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|Objekt=[[Jüdischer Friedhof#Alter Jüdischer Friedhof Fürth|Alter Israelitischer Friedhof]] | |Objekt=[[Jüdischer Friedhof#Alter Jüdischer Friedhof Fürth|Alter Israelitischer Friedhof]] | ||
|AktenNr=D-5-63-000-1452 | |AktenNr=D-5-63-000-1452 | ||
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|DenkmalstatusBesteht=Ja | |DenkmalstatusBesteht=Ja | ||
|Quellangaben=[http://www.geodaten.bayern.de/denkmal_static_data/externe_denkmalliste/pdf/denkmalliste_merge_563000.pdf BLfD - Denkmalliste Fürth] | |Quellangaben=[http://www.geodaten.bayern.de/denkmal_static_data/externe_denkmalliste/pdf/denkmalliste_merge_563000.pdf BLfD - Denkmalliste Fürth] | ||
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Der „Alte Jüdische Friedhof'“ („Judenheckisch“) stammt aus dem Jahre [[1607]]. Er befindet sich in der Nähe der [[Stadthalle]] am Abhang zur [[Rednitz]]. | Der „Alte Jüdische Friedhof'“ („Judenheckisch“) stammt aus dem Jahre [[1607]]. Er befindet sich in der Nähe der [[Stadthalle]] am Abhang zur [[Rednitz]]. | ||
==Geschichte== | ==Geschichte== | ||
[[Datei:Errichtung einer Leichenhalle.Plan Evora,.png|mini|right|Planzeichnung Evora für Leichenhalle, 1869]] | |||
[[Datei:Plan Friedhofstor A- J- Friedhof 1870.jpg|mini|right|Planzeichnung Evora für Eingangstor Friedhof, 1870]] | |||
[[Datei:Eingangspforten Jüdischer Friedhof.JPG|mini|Ehemaliger Eingang des Friedhofs an der Nordmauer, ursprünglich zur Rednitzstraße (heute an der Rosenstraße und meist eingewachsen)]] | [[Datei:Eingangspforten Jüdischer Friedhof.JPG|mini|Ehemaliger Eingang des Friedhofs an der Nordmauer, ursprünglich zur Rednitzstraße (heute an der Rosenstraße und meist eingewachsen)]] | ||
[[Datei:Grabstein Moses Fulda.jpg|mini|hochkant|Ältester noch erhaltener Grabstein für Moses Fulda, gestorben und beerdigt am 4. November 1654]] | [[Datei:Grabstein Moses Fulda.jpg|mini|hochkant|Ältester noch erhaltener Grabstein für Moses Fulda, gestorben und beerdigt am 4. November 1654]] | ||
Die umgangssprachliche Bezeichnung ''Judenheckisch'' kommt von ''Hekdesch'', einer alten hebräischen Bezeichnung für Armen- oder Krankenhaus, und verweist darauf, dass sich unmittelbar am Friedhof, der 1607 am Hang der Rednitz errichtet wurde, ein Spital befand.<ref>Armin Leberzammer: ''Auf den Spuren der jüdischen Vergangenheit''. In: Fürther Nachrichten vom 1. Februar 2022</ref> | Die umgangssprachliche Bezeichnung ''Judenheckisch'' kommt von ''Hekdesch'', einer alten hebräischen Bezeichnung für Armen- oder Krankenhaus, und verweist darauf, dass sich unmittelbar am Friedhof, der 1607 am Hang der Rednitz errichtet wurde, ein Spital befand.<ref>Armin Leberzammer: ''Auf den Spuren der jüdischen Vergangenheit''. In: Fürther Nachrichten vom 1. Februar 2022</ref> Im gleichen Jahr 1607 gestattete der Markgraf von Ansbach am 26. August dass auch seine Schutzjuden auf dem dompröbstischen Areal bestattet werden durften.<ref>Gisela Naomi Blume: [[Der alte jüdische Friedhof in Fürth (Buch)|Der alte jüdische Friedhof in Fürth]], S. 22</ref> | ||
Aufgrund der Wiederansiedlung von Juden in Nürnberg seit [[1850]] wurde der Friedhof bis [[1863]] auch von Nürnberger Juden belegt. Im November 1863 kündigte die jüdische Gemeinde Fürth dieses Mitbenutzungsrecht, am 28. Februar [[1864]] weihte der Fürther Rabbiner [[Isaac Loewi]] den [[Wikipedia:Alter Jüdischer Friedhof (Nürnberg)|Alten Jüdischen Friedhof]] in Nürnberg an der heutigen Bärenschanzstraße (der mittelalterliche Friedhof lag an der heutigen Münzgasse). | * Der Friedhof ist seit [[1653]] mit einer hohen Mauer umgeben, nachdem er durch Ankauf eines Feldes vom Bierbrauer Singer erweitert werden konnte.<ref>Gisela Naomi Blume: [[Der alte jüdische Friedhof in Fürth (Buch)|"AJF"]], S. 24</ref> Während des Baus der Mauer ereignete sich im Oktober 1653 die erste Schändung, als Grabsteine zerschlagen und ins Wasser geworfen wurden.<ref>ebenda</ref> | ||
* Seit 1662 wurde ein Sterberegister geführt, in dem über 20 000 Bestattungen verzeichnet sind.<ref>Gisela Naomi Blume: [[Der alte jüdische Friedhof in Fürth (Buch)|"AJF"]], S. 25</ref> | |||
* 1666 wurde das erste [[wikipedia:Tahara|Taharahaus]] gebaut.<ref>ebenda</ref> | |||
* 1716 weiterer Grunderwerb; ein Türchen an der Weiherstraße, das bis 1944 existierte.<ref>Gisela Naomi Blume: [[Der alte jüdische Friedhof in Fürth (Buch)|"AJF"]], S. 27 f</ref> | |||
* 1724 erneute Vergrößerung.<ref>Gisela Naomi Blume: [[Der alte jüdische Friedhof in Fürth (Buch)|"AJF"]], S. 29</ref> | |||
* 1751 war die zweite bekannte Friedhofschändung.<ref>Gisela Naomi Blume: [[Der alte jüdische Friedhof in Fürth (Buch)|"AJF"]], S. 31</ref> | |||
* 1782 beträchtliche Erweiterung um etwa 8200 qm.<ref>Gisela Naomi Blume: [[Der alte jüdische Friedhof in Fürth (Buch)|"AJF"]], S. 34</ref> | |||
* ab 1836 eine Serie von Schändungen. Bis 1858 beschwerte sich die Judenschaft elf mal beim Stadtmagistrat über "Unfug im Friedhof".<ref>Gisela Naomi Blume: [[Der alte jüdische Friedhof in Fürth (Buch)|"AJF"]], S. 36</ref> | |||
* am 21. Juli 1841 brannte das Häuschen der [[Chewra Kadischa]] nach einem Blitzschlag ab. | |||
* 1846 wurde das [[Jüdisches Krankenhaus#Neues jüdisches Hospital|neue Jüdische Kankenhaus]] in der Theaterstraße gebaut. Ab da an diente das alte Hospital als Wohnung des Friedhofaufsehers.<ref>Gisela Naomi Blume: [[Der alte jüdische Friedhof in Fürth (Buch)|"AJF"]], S. 38</ref> | |||
* Aufgrund der Wiederansiedlung von Juden in Nürnberg seit [[1850]] wurde der Friedhof bis [[1863]] auch von Nürnberger Juden belegt. Im November 1863 kündigte die jüdische Gemeinde Fürth dieses Mitbenutzungsrecht, am 28. Februar [[1864]] weihte der Fürther Rabbiner [[Isaac Loewi]] den [[Wikipedia:Alter Jüdischer Friedhof (Nürnberg)|Alten Jüdischen Friedhof]] in Nürnberg an der heutigen Bärenschanzstraße (der mittelalterliche Friedhof lag an der heutigen Münzgasse). | |||
* ab 1869 begann die Planung für eine neue Leichenhalle, die 1871 fertiggestellt war und vier Jahre später ein neues Friedhofstor in der Rednitzstraße.<ref>Gisela Naomi Blume: [[Der alte jüdische Friedhof in Fürth (Buch)|"AJF"]], S. 43</ref> | |||
* am [[28. Oktober]] [[1870]] wurde ein [https://www.fuerthwiki.de/wiki/index.php?title=Datei:Friedhof_Regulativ_Druckform.pdf Regulativ] für die Nutzung des Leichenhauses erlassen. | |||
* 1880 erwarb die israelitische Kultusgemeinde ein Areal an der Erlanger Straße für einen neuen Friedhof. Dieser [[Neuer Jüdischer Friedhof|Neue Jüdische Friedhof]] wurde mit der Beerdigung von Marie Hamburger am [[1. Februar]] [[1906]] in Betrieb genommen, auf dem alten Friedhof wurden nur noch Familienmitglieder auf reservierten Plätzen 'xbei ihren Vätern begraben.''<ref>Gisela Naomi Blume: [[Der alte jüdische Friedhof in Fürth (Buch)|"AJF"]], S. 45</ref> | |||
Der alte jüdische Friedhof in Fürth erlitt in der Epoche des Nationalsozialismus schwere Beschädigungen. Bereits [[1934]] durch einen Straßenausbau im Bereich [[Bogenstraße]]/[[Weiherstraße]], wobei an der Südwestecke ein Teil abgetrennt wurde und 60 Kindergräber umgebettet werden mussten.<ref>[[Israelitisches Gemeindeblatt|Nürnberg-Fürther israelitisches Gemeindeblatt]] vom 1. September 1934, sowie [[Monika Berthold-Hilpert]]: [[Orte der Verfolgung und des Gedenkens in Fürth (Broschüre)|Orte der Verfolgung und des Gedenkens in Fürth]], S. 11</ref> ebenso durch Grabschändungen in der [[Reichspogromnacht in Fürth|Reichspogromnacht]] November 1938 und - leider gerade im ältesten Teil - durch den Einschlag von drei schweren Fliegerbomben im Jahre [[1944]]. Die Wucht der Detonationen war so groß, dass Grabsteine in die Dächer der Anwesen [[Weiherstraße 9]] und 10 flogen.<ref>[[Der alte jüdische Friedhof in Fürth (Buch)]], S. 31, 48 ff.</ref> Gegen Kriegsende, ebenfalls noch 1944, wurden zudem etliche Gräber und Grabsteine entfernt, um einem [[Wikipedia:Löschwasserteich|Löschteich]] im Mittelteil Platz zu machen. Der ursprüngliche Eingang wurde zugemauert und Grabsteine an einen nichtjüdischen Steinmetz verkauft. Außerdem wurde das [[Rednitzstraße 32|Taharahaus]] sowie das alte Krankenhaus abgetragen.<ref>[[Monika Berthold-Hilpert]]: [[Orte der Verfolgung und des Gedenkens in Fürth (Broschüre)|Orte der Verfolgung und des Gedenkens in Fürth]], S. 11</ref> | Der alte jüdische Friedhof in Fürth erlitt in der Epoche des Nationalsozialismus schwere Beschädigungen. Bereits [[1934]] durch einen Straßenausbau im Bereich [[Bogenstraße]]/[[Weiherstraße]], wobei an der Südwestecke ein Teil abgetrennt wurde und 60 Kindergräber umgebettet werden mussten.<ref>[[Israelitisches Gemeindeblatt|Nürnberg-Fürther israelitisches Gemeindeblatt]] vom 1. September 1934, sowie [[Monika Berthold-Hilpert]]: [[Orte der Verfolgung und des Gedenkens in Fürth (Broschüre)|Orte der Verfolgung und des Gedenkens in Fürth]], S. 11</ref> ebenso durch Grabschändungen in der [[Reichspogromnacht in Fürth|Reichspogromnacht]] November 1938 und - leider gerade im ältesten Teil - durch den Einschlag von drei schweren Fliegerbomben im Jahre [[1944]]. Die Wucht der Detonationen war so groß, dass Grabsteine in die Dächer der Anwesen [[Weiherstraße 9]] und 10 flogen.<ref>[[Der alte jüdische Friedhof in Fürth (Buch)]], S. 31, 48 ff.</ref> Gegen Kriegsende, ebenfalls noch 1944, wurden zudem etliche Gräber und Grabsteine entfernt, um einem [[Wikipedia:Löschwasserteich|Löschteich]] im Mittelteil Platz zu machen. Der ursprüngliche Eingang wurde zugemauert und Grabsteine an einen nichtjüdischen Steinmetz verkauft. Außerdem wurde das [[Rednitzstraße 32|Taharahaus]] sowie das alte Krankenhaus abgetragen.<ref>[[Monika Berthold-Hilpert]]: [[Orte der Verfolgung und des Gedenkens in Fürth (Broschüre)|Orte der Verfolgung und des Gedenkens in Fürth]], S. 11</ref> | ||
Die spätere [[U.S. Army|amerikanische Besatzungsmacht]] unterstützte nach dem Krieg die mühselige Arbeit Knochen aus den riesigen Erdhügeln wieder aufzufinden, was die Überlebenden aus den Konzentrationslagern unter der Führung von Rabbiner [[David Spiro]] in einem Sammelgrab zur letzten Ruhe zu betten.<ref>Mose N. Rosenfeld: ''The Rav of Fürth'', 2021, S. 380</ref> Die noch auffindbaren Steine wurden ebenfalls neu aufgestellt, allerdings entgegen der üblichen jüdischen Tradition nach Westen ausgerichtet. Damit bilden sie heute eine auffällige Gedenkstätte inmitten des historischen Friedhofs.<ref>Armin Leberzammer: ''Auf den Spuren der jüdischen Vergangenheit''. In: Fürther Nachrichten vom 1. Februar 2022</ref> | Die spätere [[U.S. Army|amerikanische Besatzungsmacht]] unterstützte nach dem Krieg die mühselige Arbeit Knochen aus den riesigen Erdhügeln wieder aufzufinden, was die Überlebenden aus den Konzentrationslagern unter der Führung von Rabbiner [[David Spiro]] in einem Sammelgrab zur letzten Ruhe zu betten.<ref>Mose N. Rosenfeld: ''The Rav of Fürth'', 2021, S. 380</ref> Die noch auffindbaren Steine wurden ebenfalls neu aufgestellt, allerdings entgegen der üblichen jüdischen Tradition nach Westen ausgerichtet. Damit bilden sie heute eine auffällige Gedenkstätte inmitten des historischen Friedhofs.<ref>Armin Leberzammer: ''Auf den Spuren der jüdischen Vergangenheit''. In: Fürther Nachrichten vom 1. Februar 2022</ref> | ||
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=== Beschreibung des Baudenkmals === | === Beschreibung des Baudenkmals === | ||
"Nordteil | "Nordteil 1607 angelegt, um 1800 nach Süden zu erweitert, mit über 1000 (richtig: 6122) Grabsteinen vom 17. bis zum frühen 20. Jahrhundert; Friedhofsmauer, z. T. verputzte Sandsteinquadermauer, frühes 17. Jahrhundert und frühes 19. Jahrhundert." Über dem ehemaligen Eingangsportal stand כית חיים - „Haus der Lebendigen“ und rechts am Eingang liest man an einem länglichen Stein den Vers aus dem Buch Hiob 3,22: „השמחים כי ימצאו קבר“ - „Sie freuen sich, dass sie das Grab gefunden.“<ref>Andreas Würfel: [[Historische Nachricht von der Judengemeinde in dem Hofmarkt Fürth (Buch)|Historische Nachricht von der Judengemeinde in dem Hofmarkt Fürth]], 1754, S. 35, § 5</ref> | ||
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* [https://juedisch-in-fuerth.repositorium.gf-franken.de/files/JiF/Bilder/Orte/Rednitzstrasse.pdf Taharahaus] Rednitzstraße 32 | * [https://juedisch-in-fuerth.repositorium.gf-franken.de/files/JiF/Bilder/Orte/Rednitzstrasse.pdf Taharahaus] Rednitzstraße 32 | ||
* „Nutzung des Friedhofs durch die Religionsgemeinde Nürnberg“ in Akt CAHJP, Gemeinde Fürth D-Fu1-594 [https://dfg-viewer.de/show?tx_dlf%5Bdouble%5D=0&tx_dlf%5Bid%5D=https%3A%2F%2Fwww.gda.bayern.de%2Fmets%2Fb2ca37f0-81ac-4433-b804-def53dc285b0&tx_dlf%5Bpage%5D=4&cHash=94d8b2194c380ad19b6cd422cd0b1260 online] | * „Nutzung des Friedhofs durch die Religionsgemeinde Nürnberg“ in Akt CAHJP, Gemeinde Fürth D-Fu1-594 [https://dfg-viewer.de/show?tx_dlf%5Bdouble%5D=0&tx_dlf%5Bid%5D=https%3A%2F%2Fwww.gda.bayern.de%2Fmets%2Fb2ca37f0-81ac-4433-b804-def53dc285b0&tx_dlf%5Bpage%5D=4&cHash=94d8b2194c380ad19b6cd422cd0b1260 online] | ||
* [https://sammlungen.ub.uni-frankfurt.de/freimann/content/titleinfo/409816 Johann C. Bodenschatz: Kirchliche Verfassung der heutigen Juden], sonderlich derer in Deutschland : in IV Haupt-Theile abgefasset; hier Teil IV, 1749</br> | |||
**„Die 2. Section - Von dem Sterbenden, Todten und dessen Zurüstung zum Begräbniß“. S. 169 - 171;</br> | |||
**„Die 3. Section - Von dem Begräbniß der Todten“, S. 171 - 176;</br> | |||
**„Die 4. Section - Von der jüdischen Trauer“, S. 177 - 180</br> | |||
**mit Abbildungen des [[Alter Jüdischer Friedhof|Alten Jüdischen Friedhofs]] in Fürth | |||
==Einzelnachweise== | ==Einzelnachweise== | ||
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