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24. Alle Siegesglocken läuten, Sieg bei Waschau. Beflaggung der Stadt, Wehrkapelle spielt in der Englischen Anlage, Ansprache von Stadtpfarrer Fronmüller ("Dieselben haben sich nun schon eingebürgert. Sofort, wenn ein Sieg bekannt wird, strömt eine ungeheure Menschenmenge dem Kirchenplatze zu"). 25. Wiederholt Selbstmord im Waldmannweiher. 26. Verkauf von Kartoffeln aus Belgien im Hofe des Rathauses (10 Pfd. zu 90 Pfg., Absatz 540 Portionen). 27. Neuer Aufruhr am Markttag: In der Königstraße verkaufte eine Bauersfrau Gurken zu 15 Pfg. Eine andere Verkäuferin machte sie nun darauf aufmerksam, dass an den anderen Verkaufsständen Gurken für 30 Pfg. verkauft werden. Die Käufer wussten aber schon, dass die Gurken auch zum halben Preis noch mit Gewinn zu verkaufen sind, und erregten sich über den Vorfall so, dass sie die Verkäuferin über die Gustavstraße verfolgten. Sie rettete sich dann in einen Hof in der Königstraße, der ganze Hof füllte sich mit Menschen, die sich in ernster und humoristischer Weise über den Vorfall unterhielten. - Der städtische Kartoffelverkauf wird die ganze Woche fortgeführt. Es kommen sehr gute Frühkartoffeln, 10 Pfd. zu 90 Pfg., zur Abgabe. 28. Die Petition gegen den Lebensmittelwucher wurde bisher von 14.500 Fürthern unterschrieben (s. 4. u. 8.7.). 29. BM Dr. Wild gibt bekannt, dass die Regierung eine Gewinnentnahme bei der Sparkasse von 44.800 Mk. genehmigt. Auch Zuweisungen aus zweckgebundenen Fonds werden ausnahmsweise erteilt. Für den Monat April erhält die Stadt einen Zuschuss v. 67.200 Mk. für die Kriegsfürsorge. Städt. Angestellte und Beamte erhalten eine Kriegsteuerungszulage. - Das stellv. Generalkommando des 3. Armeekorps erlässt gegen die Preistreiberei. Preise für Lebensmittel u. Gebrauchsgegenstände müssen deutlich lesbar angeschlagen werden. Bei einem Strafverfahren wegen unangemessener Preise entscheidet der Magistrat über die Angemessenheit der Preise. - „Auch in dieser Woche gingen fast täglich Ersatztruppen- Transporte ab. Auf dem Marsch von der Kaserne zum Bahnhof gibt es mitunter gar herzzerreißende Szenen, so führte heute ein altes Mütterchen ihren schon über 40 Jahre alten Sohn, der auch mit ausrückte und bisher ihr Ernährer war, an der Hand, unter lautem Schluchzen zum Bahnhof. Auch Frauen und Kinder begleiten ihren Gatten und Vater auf diesen schließlich letzten Gang in der Heimat. Doch gefaßt und voll Zuversicht auf ein Wiedersehen ziehen die braven Vaterlandsverteidiger ins Feld ... Langsam setzt sich dann der Zug, unter brausenden Hochrufen und Tücherschwenken der Abfahrenden und am Bahnhof Versammelten, in Bewegung und fort geht´s nach Osten oder nach Westen in den Krieg“. 30. Geheimer Hofrat Alfred Nathan wird mit dem Militär-Verdienstorden 3. Klasse mit der Krone ausgezeichnet.