders der Stadt Fürth, ihrer verehrlichen Bürgerschaft und der hochwohllöblichen Verwaltung zu tiefsinnigstem Dank verpflichtet. Was unser Geburtsland bis auf den heutigen Tag in brutalster Weise versagte, fanden wir hier: Freiheit und Menschenrechte! ... Unser Heimatland ist das klassische Land der Pogrome und Judenhetzen; ... Darum fordern wir nicht nur unsere russischen, sondern auch die deutschen Glaubensbrüder auf: Tut Eure Pflicht und helft der Wahrheit und Gerechtigkeit, die in deutscher Art und deutschem Wesen verkörpert sind, den Sieg erringen, denn es gilt den Sieg deutscher Kultur über russische Barbarei, und für uns Juden gilt es, den Glaubensbrüdern im Osten eine neue bessere Zeit vorzubereiten, wenn das Schwert rächender Vergeltung seine Arbeit vollbracht hat. - Gott schütze das deutsche Land und segne seine Waffen!“193 – Schlacht bei Gumbinnen, deutsche 8. Armee gegen russische Njemen-Armee: unentschieden. 21. Der Einmarsch der deutschen Truppen in Brüssel wird an den Depeschentafeln angeschlagen. „Die Bevölkerung war freudig erregt“. - Der Landsturm wird einberufen. - Mittags totale Sonnenfinsternis. - Abends 17.30 Uhr „wurde der große Sieg unserer braven, tapferen Truppen gegen 1/3 der gesamten französischen Streitkräfte dahier bekannt138
Seite:Rieß-Chronik 1914 (Überarbeitung Alexander Mayer).pdf/12
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