Drogerie Conrad Heinrichs Nachfolger (CHN)

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Die Drogerie firmierte über 143 Jahre unter dem Namen des Firmenbegründers Conrad Heinrich, später unter der Bezeichnung "Conrad Heinrichs Nachfolger" (CHN).

Die Anfänge im 19. Jahrhundert[Bearbeiten]

Der Bäckersohn Conrad Heinrich (geb. 31. Oktober 1824 in Fürth; gest. 21. November 1879 in Fürth) erhielt am 6. März 1851 vom Stadtmagistrat die Concession zum Betrieb eines Material- und Farbwarenhandels. Im gleichen Jahr begründete er die Firma Heinrich durch Übernahme des Heinleinschen Geschäftes. 1854 wurde Conrad Heinrich im Januar als Spezereiwarenhändler in den hiesigen Gemeindeverband aufgenommen und erhielt einen Monat später die Konzession zum Spezereiwarenhandel. Im gleichen Jahr kaufte er noch das Lager Rednitzhof 1. Ende des Jahres erhielt er eine Abmahnung des Magistrats, weil er einen sog. spanischen Kreuztee überteuert als wahres Wundermittel verkauft hatte [1].
Conrad Heinrich war Vorkämpfer der Sonntagsruhe und machte 1861 durch eine vielbeachtete Anzeige darauf aufmerksam, wenn er veröffentlichte: " … erlaube ich mir ... hiermit kund zu tun, daß ich mich entschlossen habe, mein Geschäft, wie bisher schon zu den Festtagen, so für die Folge nun an den Sonntagen gänzlich geschlossen zu halten." [2] Als Gründe gab Heinrich an:
1. Sonntag ist Tag des Herrn
2. den ständig während der Woche lange arbeitenden Untergebenen (= Beschäftigten) einen Tag der Erholung zu gönnen. Zu jener Zeit war es üblich, dass Geschäfte nach dem Frühgottesdienst wieder geöffnet wurden.
1896 erhielt Heinrich von der kgl. hauptamtlichen Aufschlag-Einnehmerei (Hauptzollamt Fürth) die Bescheinigung, Großhandel mit denaturiertem Branntwein (Brennspiritus) betreiben zu dürfen.[2]

Die Fortsetzung als "Conrad Heinrichs Nachfolger"[Bearbeiten]

Wilhelm Derr[Bearbeiten]

Pferdefuhrwerk der CHN um 1900 vor Königstraße 26/28 Waldmann

Der Kommerzienrat Wilhelm Derr (geb. 15. Januar 1865 in Kitzingen; gest. 17. Februar 1918 in Fürth) übernahm 1889 die Firma Conrad Heinrich unter der Auflage, dass das Haus Königstraße 17 immer unter dem Namen "Heinrich" firmieren müsse. Dem wurde Genüge getan mit der Firmenbezeichnung "Conrad Heinrichs Nachfolger", die fortan bei allen weiteren Eigentümern Verwendung fand. In seiner Zeit gab es zum Transport ein Pferdefuhrwerk mit Firmenaufdruck auf der Plane.

Bekanntgabe der Teilhaberschaft von Georg Schmidtschneider an der Firma Conrad Heinrichs Nachfolger (CHN)

Am 25. Juni 1902 verkaufte Derr dieses Anwesen mit realer Bäckergerechtigkeit und dem Lager Rednitzhof 1, das Conrad Heinrich bereits 1854 zur Arrondierung erworben hatte, für zusammen 60.000 Goldmark an Georg Schmidtschneider und dessen Frau Wilhelmine [3], verblieb aber als Teilhaber noch in der Firma [4] .

Georg Schmidtschneider[Bearbeiten]

Am 26. November 1904 erhält die Firma die Genehmigung für den Handel mit Giften vom Stadtmagistrat [5]. Es beginnt der Handel mit Bimsstein und Bimsmehl in allen Körnungen für die Spiegelfabriken in Fürth und Umgebung. 1913 kommt die Genehmigung für den Handel mit vergälltem Salz (Gewerbesalz) dazu, das Brauereien besonders zum Betrieb ihrer Kühlungen benötigen.[3]

Am 7. Dezember 1918 gelingt es Schmidtschneider in das Verzeichnis der Händler nach dem Weinsteuergesetz eingetragen zu werden.

Zum 1. Januar 1920 veräußert Schmidtschneider die Firma "Conrad Heinrichs Nachfolger (CHN)" an die Brüder Ludwig und Fritz Schildknecht.

Die Epoche Schildknecht[Bearbeiten]

Ludwig und Fritz Schildknecht[Bearbeiten]

Gemeinschaftlich übernahmen die Brüder Ludwig (geb. 23. September 1891 in Fürth; gest. 17. Juli 1969 in Fürth) und Fritz Schildknecht (geb. 1. Mai 1893 in Fürth; gest. 11. August 1954 in Fürth) die Firma "Conrad Heinrichs Nachfolger" (CHN) am 1. Januar 1920 von Georg Schmidtschneider zum Preis von 70.000 M. Auf dem Anwesen lastete eine Hypothek von 40.000 M zu Gunsten des Kaufmanns Sigmund Rothschild, die von den Brüdern übernommen wurde, sodass sie noch 30.000 M aufbringen mussten.[6] Ludwig hatte den Beruf des Kaufmanns im Textilhandel bei Rosenfelder erlernt. Fritz war Drogist und hatte am 19. Dezember 1919 das Giftprüfungszeugnis und die Gifthandelsbetriebserlaubnis durch den kgl. bayer. Bezirksarzt und Medizinalrat Dr. Spaet erworben.[3]
1922 kauften sie dem Brüderpaar Adam und Kaspar Schildknecht die ehemalige Scheune und den Pferdestall Pegnitzstraße 29 ab und wandelten dieses Besitztum als Lagerhaus - insbesondere für den Bimssteinmehl-Handel - um. Im Jahr 1923 übernahmen sie den Vertrieb von der "Rostschutztintur-Aeterna".

Elektr., batteriebetriebener Kleinlastwagen um 1930

1927 kauften sie den ersten "umweltfreundlichen" Lieferlastwagen der Maschinenfabrik Esslingen. Dies war ein Elektrolastwagen zum Preis von 4.600 RM mit Vollgummireifen und einer Batterie, die in der Ladestation Pegnitzstraße 29 immer aufgeladen wurde. 1938 kauften sie noch einen "Phaenomen"-Liefer-LKW[7] dazu, der aber bereits im Jahr darauf ab ersten Mobilmachungstag bereitzustellen war. Als Entschädigung erhielt CHN Papiere der "Sudetendeutschen Kraftstoffwerke", die sich im Nachhinein als wertlos herausstellten.[8]
Anlässlich einer Zwangsversteigerung ersteigerten die Brüder Schildknecht 1931 das Anwesen Würzburger Straße 62 und errichteten dort neben dem vermieteten Wohn- und Geschäftshaus zwei größere Lagerhallen für die Drogerie Conrad Heinrichs Nachfolger (CHN). 1934 kauften sie von der Reif'schen Erbengemeinschaft das Haus Rednitzhof 5 mit Anbau (Motorradgarage).[9]
Eine olfaktorische Aufmerksamkeit genoss die Drogerie Conrad Heinrichs Erben (CHN) durch die Kaffeerösterei, die meist donnerstags und freitags geschah.

100-jähriges Firmenjubiläum 1951 mit Kaufmannszug an der Fassade

Im Jahr 1935 wurde das Haus der Brüder L. und F. Schildknecht mit der Drogerie (Königstraße 17) innerhalb eines städtischen Fotowettbewerbes zum schönsten Haus prämiert.

Im Zweiten Weltkrieg setzt die Gauwirtschaftskammer Franken CHN auf die Liste der versorgungswichtigen Betriebe, Lieferungen erfolgen nur noch auf Bezugsscheine. Am 28. November 1944 erlitten die Königstraße 17 und der Rednitzhof 1 und 5 einen schweren Bombenschaden, am 21. Februar 1945 auch die Anlagen Würzburger Straße 29 und 62.

1951 feiert CHN am 25. März das 100-jährige Betriebsjubiläum und Ludwig Schildknecht malt für die Fassade der Königstraße 17 einen historisierenden Kaufmannszug. Am Scheitelpunkt des Giebels wurde ein "Handelswappen Schildknecht" mit einem Segelschiff angebracht, das auf die Warenannahme per Schiff hinweisen sollte.

Friedrich (Frieder) Schildknecht[Bearbeiten]

Verkaufsetiketten CHN

Nach dem Tode seines Onkels Fritz Schildknecht trat Frieder Schildknecht 1955 als Teilhaber an der "Drogerie Conrad Heinrichs Nachfolger" (CHN) ein. 1956 kaufte er ein neuwertiges Tempo-Dreirad der Marke "Hanseat"[10] für 2.400 DM (der alte "Tempo" wird mit 300 DM in Zahlung gegeben).[3] Im gleichen Jahr führte CHN als erste Fürther Drogerie den Betriebsurlaub ein.

Architektenzeichnung zur Schaufenstervergrößerung 1960


Im Herbst 1960 wurden an der Fassade Königstraße 17 die Schaufenster vergrößert, eine neue Leuchtschrift und eine Sandstein-Unterfassade angebracht. Seit dem Tod von Ludwig Schildknecht 1969 tritt dessen Ehefrau Babette in die Firma CHN ein und hält die Anteile bis zum 31. Dezember 1984. Danach ist Frieder Schildknecht einziger Geschäftsinhaber.

Eine breite Produktpalette wird mit teilweise bis zu 20 Mitarbeitern verarbeitet. Lagerhallen und Liegenschaften in der Pegnitzstraße, der Würzburger Straße, im Rednitzhof, der Königstraße und einer Lagerhalle an der Bahn (Gebhardtstraße) mit Gleisanschluss weisen CHN nicht nur als Ladengeschäft aus, das auch in der Umgebung von Fürth als Fach- und Spezialgeschäft nachgefragt ist.

Auszeichnung für die Kondomwerbung im Schaufenster 1973

Ab den frühen 70-er Jahren des 20. Jahrhunderts begann das "Drogeriesterben" in Fürth. Die Preis- und Vertriebsbindung geriet ins Wanken und ein zunehmender Konkurrenzkampf durch neueröffnete Marktketten und Großvertriebsformen setzte den Einzelhändlern vor Ort zu. Frieder Schildknecht macht noch einmal Furore, weil er es 1973 als erster wagte, Kondomwerbung ins Schaufenster zu stellen.
1980 verkaufte CHN das Lager Pegnitzstraße 29 wegen überhöhter Reparaturkosten an Detlef Biersack. Nachdem das City-Center 1985 in Fürth errichtet worden war, kamen etliche Drogerien in Fürth in Schieflage. Als auch noch Schlecker- und Müller-Drogeriemarkt ihre Filialen in Fürth eröffnen, schließen etliche alteingesessene Drogerien in Fürth wie: Peter Hergdt "Kleeblattdrogerie" (Eigenes Heim), Drogerie Seidel (Hardhöhe), Drogerie Bruno Ebert, Drogerie Römisch/Bräu Theaterstraße, Drogerie und Reform Ina Venohr (Bahnhofplatz), Drogerie Tischendorf/Witzsch (Schwabacher Straße), Drogerie Kirchner/Stäbler (Ecke Simon-/Amalienstraße).[11]

Frieder Schildknecht schließt seine Drogerie in der Königstraße 17 "Conrad Heinrichs Nachfolger" (CHN) am 31. März 1994. Als letzte echte Drogerie bestand in Fürth nur noch die Firma Dierig, Schwabacher Straße 158.

Siehe auch[Bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. vgl. Akte AGr. 5/834, Verkauf von Arznei- und Geheimmitteln durch unberechtigte Personen, hier Beschluss des Stadtmagistrats vom 11. Dezember 1854: „Bei dem Materialisten Conrad Heinrich dahier wurde eine Quantität Thee weggenommen, der infolge einer beigegebenen marktschreierischen Annonce als als sog. spanischer Kreuzthee verkauft und dem eine Heilkraft selbst für unzählige Krankheiten beigelegt wird während er nichts anderes als ein gewöhnlicher Brustthee ist, der in derselben Quantität, und welcher er unter obigem Namen für 12 Kreuzer verkauft wird, in jeder Apotheke für drei Kreuzer zu haben ist. In Folge der beigegebenen Anpreisung fällt dieser Thee unter die Kategorie der Geheimmittel, und hat sich daher Heinrich nicht nur des unerlaubten Verkaufes von Geheimmitteln schuldig gemacht, sondern zu einer unleugbaren Prellerei die Hand geboten.
    Da jedoch bei dem guten Leumund des Heinrich mit Grund anzunehmen ist, daß ihm selbst die betrügerische Absicht des Verkaufens fraglicher Thees unbekannt war, so soll ihm lediglich unter Verurtheilung in die Kosten und (Wegnahme?) des vorgefundenen Thees der weitere Verkauf desselben untersagt werden.
    Am 13. Dezember 1854 wurde Gerichtsarzt Dr. Wolfring um Aufschluss gebeten, „ob der dem Materialisten Heinrich weggenommen Thee zur Verwendung in der Krankenanstalt sich eignet, oder ob derselbe zu vernichten ist“. Die Antwort vom 14. Dezember 1854: „Da der fragliche Thee ähnlich wie der Brustthee … wirkt, so kann derselbe in der hiesigen Kranken-Anstalt zweckmäßige Verwendung finden.
    Im Intelligenz-Blatt der Stadt Fürth erschien am 14. Dezember eine Bekanntmachung des Stadtmagistrats: „Bei einem hiesigen Verkäufer wurde ein Thee weggenommen, der unter dem Namen „spanischer Kreuzthee“ ausgeboten und dem in einer beigegebenen marktschreierischen Annonce eine Heilkraft selbst für solche Krankheiten beigelegt wird, die oft sogar der angestrengtesten ärztlichen Bemühung und der zweckmäßigsten Medication mit den erprobtesten Mitteln Widerstand geleistet haben und leisten. Eine Untersuchung dieses Thee’s ergab, daß er nur ganz einfach, wie jeder Brustthee zu wirken vermöge, von welchem in jeder Apotheke für d r e i K r e u z e r eben soviel zu haben ist, als unter jener pomphaften Anpreisung für z w ö l f K r e u z e r verkauft wird. Da somit das Ganze auf eine Prellerei hinausläuft, so wird das Publikum vor dem Ankauf dieses Thee’s gewarnt.
  2. 2,0 2,1 Zeitungskopie ohne nähere Angabe in: "CHN, Conrad Heinrichs Nachfolger", Königstr. 17 - Firmengeschichte, Teil 1; Privatarchiv B
  3. 3,0 3,1 3,2 3,3 Zeittafel der Drogerie Heinrichs Nachfolger, in: "CHN, Conrad Heinrichs Nachfolger", Königstr. 17 - Firmengeschichte, Teil 1; Privatarchiv B
  4. Diese Teilhaberschaft ergibt sich auch aus unterschiedlichen Protokollen in: Stadtarchiv Fürth, AGr. 5/790: Drogenhandlung Heinrichs Nachfolger (Schildknecht). Königsstr. 17; so z.B. Protokoll über die am 28. Dezember 1906 vorgenommene Visitation der Drogenhandlung von Konrad Heinrich’s Nachfolger, Inhaber Georg Schmidtschneider u. Wilhelm Derr, Königsstraße 17.
    Am 16. Oktober 1914 wurde die Drogenhandlung im Anwesen Königsstraße 17 gemustert und im Protokoll darüber wird als alleiniger Inhaber Georg Schmidtschneider, wohnhaft Königsstraße 17, benannt.
  5. Der Antrag dafür findet sich in Akte Stadtarchiv Fürth, AGr. 5/790: Drogenhandlung Heinrichs Nachfolger (Schildknecht). Königsstr. 17 (1904 – 1936) in einem Protokoll vom 7. Nov. 1904: Herr Johann Georg Josef Schmidtschneider Kaufmann geb. 22. Juni 1866 zu Nürnberg u. Herr Wilhelm Derr geboren am 15. Januar 1865 zu Kitzingen, beide Inhaber der Firma Konr. Heinrichs Nachfolger, Colonial- u. Drogengeschäft, bitten um Genehmigung zum Verkauf von Giften an Privatpersonen. Beide sind gelernte Drogisten. Derr betreibt das Geschäft seit 18 Jahren, Schmidtschneider ist seit 3 Jahren beteiligt.
    i. Auftrage Georg Schmidtschneider - (Die Genehmigung wurde dann am 26. Nov. 1904 an beide erteilt)
  6. vgl. Kaufurkunde vom 07.01.1920, in "Zeittafel Drogerie Conrad Heinrichs Nachfolger (CHN)", Teil 1; Privatarchiv B
  7. Phaenomen-LKW, siehe online
  8. ebenda
  9. ebenda
  10. Tempo-Dreirad "Hanseat", siehe online
  11. alle Angaben nach "Zeittafel Drogerie Conrad Heinrichs Nachfolger (CHN)", Teil 1; Privatarchiv B

Bilder[Bearbeiten]