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[[Daniel Berolzheimer]] und [[Leopold Illfelder]] erhielten [[1854]] die Konzession für eine [[Bleistiftfabrik Berolzheimer und Illfelder|Bleistiftfabrik]], weil sie begründeten, dass sie mit ihrer geplanten maschinellen Produktion die Nachfrage aus Frankreich, England, Nordamerika und anderen überseeischen Ländern endlich befriedigen könnten, was bisher nicht immer der Fall war. Sie setzten von Anfang an auf die Dampfkraft und stellten für den technischen Teil der Firma extra einen Werkführer ein. [[Wilhelm Stern]] stellte im Jahr [[1855]] in der [[1846]] gegründeten Papierfabrik seine erste Dampfmaschine auf. Die Herstellung von Bunt-, Gold- und marmoriertem Papier hatte nun ganz neue Möglichkeiten. [[1874]] beschrieb der Mediziner Dr. J. Kerschensteiner, der die Fürther Industrie nach gesundheitlichen Auswirkungen untersuchte, voll Bewunderung die Stern'schen Maschinen: ''Den größten Teil der Prozeduren übernehmen Maschinen, deren Konstruktionen in der Tat überraschen durch die sinnreichen Zusammensetzungen, z.B. eine Maschine, welche endloses weißes Papier grün streicht, das gestrichene Papier mit einem Stäbchen aufhebt und auf ein Schienengeleise auf der Zimmerdecke legt, auf welchen es ganz langsam in der Form eines Hufeisens in langen herabhängenden Falten durch das Zimmer wandert und am Ende der Wanderung vollständig getrocknet sich selbst an einer Maschine zum fertigen Stück aufrollt.''<ref>Dr. J. Kerschensteiner: ''Die Fürther Industrie in ihrem Einfluss auf die Gesundheit der Arbeiter''. München 1874, S. 13</ref> Und dass gerade die Bronzefabriken ziemlich rasch Maschinen einführten ist kein Wunder, denn sie profitierten vom Maschineneinsatz außerordentlich. | [[Daniel Berolzheimer]] und [[Leopold Illfelder]] erhielten [[1854]] die Konzession für eine [[Bleistiftfabrik Berolzheimer und Illfelder|Bleistiftfabrik]], weil sie begründeten, dass sie mit ihrer geplanten maschinellen Produktion die Nachfrage aus Frankreich, England, Nordamerika und anderen überseeischen Ländern endlich befriedigen könnten, was bisher nicht immer der Fall war. Sie setzten von Anfang an auf die Dampfkraft und stellten für den technischen Teil der Firma extra einen Werkführer ein. [[Wilhelm Stern]] stellte im Jahr [[1855]] in der [[1846]] gegründeten Papierfabrik seine erste Dampfmaschine auf. Die Herstellung von Bunt-, Gold- und marmoriertem Papier hatte nun ganz neue Möglichkeiten. [[1874]] beschrieb der Mediziner Dr. J. Kerschensteiner, der die Fürther Industrie nach gesundheitlichen Auswirkungen untersuchte, voll Bewunderung die Stern'schen Maschinen: ''Den größten Teil der Prozeduren übernehmen Maschinen, deren Konstruktionen in der Tat überraschen durch die sinnreichen Zusammensetzungen, z. B. eine Maschine, welche endloses weißes Papier grün streicht, das gestrichene Papier mit einem Stäbchen aufhebt und auf ein Schienengeleise auf der Zimmerdecke legt, auf welchen es ganz langsam in der Form eines Hufeisens in langen herabhängenden Falten durch das Zimmer wandert und am Ende der Wanderung vollständig getrocknet sich selbst an einer Maschine zum fertigen Stück aufrollt.''<ref>Dr. J. Kerschensteiner: ''Die Fürther Industrie in ihrem Einfluss auf die Gesundheit der Arbeiter''. München 1874, S. 13</ref> Und dass gerade die Bronzefabriken ziemlich rasch Maschinen einführten ist kein Wunder, denn sie profitierten vom Maschineneinsatz außerordentlich. | ||
Auch bei den Fürther Brauereien setzte man nun auf den Einsatz von Maschinen. Bereits Mitte der 60er Jahre führte die [[Brauerei Grüner]] als erste Dampfmaschinen ein. Für den Ferntransport schaffte die Brauerei auch sechs Eisenbahnwaggons mit Eiskühlung an.<ref>{{BuchQuelle|Fürth - Geschichte der Stadt (Buch)|Seite=209}}</ref> | Auch bei den Fürther Brauereien setzte man nun auf den Einsatz von Maschinen. Bereits Mitte der 60er Jahre führte die [[Brauerei Grüner]] als erste Dampfmaschinen ein. Für den Ferntransport schaffte die Brauerei auch sechs Eisenbahnwaggons mit Eiskühlung an.<ref>{{BuchQuelle|Fürth - Geschichte der Stadt (Buch)|Seite=209}}</ref> | ||
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Ein Paradebeispiel für die typische Entwicklung eines Handwerksbetriebs zu einer weltweit agierenden Firma ist die [[Bilderbücherfabrik Löwensohn]]. [[Gerson Löwensohn]], der eigentlich Gürtler gelernt hatte, bekam [[1844]] die Lizenz für eine Kupferdruckerei. Ab [[1856]] stellte die Firma auch Bilderbögen, sowie Kinder- und Bilderbücher her. Ursprünglich in der [[Sterngasse]], der heutigen [[Ludwig-Erhard-Straße]], angesiedelt, verlegte man [[1876]] die Produktion in das neue, geräumigere Viertel hinter dem Rathaus. Dort hatten die Löwensohns die Möglichkeit, eine durch einen Gasmotor betriebene Schnelldruckpresse zu installieren und vollzogen damit den Schritt vom Handbetrieb zur industriellen Fertigung. Als [[1894]] das 50-jährige Firmenjubiläum gefeiert wurde, hielt [[Bernhard Löwensohn]] eine bemerkenswerte Rede, in der er den Werdegang der Firma beschrieb. Zur Inbetriebnahme der ersten Schnellpresse meinte er: ''Anstatt einer täglichen Leistung von 400 Abdrücken konnte man auf der Schnellpresse 3.000 herstellen ... Aber auch an den Arbeiter selbst traten durch Einführung der Maschine andere Ansprüche heran. Die physische Leistung, die Arbeit mit den Muskeln wurde geringer, dagegen war die Aufmerksamkeit, die Intelligenz, die Gewissenhaftigkeit und die Zuverlässigkeit eine Vorbedingung zu gutem Betriebe derselben. Die Maschine ist ein Ungetüm, das mechanisch darauf los arbeitet, mehr Schaden anrichtend wie Nutzen ... ohne Führung eines energischen, tatkräftigen und schnelldenkenden Arbeiters.''<ref>150 Jahre Pestalozzi-Verlag, Pestalozzi-Verlag, Erlangen 1994</ref> | Ein Paradebeispiel für die typische Entwicklung eines Handwerksbetriebs zu einer weltweit agierenden Firma ist die [[Bilderbücherfabrik Löwensohn]]. [[Gerson Löwensohn]], der eigentlich Gürtler gelernt hatte, bekam [[1844]] die Lizenz für eine Kupferdruckerei. Ab [[1856]] stellte die Firma auch Bilderbögen, sowie Kinder- und Bilderbücher her. Ursprünglich in der [[Sterngasse]], der heutigen [[Ludwig-Erhard-Straße]], angesiedelt, verlegte man [[1876]] die Produktion in das neue, geräumigere Viertel hinter dem Rathaus. Dort hatten die Löwensohns die Möglichkeit, eine durch einen Gasmotor betriebene Schnelldruckpresse zu installieren und vollzogen damit den Schritt vom Handbetrieb zur industriellen Fertigung. Als [[1894]] das 50-jährige Firmenjubiläum gefeiert wurde, hielt [[Bernhard Löwensohn]] eine bemerkenswerte Rede, in der er den Werdegang der Firma beschrieb. Zur Inbetriebnahme der ersten Schnellpresse meinte er: ''Anstatt einer täglichen Leistung von 400 Abdrücken konnte man auf der Schnellpresse 3.000 herstellen ... Aber auch an den Arbeiter selbst traten durch Einführung der Maschine andere Ansprüche heran. Die physische Leistung, die Arbeit mit den Muskeln wurde geringer, dagegen war die Aufmerksamkeit, die Intelligenz, die Gewissenhaftigkeit und die Zuverlässigkeit eine Vorbedingung zu gutem Betriebe derselben. Die Maschine ist ein Ungetüm, das mechanisch darauf los arbeitet, mehr Schaden anrichtend wie Nutzen ... ohne Führung eines energischen, tatkräftigen und schnelldenkenden Arbeiters.''<ref>150 Jahre Pestalozzi-Verlag, Pestalozzi-Verlag, Erlangen 1994</ref> | ||
In den Jahren zwischen [[1895]] und [[1907]] erhöhte sich die Zahl der industriellen Betriebe noch einmal enorm. Es entwickelten sich dabei immer mehr Großbetriebe und obwohl sie [[1907]] mit einer Anzahl von 69 nur 2% der Betriebe ausmachten, hatten sie mit 7.669 doch 35% der Beschäftigten. Die Tendenz der für den Export arbeitenden Gewerbe ging dabei weg von der Textilverarbeitung hin zur Spiegelglasherstellung, der Metallverarbeitung, hier insbesondere die Brokat-, Bronze- und Bronzefarbenherstellung, und zu Holz- und Schnitzstoffen. So stellt Hans Moser fest: ''Am konsequentesten wurde der Übergang von meisterlichen, häufig verlegten Kleinbetrieben hin zu leistungsfähigen Mittel- und Großbetrieben in der Spiegelglas- und Spiegelindustrie vollzogen, daneben aber auch in der Buntpapier- und Bronzefarbenherstellung sowie im Braugewerbe''.<ref>Hans Moser: Die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt Fürth im 19. Jahrhundert, Diplomarbeit Erlangen/Nürnberg 1976, S. 92</ref> Daneben wuchsen auch viele andere Branchen und veränderten dabei vielfach die Schwerpunkte ihrer Produktion. So fertigten die Spielwarenfabriken immer weniger Holz- und dafür mehr Blechspielzeug. Blechformen konnten mit Stanzmaschinen schnell und exakt ausgeschnitten und mit Heftmaschinen leicht zusammengefügt werden. Blechdruckmaschinen lösten das langwierige Lackieren ab. So entstanden Brummkreisel, Kindertrompeten, blecherne Puppenküchen und das sehr beliebte mechanische Spielzeug, das mit einem Schlüssel aufgezogen wurde und sich dann in vielfältiger Weise bewegte. Ein Beispiel ist hier die Firma [[GAMA]] von Georg Adam Mangold, die im Jahr [[1881]] gegründet wurde. Ohne die bedeutenden Fürther Großhandelshäuser, z.B. [[Exporthaus Kohnstam|Kohnstam]], [[Nürnberger Straße 91; 93; 95|Borgfeldt]] oder [[Kurgartenstraße 1; Nürnberger Straße 129|Berlin]], hätte die Fürther Spielwarenindustrie mit den vielen kleinen Betrieben nicht funktionieren können.<ref>{{BuchQuelle|Fürth - Geschichte der Stadt (Buch)|Seite=213}}</ref> | In den Jahren zwischen [[1895]] und [[1907]] erhöhte sich die Zahl der industriellen Betriebe noch einmal enorm. Es entwickelten sich dabei immer mehr Großbetriebe und obwohl sie [[1907]] mit einer Anzahl von 69 nur 2% der Betriebe ausmachten, hatten sie mit 7.669 doch 35% der Beschäftigten. Die Tendenz der für den Export arbeitenden Gewerbe ging dabei weg von der Textilverarbeitung hin zur Spiegelglasherstellung, der Metallverarbeitung, hier insbesondere die Brokat-, Bronze- und Bronzefarbenherstellung, und zu Holz- und Schnitzstoffen. So stellt Hans Moser fest: ''Am konsequentesten wurde der Übergang von meisterlichen, häufig verlegten Kleinbetrieben hin zu leistungsfähigen Mittel- und Großbetrieben in der Spiegelglas- und Spiegelindustrie vollzogen, daneben aber auch in der Buntpapier- und Bronzefarbenherstellung sowie im Braugewerbe''.<ref>Hans Moser: Die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt Fürth im 19. Jahrhundert, Diplomarbeit Erlangen/Nürnberg 1976, S. 92</ref> Daneben wuchsen auch viele andere Branchen und veränderten dabei vielfach die Schwerpunkte ihrer Produktion. So fertigten die Spielwarenfabriken immer weniger Holz- und dafür mehr Blechspielzeug. Blechformen konnten mit Stanzmaschinen schnell und exakt ausgeschnitten und mit Heftmaschinen leicht zusammengefügt werden. Blechdruckmaschinen lösten das langwierige Lackieren ab. So entstanden Brummkreisel, Kindertrompeten, blecherne Puppenküchen und das sehr beliebte mechanische Spielzeug, das mit einem Schlüssel aufgezogen wurde und sich dann in vielfältiger Weise bewegte. Ein Beispiel ist hier die Firma [[GAMA]] von Georg Adam Mangold, die im Jahr [[1881]] gegründet wurde. Ohne die bedeutenden Fürther Großhandelshäuser, z. B. [[Exporthaus Kohnstam|Kohnstam]], [[Nürnberger Straße 91; 93; 95|Borgfeldt]] oder [[Kurgartenstraße 1; Nürnberger Straße 129|Berlin]], hätte die Fürther Spielwarenindustrie mit den vielen kleinen Betrieben nicht funktionieren können.<ref>{{BuchQuelle|Fürth - Geschichte der Stadt (Buch)|Seite=213}}</ref> | ||
Im wirtschaftlichen Aufschwung der ''Gründerzeit'' fand auch eine Konzentration bei den Fürther Brauereien statt. Fünf Brauereien setzten sich durch und wurden zu industriellen Großbetrieben: [[Brauerei Humbser|Humbser]], [[Geismann Brauerei|Geismann]], [[Brauerei Grüner|Grüner]], [[Brauerei Evora & Meyer|Evora]] und [[Bergbräu|Mailaender]]. | Im wirtschaftlichen Aufschwung der ''Gründerzeit'' fand auch eine Konzentration bei den Fürther Brauereien statt. Fünf Brauereien setzten sich durch und wurden zu industriellen Großbetrieben: [[Brauerei Humbser|Humbser]], [[Geismann Brauerei|Geismann]], [[Brauerei Grüner|Grüner]], [[Brauerei Evora & Meyer|Evora]] und [[Bergbräu|Mailaender]]. | ||
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[[Bild:A5178 Hans Böckler.jpg|mini|right|Hans Böckler]] | [[Bild:A5178 Hans Böckler.jpg|mini|right|Hans Böckler]] | ||
Zu Beginn der Industrialisierung wurde allgemein an sechs Tagen der Woche 14 bis 16 Stunden lang gearbeitet. In den 1870er Jahren reduzierte sich die industrielle Arbeitszeit auf durchschnittlich 12 Stunden. Eine Verbesserung brachte das ''Arbeitsschutzgesetz'' des Deutschen Reiches von 1891. Es legte eine Arbeitszeit von 11 Stunden für Frauen und 10 Stunden für Jugendliche fest und verbot die Nachtarbeit für Frauen und Jugendliche sowie die Arbeit von Kindern in Fabriken. Männer arbeiteten weiterhin 12 Stunden täglich. Verbreitet gab es zudem spezielle Fabrikvorschriften, die die gesetzlichen Regelungen keineswegs immer einhielten. So konnten Arbeiter wegen Kleinigkeiten entlassen werden oder es mussten Strafen gezahlt werden, z.B. wenn jemand nicht rechtzeitig zur Arbeit kommen konnte. Streiks für kürzere Arbeitszeiten oder verlängerte Pausen gab es öfter. Diese waren meist nicht erfolgreich. [[1899]] erzwang [[Hans Böckler]] nach einem 12-wöchigen Streik der Metallschläger eine Arbeitszeitverkürzung auf 9 Stunden. | Zu Beginn der Industrialisierung wurde allgemein an sechs Tagen der Woche 14 bis 16 Stunden lang gearbeitet. In den 1870er Jahren reduzierte sich die industrielle Arbeitszeit auf durchschnittlich 12 Stunden. Eine Verbesserung brachte das ''Arbeitsschutzgesetz'' des Deutschen Reiches von 1891. Es legte eine Arbeitszeit von 11 Stunden für Frauen und 10 Stunden für Jugendliche fest und verbot die Nachtarbeit für Frauen und Jugendliche sowie die Arbeit von Kindern in Fabriken. Männer arbeiteten weiterhin 12 Stunden täglich. Verbreitet gab es zudem spezielle Fabrikvorschriften, die die gesetzlichen Regelungen keineswegs immer einhielten. So konnten Arbeiter wegen Kleinigkeiten entlassen werden oder es mussten Strafen gezahlt werden, z. B. wenn jemand nicht rechtzeitig zur Arbeit kommen konnte. Streiks für kürzere Arbeitszeiten oder verlängerte Pausen gab es öfter. Diese waren meist nicht erfolgreich. [[1899]] erzwang [[Hans Böckler]] nach einem 12-wöchigen Streik der Metallschläger eine Arbeitszeitverkürzung auf 9 Stunden. | ||
Bei den Löhnen gab es, je nach Branche, sehr große Unterschiede. Die besten Verdienstchancen gewährten in der Mitte des 19. Jahrhunderts die Baumwoll- und Leinen sowie die Spiegelfabriken. Bei bis zu 12 Stunden Arbeitszeit pro Tag reichte der Lohn in vielen Fällen kaum zum Leben. In der zweiten Phase der Industrialisierung in Fürth ging das Lohnniveau auch in den Metall- und Brillenfabriken nach oben. Allerdings hat sich die finanzielle Lage der Arbeiter dadurch nicht wesentlich verbessert, da die stark gestiegenen Mieten sowie die Ausgaben für Kleidung usw. zu berücksichtigen sind. Einer Arbeiterfamilie war es häufig nicht möglich, gleichzeitig ausreichend zu essen, gesund zu wohnen und sich ordentlich zu kleiden.<ref>Helga Grebing: Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, München 1970</ref> | Bei den Löhnen gab es, je nach Branche, sehr große Unterschiede. Die besten Verdienstchancen gewährten in der Mitte des 19. Jahrhunderts die Baumwoll- und Leinen sowie die Spiegelfabriken. Bei bis zu 12 Stunden Arbeitszeit pro Tag reichte der Lohn in vielen Fällen kaum zum Leben. In der zweiten Phase der Industrialisierung in Fürth ging das Lohnniveau auch in den Metall- und Brillenfabriken nach oben. Allerdings hat sich die finanzielle Lage der Arbeiter dadurch nicht wesentlich verbessert, da die stark gestiegenen Mieten sowie die Ausgaben für Kleidung usw. zu berücksichtigen sind. Einer Arbeiterfamilie war es häufig nicht möglich, gleichzeitig ausreichend zu essen, gesund zu wohnen und sich ordentlich zu kleiden.<ref>Helga Grebing: Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, München 1970</ref> | ||
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Das starke Bevölkerungswachstum ließ schnell den Wohnraum in der Innenstadt knapp werden. Die reichere Mittelschicht und auch viele Unternehmen zogen in die neuen Stadtteile, die im Zuge der [[Stadterweiterung]] entstanden. Dennoch litten viele unter Wohnraummangel. Die Bevölkerung wohnte zum großen Teil eng zusammengedrängt. Räume wurden zudem an familienfremde Personen, den Schlafgängern, untervermietet, um etwas Geld dazu zu verdienen. Sanitäre Anlagen gab es kaum, viele Aborte lagen am Treppenabsatz oder im Hof und wurden von allen Bewohnern einer Etage oder eines ganzen Hauses benutzt. ''Die vielfach zu beobachtende Unsauberkeit in den Wohnungen, die mit der Unzulänglichkeit und dem gesundheitswidrigen Zustand der Aborteinrichtungen auf das Engste zusammenhängt, trägt die Hauptschuld an der hohen Säuglingssterblichkeit und den verheerenden Wirkungen der Magen- und Darmkrankheiten.''<ref>Eugen Dennig: Die Ergebnisse der Wohnungserhebung in der Stadt Fürth i.B., Fürth 1907</ref> Bedingt auch durch die beengten Wohnverhältnisse hielten sich vor allem viele Männer oft in Wirtschaften auf. Sie waren Wohnzimmerersatz und ein warmer Ort, wenn das Geld für Heizmaterial fehlte. Allerdings brachte der Alkoholkonsum viele Familien in weitere Bedrängnis. Neben Bier wurde mit Vorliebe Schnaps getrunken. | Das starke Bevölkerungswachstum ließ schnell den Wohnraum in der Innenstadt knapp werden. Die reichere Mittelschicht und auch viele Unternehmen zogen in die neuen Stadtteile, die im Zuge der [[Stadterweiterung]] entstanden. Dennoch litten viele unter Wohnraummangel. Die Bevölkerung wohnte zum großen Teil eng zusammengedrängt. Räume wurden zudem an familienfremde Personen, den Schlafgängern, untervermietet, um etwas Geld dazu zu verdienen. Sanitäre Anlagen gab es kaum, viele Aborte lagen am Treppenabsatz oder im Hof und wurden von allen Bewohnern einer Etage oder eines ganzen Hauses benutzt. ''Die vielfach zu beobachtende Unsauberkeit in den Wohnungen, die mit der Unzulänglichkeit und dem gesundheitswidrigen Zustand der Aborteinrichtungen auf das Engste zusammenhängt, trägt die Hauptschuld an der hohen Säuglingssterblichkeit und den verheerenden Wirkungen der Magen- und Darmkrankheiten.''<ref>Eugen Dennig: Die Ergebnisse der Wohnungserhebung in der Stadt Fürth i.B., Fürth 1907</ref> Bedingt auch durch die beengten Wohnverhältnisse hielten sich vor allem viele Männer oft in Wirtschaften auf. Sie waren Wohnzimmerersatz und ein warmer Ort, wenn das Geld für Heizmaterial fehlte. Allerdings brachte der Alkoholkonsum viele Familien in weitere Bedrängnis. Neben Bier wurde mit Vorliebe Schnaps getrunken. | ||
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts versuchten reiche Bürger, das Los der Arbeiter, der Kranken, der Witwen und der Kinder zu verbessern. In der Zeit der Hochindustrialisierung entstanden mehrere [[Stiftungen]], z.B. die von [[Heinrich Berolzheimer]], der die Bildung der Kinder und auch der erwachsenen Bürger verbessern wollte. Auch [[Nathanstift]] und [[Krautheimer Krippe]] sind Beispiele, wie versucht wurde, die Not der Mitmenschen zu lindern. Viele Stiftungen nahmen sich auch der Fabrikarbeiter an und unterstützten die arbeitsunfähigen und die bedürftigen Arbeiter. Die Stifter spendeten nicht nur Geld, sondern gaben oft auch einen gezielten Verwendungszweck vor. Dabei waren sie nicht als Almosen gedacht, sondern als Hilfe zur Selbsthilfe. | Gegen Ende des 19. Jahrhunderts versuchten reiche Bürger, das Los der Arbeiter, der Kranken, der Witwen und der Kinder zu verbessern. In der Zeit der Hochindustrialisierung entstanden mehrere [[Stiftungen]], z. B. die von [[Heinrich Berolzheimer]], der die Bildung der Kinder und auch der erwachsenen Bürger verbessern wollte. Auch [[Nathanstift]] und [[Krautheimer Krippe]] sind Beispiele, wie versucht wurde, die Not der Mitmenschen zu lindern. Viele Stiftungen nahmen sich auch der Fabrikarbeiter an und unterstützten die arbeitsunfähigen und die bedürftigen Arbeiter. Die Stifter spendeten nicht nur Geld, sondern gaben oft auch einen gezielten Verwendungszweck vor. Dabei waren sie nicht als Almosen gedacht, sondern als Hilfe zur Selbsthilfe. | ||
Letztendlich waren es aber vor allem die Arbeiterbewegungen und die politischen Vereine, die Veränderungen herbeiführten. Eine zentrale Figur im von ihm mitgegründeten Arbeiterverein und später in der [[SPD]] war dabei [[Gabriel Löwenstein]]. [[1893]] war er einer der ersten fünf Sozialdemokraten, die in den bayerischen Landtag gewählt wurden. In der Gewerkschaftsbewegung taten sich in Fürth [[Martin Segitz]] und [[Hans Böckler]] hervor und im ''Evangelischen Arbeiterverein'' war [[Konrad Ott]] eine treibende Kraft. | Letztendlich waren es aber vor allem die Arbeiterbewegungen und die politischen Vereine, die Veränderungen herbeiführten. Eine zentrale Figur im von ihm mitgegründeten Arbeiterverein und später in der [[SPD]] war dabei [[Gabriel Löwenstein]]. [[1893]] war er einer der ersten fünf Sozialdemokraten, die in den bayerischen Landtag gewählt wurden. In der Gewerkschaftsbewegung taten sich in Fürth [[Martin Segitz]] und [[Hans Böckler]] hervor und im ''Evangelischen Arbeiterverein'' war [[Konrad Ott]] eine treibende Kraft. | ||