RFM intern Blick weg vom reinen Rundfunk hin zu anderen auditiven Unterhaltungsmedien. Schallplatten, MP3-Player, Streaming – das sind alles Hör-Medien, mit denen sich das zukünftige Museum beschäftigt. In Ihrem Museumskonzept liest man den Satz „Alle Menschen hören“ und den Anspruch, ein Museum für alle zu sein. Was heißt das und geht das überhaupt? Ich bin überzeugt, dass das geht! Ein Museum für alle sein zu wollen, meint für uns, ein Angebot für alle bereitzuhalten. Erst einmal abgesehen davon, ob es sich jetzt um Menschen mit oder ohne Behinderung handelt. Die Gesellschaft und unsere Besucherinnen und Besucher sind vielseitig, haben unterschiedliche Interessen, jeder hat andere Seh- und Hörgewohnheiten und bringt andere Voraussetzungen mit. Museen müssen dem in Zukunft begegnen und sich in der Vermittlung breiter aufstellen. Es heißt aber nicht, dass alles von allen konsumierbar sein muss oder alles für alle verfügbar. Jede Besucherin soll und darf sich in der Ausstellung ihre Kirschen pflücken – das heißt: Jeder Besucher sucht sich das aus, was ihn gerade interessiert oder anspricht. Dafür braucht es aber die entsprechenden Angebote. Und diese richten sich dann an alle?
Genau. Alle Menschen hören. Klar, da wird man vielleicht stutzig. Was ist mit höreingeschränkten oder tauben Menschen? Auch sie nehmen Vibrationen wahr und können somit hören. Der Hörsinn ist der frühste ausgeprägte Sinn. Wir hören bereits im Mutterleib und nehmen Außengeräusche wahr. Auch können wir unsere Ohren nicht verschließen, wir hören quasi immer, auch nachts. Wer kennt nicht die Erinnerungen an die erste CD, sein Hochzeitslied oder frühe Entdeckungen im Radio. Auf irgendeine Art hat jeder Erfahrungen mit Musik, Hörmedien und Hörinhalten. Podcast, Hörspiele, Apps usw. Wie viel wir und auf welche Weise wir alle hören, ist uns vielleicht nicht immer so bewusst. Das will das neue Museum ändern. Was ist Ihnen bei der Neukonzeption besonders wichtig? Das neue Rundfunkmuseum soll ein Museum für die Menschen sein. Ein Ort, an dem sie sich wohl fühlen, den sie gerne aufsuchen und auch wiederkommen. Ein modernes Museum sollte die sogenannte Aufenthaltsqualität unbedingt berücksichtigen. Wenn ich mich schon beim Toilettengang ärgere, weil kein Haken für meinen Mantel an der Türe vorgesehen ist, die Wegeführung unklar ist und ich mich nicht zurechtfinde oder die Akustik im Haus nicht stimmt und mir die Ohren dröhnen, kann daran die beste
Ausstellung nichts ändern. Wir möchten einen gemütlichen Ort der Begegnung schaffen, einen sozialen Treffpunkt. Dabei möchten wir auch das, was sich bewährt hat, weiter ausbauen, zum Beispiel das Museumscafé und seinen Garten. Tatsächlich erinnerte viele Menschen die Ausstellung an ihr Wohnzimmer zu Hause, oder an das ihrer Großeltern. Diese Wohlfühlatmosphäre möchten wir erhalten und ausbauen. Vielleicht muss man auch nicht immer merken, dass man sich gerade in einem Museum befindet. Es soll ein Ort entstehen, an dem man sich mit Freunden auf einen Kaffee treffen, eine Schallplatte hören, wissenschaftlich zu einem Thema recherchieren, ein Konzert besuchen oder sich unterhaltsam informieren kann. Bildung und Freizeit gehören eben zusammen. Auf was dürfen sich die Besucherinnen und Besucher dann zukünftig freuen? Dass sie etwas auf die Ohren bekommen (lacht). Im Ernst. Klar, ein Museum der Hör-Medien braucht auch den entsprechenden Sound. Die sinnliche Erfahrung steht dabei im Vordergrund: Klänge spüren, Töne erleben, Geräuschen lauschen. Das sind alles sehr emotionale, körperliche Vorgänge, denen wir Raum eröffnen möchten. Im Kontrast zu der lauten Umgebungswelt, in der wir leben, steht die Stille. Lässt sie sich
Rundfunk & Museum 102 – Februar 2022
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