Rundfunkgeschichte Inzwischen ist die Röhrentechnik durch die Transistortechnik abgelöst worden und eine Vielzahl von Modulations-, Codierungs-undSendeverfahren bis hin COFDM bei DAB+ für die Rundfunkübertragung wurden entwickelt. Und auch wie wir heute Rundfunk hören hat sich gewandelt. Neben dem guten alten Radio im Wohnzimmer oder in der Küche hören wir unterwegs im Auto die Verkehrsnachrichten oder wir nehmen, egal wo wir uns gerade befinden, unser Smartphone in die Hand und hörendenLivestreamaufder Webseite unseres Lieblingssenders im mobilen Internet über LTE, 5G und bald auch schon 6G. Und das alles über die von Heinrich Hertz im Experiment nachgewiesenen elektromagnetischen Wellen. Und auch die Maxwellschen Gleichungen beschreiben noch immer die Ausbreitung der Hertzschen Wellen präzise und so wunderschön elegant. Diese Gleichungen muss man einfach aufs T-Shirt drucken. Über 150 Jahre nach Maxwell – Jetzt machen wir unser Radio selbst. Das Zeitalter des Internets war angebrochen. Begonnen hatte alles in den 1950ern mit der Entwicklung des Wide Area Network (WAN), das an Universitäten und im militärischen Bereich eingesetzt wurde. Die erste WAN-Verbindung 26
wurde am 29. Oktober 1969 um 22:30 Uhr zwischen der University of California und dem Stanford Research Institute aufgebaut. Diese Netze waren nicht für jedermann zugänglich, nur für ausgewählte Teilnehmer. Vielleicht kennt der eine oder andere noch ARPANET, das bekannteste Netz dieser Zeit. Für die Akzeptanz und Marktdurchdringung einer neuen Technologie ist es immer notwendig, ihren Einsatz möglichst einfach zu gestalten und mit Standards zu arbeiten. In denJahren1974bis1987wurden TCP/IP (Transmission Control Protocol) als Protokoll für die Kommunikation zwischen verschiedenenNetzenunddie IP-Adressierung, um Geräte eindeutig im Netz identifizieren zu können, entwickelt. Ihre Verbreitung fanden beide Verfahren, als die University of California in Berkeley TCP/IP und IP-Adressierung in das frei verfügbare Betriebssystem Unix integrierte und 1983 mit der Version 4.2 veröffentlichte. Die Betriebssysteme von Computer und Netz waren damitverschmolzenundtausende Entwickler weltweit legten mit dem Einsatz von Unix 4.2 dieGrundlagefürdasheutige globale Internet. TCP/IP und IP-Adressierung sind heute zu de facto Standards geworden. Aber Adressierung und Kommunikationsprotokollsindnur die eine Sache. Eine andere
Rundfunk & Museum 100 – Februar 2021
sind die Möglichkeiten, Daten (im WWW bzw. Internet als Content bezeichnet) möglichst standardisiert, vernetzt und komfortabel bereitzustellen, siezuverteilenundzufinden und mit anderen Nutzern zu kommunizieren. Dafür waren weitere Entwicklungen notwendig. 1989 trat einer der Internetpioniere ins Rampenlicht: Tim Berners-Lee. Er war als Physiker am CERN in Genf tätig. Die Laboratorien des CERN befanden sich auf französischem und schweizerischem Gebiet. In beiden Ländern gab es unterschiedliche Netzwerk-Infrastrukturen, die den Austausch von Informationen zwischen den Wissenschaftlern erschwerten. Berners-Lee schlug seinem Arbeitgeber vor,aufBasiseinerClient-Server-Struktur und der Verwendung von Hypertext ein verteiltes Netz zu entwickeln um diese Probleme zu lösen. Aber wie kam Tim Berners-Lee ausgerechnet auf Hypertext als Ansatz für die Problemlösung? Das Hauptkonzept bei Hypertext ist die Verlinkung aller Texte und Medien, um so eine bessere AufÏndbarkeit zu gewährleisten. Das Konzept war nicht neu. Jeder von uns kennt es bereits aus der analogen „Bücherwelt“. Fußnoten, Literaturverzeichnisse, Anmerkungen, Bücherkataloge mit einschlägigen Stichwörtern wurden schon seit dem 17. Jahrhundert ver-