Willie Glaser

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Willi Glaser bei der Verleihung des Ehrenbriefs der Stadt Fürth im Rathaus

Willie Glaser (geb. 8. Januar 1921 in Fürth) ist ein ehemaliger Fürther Bürger jüdischer Abstammung. Bekannt wurde Glaser durch die Aufarbeitung seines Familienschicksals und der damit verbundenen Auseinandersetzung mit dem Holocaust. Obwohl heute in Kanada lebend, besucht Willie Glaser ähnlich Henry Kissinger, immer wieder seine Geburtsstadt.

Anlässlich seines 100. Geburtstages in Montreal berichteten mehere kanadische Fernsehsender über sein Leben.

Leben

1892 ließ sich die Familie Glaser in Fürth nieder. Ferdinand Glaser wurde 1914 Soldat in der österreichischen Armee, da sein Vater in Galizien geboren war. Nach Kriegsende heiratete er noch 1918 in Fürth Adele Krieser (* 1895 in Auschwitz). Nach dem Krieg war Galizien ein Teil von Polen geworden, deswegen erhielt die Familie Glaser die polnische Staatsangehörigkeit. Bemühungen um die deutsche Staatsbürgerschaft schlugen fehl. Anfang August verließ Ferdinand Glaser Fürth, um über die Schweiz nach Frankreich auszureisen. Im August 1939 erhielt der Sohn Willie (ursprünglich: Wilhelm) Glaser die Einreiseerlaubnis für England, zu Kriegsbeginn waren damit Willie und seine Schwester Lottie Glaser in Nordirland, Ferdinand Glaser in Paris. In Fürth befanden sich di8e Mutter Adele mit drei Kindern und deren Großmutter Esther.[1][2][3]

Willie Glaser arbeitete zunächst von 1939 bis 1941 in Belfast. Bis Ende 1941 konnte der Briefkontakt mit Mutter Adele über das neutrale Irland aufrecht gehalten werden. Anfang 1941 meldete sich Willie Glaser zur Armee, 1943 wurde Willie Glaser zur 1. Polnischen Panzerdivision versetzt. Glaser wurde Funker und Geschützlader auf einem schnellen Spähpanzer. Am 8. August 1944 landete die Erste Polnische Panzerdivision als Bestandteil der Ersten Kanadischen Armee in der Normandie. Mitte August 1944 war Willie Glaser an der Einkesselung deutscher Truppen im Kessel von Falaise beteiligt, er verhörte aufgrund seiner Sprachkenntnisse mitunter deutsche Kriegsgefangene, darunter Mitglieder verschiedenen SS-Einhietne, so die 1. SS-Panzer-Division Leibstandarte SS Adolf Hitler, die ein Jahr zuvor den später ermordeteten Vater Ferdinand Glaser gefangen genommen hatte, was Willie Galsser zu diesem Zeitpunkt noch nicht wusste.[4][5]

Willie Glasers Panzer erhielt bei Chambois einen Treffer durch einen Panzer der SS, wobei zwei Besatzungsmitglieder getötet wurden. Kurz darauf gelang es dem Spähpanzer einen schweren deutschen Kampfpanzer abzuschießen – wofür der leichte Spähpanzer eigentlich nicht ausgelegt war. Die Besatzungsmitglieder erhielten deswegen das polnische Tapferkeitskreuz „Krzych Wlecznych“. Das Regiment bewegte sich dann nach Belgien und Holland, im November 1944 erreichten die Panzer die Maas, im April 1945 das deutsche Staatsgebiet. Willie Glaser fuhr wenig später mit einem Jeep nach Fürth und wohnte dort beim amerikanischen Ortskommandanten in der requirierten Villa von Gustav Schickedanz. Er konnte in Fürth aber keinerlei Hinweise auf das Schicksal seiner Familie auffinden.[6][7]

Im März 1947 kehrte die Willie Glaseres Division nach England zurück und wurde eine halbmilitärische Einheit, das Polnische Umsiedlungskorps. Im Laufe des Jahres 1947 lud die kanadische Regierung etwa 5.000 polnische Veteranen dazu ein, sich in Kanada niederzulassen. Willie Glaser nahm dieses Angebot an.[8][9]

Nach einem geschäftlich erfolgreichen Leben widmete er sich im Alter den Kontakten mit Fürth und der historischen Forschung. Zunächst arbeitete er das Schicksal seiner Familie auf. Er kam nach umfangreichen Recherchen zu folgendem Ergebnis: Vater Ferdinand Glaser wurde in Auschwitz, seine Mutter Adele mit drei kleinen Geschwistern in Belzec ermordet.[10][11]

1998 initiierte er die Schenkung wertvoller hebräischer Drucke durch das Archiv des Canadian Jewish Congress an das Jüdische Museum Franken, im Jahre 2007 beteiligte er sich am Zeitzeugen Projekt der Leopold-Ullstein Schule Fürth. In einer Expertise für den Stadtrat Fürth zur Verleihung des Ehrenbriefes an Willie Glasers hieß es dementsprechend: „In seinen zahlreichen öffentlichen Auftritten in Kanada als hochdekorierter Kriegsveteran hat er seine Fürther Zeit nie in einem schlechten Licht erscheinen lassen. Durch die Aufarbeitung des Schicksals seiner Familie hat er der Geschichtswissenschaft wertvolle Hinweise zur Holocaustforschung geben können… Der Fürther Willie Glaser steht exemplarisch für ein Schicksal in einer bisher beispiellosen geschichtlichen Zäsur. Indem er selbst diese Zäsur bewältigt, hilft er uns, sie zu bewältigen.“[12] Am 30. Juni 2010 erhielt Willie Glaser nach einstimmigem Beschluss des Stadtrates in Würdigung seiner Verdienste um das Wohl der Stadt Fürth den Ehrenbrief der Stadt Fürth, wobei nicht zuletzt der im März 2009 angelegte Artikel Flucht und Deportation von Juden aus Fürth (Version vom 17. Februar 2010) auf Wikipedia Grundlage des Beschlusses war.[13][14][15]

Auszeichnungen

Literatur

  • Willie Glaser: Panzer und Storchennest. In: Altstadtbläddla, Altstadtverein St. Michael Fürth, Ausgabe 37, 2003 - im Internet
  • Willie Glaser: Erinnerungen eines jungen, in Deutschland geborenen Juden an seinen Dienst in der polnischen Armee 1941 – 1947. Nürnberg: rijo-research.de, 2010, 32 Seiten - PDF-Datei
  • Alexander Mayer: Ehrenbrief für Willi Glaser. In: Rundbrief des Stadtheimatpflegers Nr. 65 vom 1. Juli 2010 - im Internet

Lokalberichterstattung

Siehe auch

Weblinks

  • Deportation und Flucht von Juden aus Fürth - Familie Glaser (Wikipedia)

Einzelnachweise

  1. Willie Glaser: Die tragische Odyssee des Ferdinand Glaser: Auf der Suche nach den Spuren meines Vaters in Frankreich und Italien. Nürnberg 2007. S. 2 ff.
  2. Willie Glaser: Panzer und Storchennest. In: Altstadtbläddla, Altstadtverein St. Michael Fürth, Ausgabe 37, 2003 - im Internet
  3. Artikel Flucht und Deportation von Juden aus Fürth aus der freien Enzyklopädie Wikipedia. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
  4. Willie Glaser: Panzer und Storchennest. In: Altstadtbläddla, Altstadtverein St. Michael Fürth, Ausgabe 37, 2003 - im Internet
  5. Artikel Flucht und Deportation von Juden aus Fürth aus der freien Enzyklopädie Wikipedia. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
  6. Willie Glaser: Panzer und Storchennest. In: Altstadtbläddla, Altstadtverein St. Michael Fürth, Ausgabe 37, 2003 - im Internet
  7. Artikel Flucht und Deportation von Juden aus Fürth aus der freien Enzyklopädie Wikipedia. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
  8. Willie Glaser: Erinnerung eines jungen, in Deutschland aufgewachsenen Juden an seinen Dienst in der polnischen Armee 1941-1947. Nürnberg 2007; Regimental History of 10th Mounted Rifles Regiments. Nürnberg 1947; Willie Glaser: Panzer und Storchennest. In: Altstadtbläddla, Altstadtverein St. Michael Fürth, Ausgabe 37, 2003 - im Internet.
  9. Artikel Flucht und Deportation von Juden aus Fürth aus der freien Enzyklopädie Wikipedia. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
  10. Willie Glaser: Panzer und Storchennest. In: Altstadtbläddla, Altstadtverein St. Michael Fürth, Ausgabe 37, 2003 - im Internet
  11. Artikel Flucht und Deportation von Juden aus Fürth aus der freien Enzyklopädie Wikipedia. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
  12. zit. nach: Rundbrief des Stadtheimatpflegers der Stadt Fürth Nr. 65 (PDF; 91 kB)
  13. vgl. Volker Dittmar: Fürth: Ehrung für jüdische Mitbürger setzt Zeichen. In: Fürther Nachrichten vom 2. Juli 2010, S. 1.
  14. Willie Glaser: Panzer und Storchennest. In: Altstadtbläddla, Altstadtverein St. Michael Fürth, Ausgabe 37, 2003 - im Internet
  15. Artikel Flucht und Deportation von Juden aus Fürth aus der freien Enzyklopädie Wikipedia. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.

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