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//////////////// RICHARD WAGNER - JAHR 1963 /////////////////

Vor 13o Jahren,am 22.Mai 1813 wurde Richard Wagner in Leipzig geboren. Richard Wagner wird von Vielen "Genius seines Jahrhunderts" genannt.Andere Leute,darunter namhafte Musiker wie Tschai kowsky haben eine wesentlich geringere Meinung von ihnjver hat recht?Ich möchte sagen,es gibt mehrere Arten von Wagner-Lieb­ habern und Wagnerverächtern.Eine große Zahl der Kenner und Liebhaber der Wagnerschen Musik sind üoerhaupt erst durch den Wagner-Kult des 1000 -jährigen Reiches daraufgekommen,und nun Liebhaber aus Mode gewesen oder noch sind,und die die wahren Werte der Wagnerschen Musik zu schätzen wissen. Die höchsten musikalischen Kapazitäten des 1 9 .Jahrhunderts waren es ja,die Wagner zu Erfolgen verholfen hattensFranz Liszt,Hans v.Bülow, um nur einige zu nennen. Auch bei den Wagner-Verächtern möchte ich drei Gruppen unterscheidentDie einen,die sich durch Vorurteile über seine Werke verleiten lassen(Es ist die Lange der Gesänge zu lang für me^ nes Ohres Lange),und die anderen,die behaupten,Wagner sei ein Musiker,der sein Genie gewaltsam in Formen preßt,die seinen Träumen entsprungen sind. Wieder andere verachten den Men­ schen Wagner,der tatsächlich nicht allzu viele große mensch liehe Qualitäten aufzuweisen hatte,wie seine Biographien oerichten.Aber diese kleinen und großen charakterlichen Schwä­ chen waren wohl die Kehrseite seines Genies. Wagner als Musiker war ein gewaltiger Neuerer.Berühmt ist der revolutionäre Ausruf von ihm:"Kinder,schafft Neues!" Ei’ hat harmonische Neuerungen gebracht,die schon stark auf den Im pressionismus und Expressionismus hindeuten.Außerdem war er ein phantastischer Kontrapunktiker.Igor Strawinsky sagte ein­ mal :Wer Wagners Musik verachtet,ist unmusikalisch und dumm. Darüoer hinaus schrieb Wagner alle seine Texte selbst. Einige gelten als literarische Meisterwerke,andere(z.B.der Tristan Stoff)sind ihm nicht so sehr gelungen.Und seine Musik besitzt eine großartige Ausdruckskraft,die vom Klang her zu erklären ist.Dies kommt z.B.im Tristan-Vorspiel gut zum Ausdruck; der gleichsam von erotischen Empfindungen gequälte Tristan-Akkord zeugt davon. Wagner sagte von sich selbst,alle seine dichterischen Träume hätten für ihn aosoluten Wirklichkeitswert;sie stünden zu der Welt der Realitäten nie im Widerspruch.Dadurch gelang ihm ja eine wahrhaft deutsche Oper: Anstelle Gift und Mord wie bei den Italienern kämpfen hier Schemen und Prinzipien gegenein­ ander; es siegt die Selbstüberwindung.Gewiß leiden manche sei­ ner Musikdramen unter Handlungsarmut;jedoch die mannigfachen heriliehen Einfalle rein sinfonischer Natur lassen beim auf­ merksamen Zuhörer nie Langeweile entstehen. -DB-