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[Mandate siehe 17.12.].301 - Kerzen werden knapp, der Konsumverein Nürnberg-Fürth bezieht Petroleum aus Rumänien, gibt aber nur an seine Mitglieder zum Einkaufspreis ab.302 16. Aufruf des gesamten bayer. Landsturms. - Dem vor einer Woche gegründeten Giroverband bayerischer Sparkassen tritt auch die Stadtsparkasse Fürth bei.303 17. Einführung von Mag. Rat Kaltenhäuser in sein Amt, er erscheint in Uniform und dem Eisernen Kreuz II. Klasse. - Die im September 1913 beschlossene Verbilligung der Tarife für Kraftstrom wird ausgesetzt. - Wahl zum Vorstand der israelitischen Kultusgemeinde: 1. Vorsitzender Jonas Bauer, 2. Leopold Bendit, 3. Siegmund Fraenkel. Ersatzmänner: 1. Hugo Heinemann, Kommerzienrat Maier Bechmann.304 - Nachmittags um 2 Uhr erreicht Fürth die Nachricht, daß „der russische Generalangriff auf die schlesische und posenische Ostmark völlig gescheitert“ ist. „In den Straßen standen truppenweise die Leute beisammen, ebenso in den Büros und Fabriken. Das Rathaus und alle Straßen waren im Nu mit deutschen, österreichischen, ungarischen und bayerischen Fahnen geschmückt. Sogar einige türkische Fahnen waren darunter. Die Michaelskirche ließ als erste den ehernen Klang ihrer Glocken ertönen, das schöne Geläute des Rathauses folgte und bald darauf alle Kirchenglocken. Das Läuten währte 1 Stunde lang. Abends 7 Uhr zog die Wehrkraftkapelle vor das Rathaus und unter schneidigen Märschen durch die Straßen der Stadt, gefolgt von einer ungeheuren Menge Menschen. Nach dem Abendgottesdienst hielt Stadtpfarrer Fronmüller von der Freitreppe aus eine begeisterte Ansprache. Ein Hoch auf unseren Kaiser, auf Hindenburg und auf unser Heer im Osten und im Westen, zu Wasser, zu Land und in der Luft und der Gesang 'Deutschland, Deutschland über alles' beschloß die erhebende Feier“. - Der Magistrat verbietet am kommenden Fasching „Redouten“ und öffentliche Tanzveranstaltungen. - Der Hauptwahlausschuß stellt das Ergebnis der Gemeindewahl fest. Gewählt sind (vgl. 14.12.): Friedrich Endres, Andreas Schönknecht, Friedrich Mayer, Paulus Hofmann, Johann Schiller, Julius Haller (Vorschlagsliste A); Balthasar Reichel, Dr. Wilhelm Baburger (Vorschlagsliste B); Karl Hunger, Leonhard Meerwald, Jakob Hartmann, Thomas Segitz, Dr. Wilhelm Mayer, Friedrich Zeisler (Vorschlagsliste C).305 20. Der verkaufsoffene „goldene“ Sonntag bringt den Geschäftsleuten gute Einnahmen.306 21. Heinrich Lindner stirbt im Alter von 74 Jahren, 1894 bis 1913 Stadtpfarrer an St. Michael. - Die Stadt gibt von ihren Mehlvorräten einen Waggon an die Bäckerinnung unter der Bedingung, daß in den nächsten 8 Wochen der Brotpreis nicht in die Höhe geht. - Im Stadttheater werden 2.700 Soldatenkinder zur Weihnacht beschert. Theateraufführungen, Gesang und vaterländische Reden runden die Feier ab.307 23. In den Vororten Dambach, Ober- u. Unterfürberg, Espan und Poppenreuth erhalten 39 Straßen neue Namen. Austritt von Magistratsrat Reichel aus dem Magistrat wegen Wahl zum Gemeindebevollmächtigten. - Fürth erhält von der Landesversicherungsanstalt Mittelfranken einen Zuschuß von 70.000 Mk. zur Arbeitslosenunterstützung.308 24. Schon um 8 Uhr warten Fürther am Gasthaus zu den drei Königen auf eine Lieferung von Weihnachtsbäumen, die um 10 Uhr eintrifft.309 - Viele Reservisten und Landwehrmänner treffen auf Weihnachtsurlaub ein: „Man sieht daraus, daß trotz des Krieges, der nun schon 5 Monate rührt und auf beiden Fronten geführt werden muß, in Deutschland immer noch genügend Militär vorhanden ist.“ - In allen Lazaretten und Krankenhäusern der Stadt werden die Verwundeten „reichlich beschert“. - „An verschiedenen verkehrsreichen Ecken der Stadt sind Richtungsschilder angebracht worden, die auf die Städte hinweisen, nach welchen die Straßen führen. So befindet sich an der Rathausecke ein Schild mit der Aufschrift ‚Nach Würzburg‘. Am Farntrogschen Hause in der Brandenburgerstraße ein solches mit der Angabe ‚Nach Schwabach‘ und am Strunzschen Hause am Königsplatz eines ‚Nach Erlangen‘.“ - Die Spielwarenindustrie hat durch den Krieg einen enormen Schaden erlitten, im Nürnberg-Fürther Distrikt wird der Vorrat an versandfertiger Exportware auf 4 1/2 Millionen Mark geschätzt.310 Wöchnerinnen, deren Ehemänner Kriegsdienst leisten, werden von der Allgemeinen Ortskrankenkasse rückwirkend gesonderte Leistungen gewährt.311 26. Auf dem Sportplatz der SpVgg spielt die „Nürnberg-Fürther Städtemannschaft“ gegen den Fußballklub „Brühl“ St. Gallen 5:3.312 28. Das Gemeindekollegium tritt zur Wahl von 7. Magistratsräten für die Wahlperiode 1915-1920 zusammen. 39 Mitglieder sind anwesend. Liste A (nationalliberal) erhielt 70 Stimmen, Liste B (sozialdemokratisch) 239, Liste C (Bürgerbund demokratisch) 62, Liste D (Fortschrittliche Volkspartei) 107 und Liste E (Unabhängige Fortsch. Volksp.) 69. Die Listen A, D, und E werden als miteinander verbunden erklärt. Gewählt wurden: Privatier Wilf. Derr (nat.lib.) 15 Stimmen, Restaurateur Harscher, Privatier Mich. Hofmann, Schneidermeister Reichler (sozialist.) mit je 51 Stimmen. Privatier Balth. Reichel (Bürgerbund) 15 Stimmen, Kommerzr. u. Privatier Maier Bechmann 39 Stimmen u. Privatier Mich. Friedrich (beide Fortsch. Volkspartei) 39 Stimmen. Der Magistrat setzt sich nun zusammen aus: 3 Nationalliberale, 4 Fortschr. Volkspartei, 1 Unabhängige Fortsch. Partei u. 6 Sozialdemokraten. Neulinge sind: Maier Bechmann, Michael Friedrich, Michael Hofmann. Ausgeschieden sind: Mühlbesitzer Adam Förster, Privatier Fritz Gaum, Wirt Georg Harscher, Kommerzienrat Albert Schildknecht. In der Zusammensetzung des Gemeindekollegiums bringt die Wahl der Magistratsräte folgende Änderung: Für Michael Hofmann rückt Dirscherl nach, für Reichel der Rahmenfabrikant Förster. - Das Abbrennen von Feuerwerkskörpern und das Schießen bzw. das Führen aus bzw. von Waffen ist untersagt, woran anläßlich des herannahenden Jahreswechsels von der 146