21. Das Ersatz Regiment „Braun“ (14. Reserv. Inf. Brigade, 21er), ca. 3.000 Mann, wird nach dem Kriegsschauplatz in Nord-Frankreich befördert. „Am Bahnhof hatte sich eine ungeheure Menschenmenge versammelt. Den ausziehenden Kriegern wurden Blumen und Liebesgaben überreicht. Unter dem Gesang patriotischer Lieder verließen die Militärzüge den Bahnhof.“ - Die „Hauptsammelstelle für Liebesgaben“ erhält zahlreiche Dankschreiben aus dem Feld.250 23. Der Magistrat beschließt einstimmig, ab 1. Nov. an die 977 Familien (Ledige u. Familien inbegriffen), welche von der Arbeitslosen- und Kriegsfürsorgstelle unterstützt werden sowie an die 1.344 Familien, die von den Gewerkschaften unterstützt werden, monatlich einen Zentner Seinkohle und 2 Zentner Breeze unentgeltlich abzugeben. Der monatliche Aufwand hierfür beträgt ca. 15.200 Mk. Die Zuschlagsunterstützung zur reichsgesetzlichen Familienunterstützung und die Arbeitslosenunterstützung wird beträchtlich erhöht. - Durch Vermittlung des städtischen Arbeitsamtes reisten 16 Arbeitslose nach Altenberg in Thüringen zu einem Kohlebergwerk, 60 in ein Bergwerk bei Halle und 100 Mann zu einem Bahnbau nach Zeitz, um dort ihren Lebensunterhalt zu verdienen. „Die Leute kamen alle wieder zurück, da die Löhne zu gering waren und den geforderten Leistungen nicht entsprachen.“- Vom 1. Nov. an soll in der Nähe des Königsplatzes versuchsweise ein Kartoffelmarkt abgehalten werden, den Besuchern soll der Pflasterzoll erlassen werden.251 24. Vereidigung der Rekruten des 21. Inf. Reg. u. d. 3. Train Bat. Da die Regimentsfahne im Felde ist, wurde der Schwur unter Auflegung der Hände auf die Schwerter der Offiziere geleistet.252 26. Während die Kriegsjahre 1870/71 in Fürth bei 24.000 Einwohner nur 14 Kriegstote forderten, sind bis jetzt bei der dreifachen Einwohnerzahl „90 tapfere Krieger auf dem Felde der Ehre gefallen“. 30 Frauen verloren ihren Gatten, 42 Kinder ihren Vater.253 27. Bei lebhafter Debatte fällen Gemeindekollegium und Magistrat teilweise gegensätzliche Beschlüsse zum Ausbau der Kriegsfürsorge. Es muß deswegen eine gemeinschaftliche Sitzung zu dieser Frage stattfinden.254 28. Alfred Nathan sendet an 1. BM Dr. Wild 5.000 Mk. als Grundstock zur Ausgestaltung einer KriegerWeihnachtsbescherung für die Angehörigen der im Felde stehenden Krieger. - Der Rasenspielplatz des Turnvereins 1860 im Fürther Stadtwald ist fertiggestellt (s. 13.1.)255 29. Die Inhaber von Wirtschaften, Gasthäusern und Hotels werden auf die kürzlich ergangene Anordnung des stellv. Generalkommandos des 3. Armeekorps hingewiesen, wonach lediglich schwarzes Brot anzubieten ist. Weißbrot, Semmeln, Salzstangen etc. dürfen nur auf ausdrückliches Verlangen der Gäste gereicht werden.256 - 75 Träger des Eisernen Kreuzes werden aus der Garnison Fürth gemeldet, davon 40 „Söhne unserer Vaterstadt“. - Beim Arbeitsamt sind 1.955 Arbeiter und 1.633 Arbeiterinnen, also insgesamt 3.588 Personen gemeldet. Es melden sich aufgrund der allgemeinen Situation immer mehr Frauen als arbeitssuchend.257 30. Gemeinschaftliche Sitzung der beiden städt. Kollegien, hauptsächliches Ergebnis: Der Zuschuß an arbeitslose verheiratete Gewerkschaftsmitglieder wird von 3 auf 5 Mk. erhöht. - Die Straßenbahnlinie I Nürnberg-Fürth fährt gegenwärtig im 10-Minuten-Takt und soll ab 1. November wieder im 5-Minuten-Takt und in ihrer ursprünglichen Länge vom Maxfeld nach Fürth-Maxbrücke bzw. Flößaustr. fahren.258 31. „Das Petroleum ist in hiesiger Stadt ziemlich knapp geworden. Die Händler geben an ihre Kunden nur die Hälfte von dem bis jetzt bezogenen Quantum ab. So daß viele ärmere Leute teilweise Wachskerzen brennen müssen.“259 Gewerbliche Statistik der Ortskrankenkasse Oktober 1914: Besserung der Konjunktur v.a. durch Wiederaufnahme verschiedener staatlicher Bauten und infolge der städtischen Notstandsarbeiten. Auch Handel und Industrie stellen wieder ein, ohne jedoch die Einbrüche zu Kriegsbeginn wett machen zu können.260 Für die Kriegsfürsorge wurden im Oktober 346.038 Mk. ausgegeben. August, September und Oktober insgesamt 767.711 Mk.261
November 1914 262
1. Der Kartoffelmarkt entfällt, da sich kein Händler oder Landwirt einfindet (s. 23.10.). 2. Nach der Beschießung russischer Schwarzmeerhäfen durch deutsche Kreuzer, die unter türkischen Flagge fahren, erklärt Rußland der Türkei den Krieg, die Entente Mächte folgen bis 5.11. 3. Ende der 1. Ypern-Schlacht: Das englische Expeditionskorps kann Ypern halten, der deutsche Angriff scheitert. 4. Tod von Helene Löwensohn, 94 Jahre alt. Witwe des Gründers der weltbekannten Firma Löwensohn, 263 Bilderbücherfabrik Simonstr. 16-18. 5. BM Dr. Wild lädt die Führer der Parteien zu einer Besprechung ein, um sie dem Auftrage der Staatsregierung folgend zur Aufstellung einer gemeinsamen Liste für die Gemeindewahlen zu veranlassen. Die Vertreter der 264 sozialistischen Partei sprechen sich jedoch grundsätzlich gegen die Zusammenlegung aller Parteien aus. 10. Dr. Ernst Gundelfinger, Assistenzarzt im Krankenhaus, begibt sich nach Constantinopel, um in den dortigen 265 Krankenhäusern tätig zu werden. - Gefecht bei Langemarck, Beginn der 2. Ypern-Schlacht. 11. 380 Verwundete von Mars la Tour treffen ein. - Aus Anlaß des Aufrufes von BM Dr. Wild gehen größere Spenden für die Kriegsfürsorge ein, und zwar von Hugo Heinemann (25.000 M.), Familie Grüner (15.000 Mk.), 143