Essigfabrik Ammon: Unterschied zwischen den Versionen

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Die '''Essigfabrik Ammon''' befand sich in der [[Erlanger Straße 81]]. Sie wurde von den aus Nürnberg stammenden Brüdern Christian und [[Paulus Ammon]] um [[1845]] gegründet.  
[[Bild:Erlanger Straße 81.2.jpg|300px|mini|right|Die ehemalige Essigfabrik im Jahr 2020]]
Die '''Essigfabrik Ammon''' befand sich in der [[Erlanger Straße 81]]. Sie wurde von den ursprünglich aus Burgfarrnbach stammenden Brüdern Christian und [[Paul Ammon]] um [[1845]] gegründet.


== Geschichte der Essigfabrik ==
== Geschichte der Essigfabrik ==
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== Neue Ära als Hefe- und Spiritusfabrik ==
== Neue Ära als Hefe- und Spiritusfabrik ==
Neuer Fabrikbesitzer wurde der Hefe- und Spiritusfabrikant Sigmund Böhm. Hefefabriken boten sich zur damaligen Zeit besonders für die Herstellung von Spiritus an, da dies als Abfallprodukt bei der Gärung der Hefe mit abfiel - und zusätzlich gewinnbringend verkauft werden konnte.  
Neuer Fabrikbesitzer wurde der Hefe- und Spiritusfabrikant Sigmund Böhm. Hefefabriken boten sich zur damaligen Zeit besonders für die Herstellung von Spiritus an, da dies als Abfallprodukt bei der Gärung der Hefe mit abfiel und zusätzlich gewinnbringend verkauft werden konnte.  


Erneut wurden Bauarbeiten auf dem Grundstück durchgeführt, dieses Mal entlang der heutigen Reuter Straße. Die nur 10 Jahre alte Kegelbahn, inzwischen verwittert, musste einem Zwischenbau vom alten Wohn- und Gasthaus zum 1851 errichteten Stadel weichen. Jetzt wurde ein zweigeschossiger Steinbau errichtet, dass das Vorderhaus mit dem Stadel verband. In dem neuen Gebäude kamen u.a. um Erdgeschoss die Kutschen und Fahrzeuge unter, während sich im 1. Obergeschoss die Wohnungen für die Kutscher befanden. Ein noch heute erhaltener Laubengang mit Tränke verband das alte Gasthaus mit den neuen Gebäuden.  
Erneut wurden Bauarbeiten auf dem Grundstück durchgeführt, dieses Mal entlang der heutigen [[Alte Reutstraße]]. Die nur 10 Jahre alte Kegelbahn, inzwischen verwittert, musste einem Zwischenbau vom alten Wohn- und Gasthaus zum 1851 errichteten Stadel weichen. Jetzt wurde ein zweigeschossiger Steinbau errichtet, welcher das Vorderhaus mit dem Stadel verband. In dem neuen Gebäude kamen u. a. im Erdgeschoss die Kutschen und Fahrzeuge unter, während sich im 1. Obergeschoss die Wohnungen für die Kutscher befanden. Ein noch heute erhaltener Laubengang mit Tränke verband das alte Gasthaus mit den neuen Gebäuden.  


Im Jahr [[1890]] wurde das Gebäude erneut verkauft, dieses Mal den Fabrikanten [[Conrad Höger]] aus der naheliegenden [[Ulmenstraße]]. Höger versuchte ein Problem zu lösen, an dem bisher seine Vorgänger gescheitert waren bzw. dies für den Standort als großes Manko empfanden: die Versorgung mit Frischwasser. Die [[Erlanger Straße]] war zu diesem Zeitpunkt, wie große Teil der restlichen Stadt Fürth, noch nicht an einer öffentlichen Wasserversorgung angeschlossen. Trotzdem benötigte das Unternehmen nicht unerhebliche Mengen an Wasser, so dass eine Lösung gefunden werden musste. Man kam schließlich auf folgende Lösung, die sicherlich einmalig für die Stadtgeschichte schon zur damaligen Zeit war. In 150 Meter Entfernung zum Grundstück wurde im [[Pegnitz]]tal ein Brunnen gebohrt. Damit das Wasser aus dem tiefer gelegenen Tal bis zur Fabrik kam wurden eigens drei Meter hohe Stützen gebaut, die mittels einer Tranmission mit der vorhandenen Dampfmaschine über Antriebsriemen aus Leder über Rollen und einer Drahtseilanlage verbunden war. Somit konnte das Wasser über eine 37 mm starke Wasserleitung aus Eisen noch oben gepumpt werden. Entworfen und gebaut hatte kein geringerer als das Civilbaubureau [[Fritz Walter]], ein Architekt der an vielen Stellen der Stadt maßgeblich für die Stadtentwicklung mit verantwortlich war. Nach den Überlieferungen soll die Wasserpumpanlage fehlerlos gearbeitet haben, "ohne Störung des Publikums". Diese Anlage wurde bis um die Jahrhundertwende betrieben, dann war sie nicht mehr erforderlich, da die Gebäude um [[1900]] an das öffentliche Wassernetz angeschlossen wurden.
Im Jahr [[1890]] wurde das Gebäude erneut verkauft, dieses Mal an den Fabrikanten [[Conrad Höger]] aus der nahe gelegenen [[Ulmenstraße]]. Höger versuchte ein Problem zu lösen, an dem bisher seine Vorgänger gescheitert waren bzw. dies für den Standort als großes Manko empfanden: die Versorgung mit Frischwasser. Die [[Erlanger Straße]] war zu diesem Zeitpunkt, wie große Teile der restlichen Stadt Fürth, noch nicht an einer öffentlichen Wasserversorgung angeschlossen. Trotzdem benötigte das Unternehmen nicht unerhebliche Mengen an Wasser, sodass ein Ausweg gefunden werden musste. Man kam schließlich auf folgende Lösung, die sicherlich einmalig für die Stadtgeschichte schon zur damaligen Zeit war: In 150 Meter Entfernung zum Grundstück wurde im [[Pegnitz]]tal ein Brunnen gebohrt. Damit das Wasser aus dem tiefer gelegenen Tal bis zur Fabrik kam, wurden eigens drei Meter hohe Stützen gebaut, die mittels einer Transmission mit der vorhandenen Dampfmaschine über Antriebsriemen aus Leder über Rollen und einer Drahtseilanlage verbunden waren. Somit konnte das Wasser über eine 37 mm starke Wasserleitung aus Eisen noch oben gepumpt werden. Entworfen und gebaut hatte die Anlage kein Geringerer als [[Fritz Walter]], Architekt und Inhaber des gleichnamigen „Civilbaubureaus“, der an vielen Stellen der Stadt maßgeblich für die Stadtentwicklung mit verantwortlich war. Nach den Überlieferungen soll die Wasserpumpanlage fehlerlos gearbeitet haben, "ohne Störung des Publikums". Sie wurde bis um die Jahrhundertwende betrieben, dann war sie nicht mehr erforderlich, da die Gebäude um [[1900]] an das öffentliche Wassernetz angeschlossen wurden.


== Erneut neue Funktion: Glasschleiferei und Zelluloid ==
== Erneut neue Funktion: Glasschleiferei und Zelluloid ==
Bis nach der [[wikipedia:Deutsche Inflation 1914 bis 1923|Hyperinflation]] im Jahr [[1923]] bestand noch die Hefe- und Spiritusfabrik, ehe die wirtschaftliche Situation dem Betrieb ein Ende bereitete. Erst im Mai [[1924]] kauft der Unternehmer [[Christian Lauter]] das Anwesen. Allerdings hatte Lauter andere Pläne für die Gebäude. Unter seiner Regie entstand eine Glasschleiferei und Zelluloidherstellungfirma. Insbesondere die Herstellung von Zelluloid erforderte besondere Sicherheitsmaßnahmen, da das Zelluloid schon bei geringen Temperaturen brennen kann. Deshalb erhielt das Unternehmen aus Sicherheitsgründen die Auflage, täglich nicht mehr als 2 kg Zelluloid zu verarbeiten bzw. nicht mehr als 100 kg des Rohstoffes vor Ort zu lagern. Zusätzlich mussten feuersichere Metalltüren eingebracht werden. Auch Lauter verkaufte alsbald das Unternehmen wieder. [[1925]] erwarben [[Seuber & Salomon]] die Glasschleiferei, während [[Willy Konrad]] die Produktion des Zelluloid übernahm.
Bis nach der [[wikipedia:Deutsche Inflation 1914 bis 1923|Hyperinflation]] im Jahr [[1923]] bestand noch die Hefe- und Spiritusfabrik, ehe die wirtschaftliche Situation dem Betrieb ein Ende bereitete. Erst im Mai [[1924]] kauft der Unternehmer [[Christian Lauter]] das Anwesen. Allerdings hatte Lauter andere Pläne für die Gebäude. Unter seiner Regie entstand eine Glasschleiferei und Zelluloidherstellungfirma. Insbesondere die Herstellung von Zelluloid erforderte besondere Sicherheitsmaßnahmen, da es schon bei geringen Temperaturen brennen kann. Deshalb erhielt das Unternehmen aus Sicherheitsgründen die Auflage, täglich nicht mehr als 2 kg Zelluloid zu verarbeiten bzw. nicht mehr als 100 kg des Rohstoffes vor Ort zu lagern. Zusätzlich mussten feuersichere Metalltüren eingebracht werden. Auch Lauter verkaufte alsbald das Unternehmen wieder. [[1925]] erwarben [[Seuber & Salomon]] die Glasschleiferei, während [[Willy Konrad]] die Produktion des Zelluloids übernahm.


== Nutzung nach dem 2. Weltkrieg - Leerstand ==
== Nutzung nach dem 2. Weltkrieg - Leerstand ==
Auch der Zweite Weltkrieg sah eine erneute Zäsur vor. Zwar waren die Gebäude vom Krieg verschont geblieben, doch der Betrieb einer Glasschleiferei und auch die Herstellung kann nicht mehr nachgewiesen werden. Vielmehr wechselten die Eigentümer häufig, darunter eine Landmaschinenreparaturwerkstatt sowie ein Vulkanisierungsbetrieb zur Überarbeitung von Autoreifen. In den 1970er Jahren befand sich der Einzelhändler [[Hegendörfer]] in den ehemaligen Fabrikräumen entlang der heutigen [[Erlanger Straße]], ehe auch dieser in den 1990er Jahren vom Einzelhändler und Gartenbedarfsladen mit Lotterieannahmestelle [[Thomas Menz]] abgelöst wurde. Das Unternehmen von Thomas Manz schloss zum [[1. April]] [[2014]].
Auch der Zweite Weltkrieg sah eine erneute Zäsur vor. Zwar waren die Gebäude vom Krieg verschont geblieben, doch der Betrieb einer Glasschleiferei und auch die Herstellung kann nicht mehr nachgewiesen werden. Vielmehr wechselten die Eigentümer und Nutzungen häufig, darunter eine Landmaschinenreparaturwerkstatt sowie ein Vulkanisierungsbetrieb zur Überarbeitung von Autoreifen. Teile wurden auch als Wohnung genutzt, so von der Familie Dietsch, die [[1958]] einzog. In den 1970er Jahren befand sich der Einzelhändler [[Hegendörfer]] in den ehemaligen Fabrikräumen entlang der heutigen [[Erlanger Straße]], ehe auch dieser in den 1990er Jahren vom Einzelhändler und Gartenbedarfsladen mit Lotterieannahmestelle [[Thomas Manz]] abgelöst wurde. Das Unternehmen von Thomas Manz schloss zum [[1. April]] [[2014]].


Seit einigen Jahren steht das Anwesen leer (Stand 2021). Eine weitere Nutzung ist aktuell nicht absehbar.
Seit einigen Jahren steht das Anwesen leer (Stand 2021). Eine weitere Nutzung ist aktuell nicht absehbar, allerdings plante der Eigentümer 2024 denkmalgerechte Voruntersuchungen mit dem Ziel, das Gebäude zu erhalten und zu sanieren.<ref>Armin Leberzammer: ''Essigfabrik: Wie geht es weiter?'' In: Fürther Nachrichten vom 29. April 2024</ref>


== Literatur ==
== Literatur ==
* Heinrich Habel: [[Denkmäler in Bayern - Stadt Fürth (Buch)|Denkmäler in Bayern Stadt Fürth]], Erlanger Straße 81, Karl M. Lipp Verlag, München, S. 80
* Heinrich Habel: [[Denkmäler in Bayern - Stadt Fürth (Buch)|Denkmäler in Bayern Stadt Fürth]], Erlanger Straße 81, Karl M. Lipp Verlag, München, S. 80
* Walter Fischer: Fürther Stadtbilder. Erlanger Straße 81. In: Fürther Heimatblätter, 1994/4, S.126 - 130
* Walter Fischer: ''Fürther Stadtbilder. Erlanger Straße 81''. In: Fürther Heimatblätter, 1994/4, S. 126 - 130


== Lokalberichterstattung ==
== Lokalberichterstattung ==
* Alexandra Voigt: ''Ist mit der "Essigfabrik Ammon" wieder ein Fürther Denkmal in Gefahr?'' In: nordbayern.de NN+ vom 5. Februar 2022 - [https://www.nn.de/1.11783842 online abrufbar (Bezahlschranke)]
* Alexandra Voigt: ''Wie ein großer Abenteuerspielplatz''. In: [[Fürther Nachrichten]] vom 1. Februar 2023 (Druckausgabe)
* Alexandra Voigt: ''Wie ein großer Abenteuerspielplatz''. In: [[Fürther Nachrichten]] vom 1. Februar 2023 (Druckausgabe)
* Armin Leberzammer: ''Essigfabrik: Wie geht es weiter?'' In: Fürther Nachrichten vom 29. April 2024 (Druckausgabe)
* Alexandra Voigt: ''Hat die Essigfabrik eine Zukunft?''  In: Fürther Nachrichten vom 10. April 2025 (Druckausgabe)


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
* [[Paul Ammon]]
* [[Pitterleinsgarten]]  
* [[Pitterleinsgarten]]  
* [[Erlanger Straße 81]]
* [[Erlanger Straße 81]]
* [[Philipp Ammon]]
* [[Caspar Gran]]
* [[Caspar Gran]]
==Einzelnachweise==
<references />


== Bilder ==
== Bilder ==
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