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wolle. Wenn die Entwicklung zugunsten der Sozialdemokratie weiter gehe, sei man in 25 Jahren am Ziel, dem demokratischen Sozialismus. Scharf wandte sich Segitz gegen die ablehnende Haltung der bayerischen Reichsratskammer gegenüber der Arbeitslosenversicherung. In einer Resolution wird der Acht-Stunden-Tag, Koalitionsfreiheit, Arbeitslosenversicherung, staatsbürgerliche Gleichberechtigung für Arbeiter und Arbeiterinnen verlangt. Die Resolution wendet sich auch gegen Kapitalismus und Imperialismus, gegen Kriegsrüstungen und Kriegshetzereien.105 2. Landtagsabgeordneter und Magistratsrat Georg Klampfer verstirbt (Zirndorf, Sozialdemokrat). 106 3. Eröffnung der Trinkkuren an der König-Ludwig-Quelle.107 – Die russische Duma beschließt Erhöhung des russischen Militärbudgets um 5%. 4. Die Fortschrittliche Volkspartei hält im Geismannssaal eine außerordentliche Versammlung ab, es waren 683 Mitglieder anwesend. Grund der Versammlung war Unzufriedenheit mit der bisherigen Vereinsleitung, deren Mitglieder ihre Ämter niedergelegt hatten, aber nach lebhafter Diskussion knapp wiedergewählt wurden (1. Vorsitzender Julius Eisenbeiß). - Pfarrer Fronmüller als neu ernannter 1. Pfarrer wird in St. Michael empfangen. - 1. BM Dr. Wild lädt zur Sammlung des Roten Kreuzes ein: „... es gilt, die dringend notwendigen Mittel zur Verbesserung und Erweiterung der Kriegsbereitschaft der freiwilligen Krankenpflege im Kriege zu beschaffen“.108 6. Bericht der Handelskammer Nürnberg für 1913: Allgemeiner Konjunkturrückgang im Jahre 1913, der hauptsächlich auf die durch die Balkanwirren verursachte politische Unsicherheit zurückzuführen sei. Besonders ungünstig zeigte sich der Absatz von Fensterglas, poliertem Spiegelglas, Möbel und Spiegelrahmen und Blattmetall. Wenngleich die politische Unsicherheit nachgelassen und der „teure Geldstand“ zurückgegangen sei, könne keine wesentliche Besserung ausgemacht werden, wobei als neue Belastung noch die Wehrsteuer komme.109 7. Die Rechnung der Stadtgemeinde schließt für das Jahr 1912 mit 4.253.759 M. Einnahmen und 3.952.005 M. Ausgaben ab. - Die Stadt legt eine neue „Lohntafel“ für städtische Arbeiter an. Gelernte Arbeiter erhalten 4,80 bis 6,30 M., angelernte Arbeiter 4,40 bis 5,40, ungelernte Arbeiter 3,90 bis 4,90, Arbeiterinnen 2,50 bis 3,50 M.110 Jahreshauptversammlung des Gewerbevereins, 1. Vorsitzender Komm.-Rt. Schildknecht.111 - Eine erste Bäckerei in Fürth bäckt versuchsweise mit Gas (wahrscheinlich erstmalig in Bayern).112 9. Die Flußbäder öffnen.113 10. Reitturnier hinter der Infanteriekaserne, 2.500 Zuschauer.114 13. Sprengungen bei den Kanalisationsarbeiten am Königsplatz (Einmündung Gustavstraße), da man auf Fels gestoßen ist.115 15. In einer Resolution spricht sich eine sozialdemokratische Versammlung empört darüber aus, daß die Reichsratskammer gegen die Arbeitslosenversicherung votierte. Die Versammlung empfiehlt eine Auflösung der Kammer.116 16. Ein Milchhändler wurde wegen Milchpantscherei zu 1 Monat Gefängnis und Tragung der Kosten verurteilt. Er hatte die Milch mit 33 Prozent Wasser vermischt „Solche Betrügereien kommen fast jede Woche zur Verhandlung“. 17. Amtseinführung von Stadtpfarrer Fronmüller in St. Michael. - Zur Gemeinde St. Michael gehören z.Z. 24.000 Personen. - Das Liter Bier in den neuen Maßkrügen kostet auf Volksfesten (derzeit im Evorakeller und an der Leyher Waldspitze) zwischen 30 und 35 Pfg. Zwischenrundenspiel (11.000 Zuschauer) um die deutsche Fußballmeisterschaft: SpVgg (Meister v. Süddeutschland) und Berliner Fußballklub (Meister von Berlin) 4:3.117 18. In der Südstadt (Ecke Schwabacher-/Fichtenstraße) wird ein Nebenmarkt eröffnet. Die Bezieher des Marktes sind mit dem Absatz sehr zufrieden. - Die Spiegelglasfabrikanten lehnen höhere Löhne endgültig ab, so daß auch ein Termin zwischen den Bayerischen Spiegelglasfabrikanten und den sozialdemokratischen Gewerkschaften am Einigungsamt ausfällt.118 19. Der im September 1913 seitens der Stadt eingeführte Seefischverkauf ist seitdem kontinuierlich fortgeführt worden, der Absatz ging jedoch auf derzeit 3-4 Zentner pro Woche zurück. Der Grund wird in der warmen Witterung gesehen. - Bei den Kanalarbeiten am Königsplatz mußte wiederum gesprengt werden (Ecke Königsplatz Königstraße, s. 13.5.).119 20. Der Magistrat nahm die von der Kgl. Lokalschulkommission gefaßten Beschlüsse betr. Umwandlung der Fortbildungsschule in eine Berufsfortbildungsschule einstimmig an. - Der Magistrat spricht sich für den Bau einer Volksschule in der Westvorstadt aus.120 - Ergebnis einer Zählung der leerstehenden Wohnungen zw. 18.u. 20.5.14: 350 leere Wohnungen, entspricht 2,07% aller vorhandenen (16.920).121 22. Der Betrieb der Bibertbahn (Teilstrecke Stein-Dietenhofen) wird aufgenommen, die Fürther Stadtverwaltung ist bei der Eröffnungsfeier stark vertreten.122 23. Außergewöhnlich starker Gewittersturm. „Die Luft war derart stark mit Staub durchsetzt, daß man keine 2 Meter weit sehen konnte. Von der Sahlmannschen Hopfendarre am Bahnhofsplatz wurde ein 25 Centner schweres Zinkdach vom Sturm abgehoben und in fast unerklärlicher Weise weit über Gärten und über die Häuser der Königswarterstrasse fortgetragen und in der Anlage am Hopfenpflückerbrunnen niedergesetzt.“ Ganze Häuser wurden ruiniert, Dächer abgedeckt (u.a. das Dach der „Miltärschwimmschule an der Rednitz“) und ansonsten 133