Der Große Prozess um den Stadtwald

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Im 18. Jahrhundert war Der große Prozess um den Stadtwald über lange Jahre ein Streit um die Verantwortlichkeiten und die Nutzung der Gebiete um den Stadtwald. Wegen der besonderen Hoheitsverhältnisse in Fürth dauerte der Rechtsstreit etwa 60 Jahre.

Die Ausgangslage

Den Differenzen um den Stadtwald mit den östlichen Nachbargemeinden lagen die verworrenen Herrschafts- und Gerichtsverhältnisse in Fürth zugrunde. Geklärt werden musste, wer im Prozess zuständig war, die Dompropstei Bamberg bzw. dessen Ehegericht in Fürth oder das kaiserliche Landgericht des Burggrafentum Nürnberg in Ansbach. Der Reichshofrat in Berlin musste schließlich entscheiden.

Die Streitigkeiten

Während des Prozesses kam es zu Tätlichkeiten, die bekannt wurden unter dem Titel Farrnbacher Ochsen- und Wagenpfändung. Die Farrnbacher und Atzenhofer wollten sich am 7. Oktober 1727 die nach ihrer Meinung vorenthaltenen Nutzungen im Wald in der Fürberg – ohne Absprache mit dem Fürther Gemeindeförster – holen und erschienen mit 18 Wagen und fast 200 Leuten, um dort Streu zu rechen. Auf die Meldung des Försters hin eilte ein große Anzahl Fürther mit Bürgermeistern, nebst einem Kommando von dreizehn in Fürth stationierten ansbachischen Soldaten zur Vertreibung der Bauern in den Wald. Sie traktierten die Bauern mit Schlägen und Rippenstößen, nahmen den Oberfarrnbachern fünf Wagen mit zwölf Zugochsen, den Unterfarrnbachern zehn Wagen mit 22 Ochsen sowie drei Pferden und den Atzenhöfern drei Wagen mit sechs Ochsen mit Gewalt ab und brachten sie nach Fürth. Die wegen des „Waldfrevels“ „gepfändeten“ Sachen (Vieh und Wagen) wurden beim Schlüsselwirt, dem Wirt zum Blauen Schlüssel, und dem Wirt zum Roten Ross untergestellt. Der Streit um die Herausgabe und dann der Verkauf der Pfänder führte zur Erbitterung und Feindschaft der Nachbarn gegenüber Fürth, auch weil die Burgfarrnbacher Herrschaft, Graf Pückler, gegen den Rückkauf war. Die Farrnbacher beschwerten sich beim Reichshofrat. Die Fürberger Ochsen- und Wagenpfändung endete 1735 mit einer Zahlung an die Farrnbacher durch die Fürther Gemeinde und Fürth hatte einen Schaden von mehr als 2000 Gulden.

Auch um das „eigenmächtige“ Steinebrechen von Farrnbacher Einwohnern in der Fürberg ging es in einem Nebenprozess. Eine Beschwerde der Fürther Bürgermeister über den Grafen Pückler gab es 1733, weil dieser die Steine nicht anmeldete, die er zu seinem Schlossbau sowie einem neuen Marstall und Einfassung des Gartens verwendete. Auch darin kann wieder die Rivalität zwischen Fürth und Burgfarrnbach gesehen werden. Ein notarieller Vertrag und ein Dekret des Reichshofrats sollten Missbräuche verhindern, insbesondere sollte der Graf keine neuen Brechplätze anlegen und die Fürberg „verwüsten“, so die Beschwerde der Fürther Bürgermeister 1735 beim Dompropst.

Streit ums Holz

Außerdem ging es beim Streit um den Stadtwald um das Weg- und Stegholz. Da sich aber 1733 die Farrnbacher in einer Nacht 21 große Föhren und zwölf Fichten aus der Fürberg holten, wurde wieder von den Fürthern der Reichshofrat angerufen. Den Farrnbacher wurde bei strenger Strafe verboten, eigenmächtig in der Fürberg Holz zu holen, Eicheln zu schlagen oder dergleichen vorzunehmen. Eicheln wurden als Schweinefutter verwendet. Man holte sie wagenweise aus dem Wald.

Lehmgraben (Laimengraben) und verrückte Grenzsteine

Die landfriedenbrüchigen Einfälle der Farrnbacher konnte der Fürther Waldförster Gruber bezeugen. Die Einwände der Farrnbacher gingen dann dahin, dass an der Grenze zwischen Stadtwald und der Farrnbacher Markung Laim (Lehm) gegraben worden sei. Dann wurde behauptet, die Grenzsteine seien umgesetzt worden. Das konnte letztlich nicht geklärt werden. Die Gemarkung in der Fürberg sei nicht ganz sicher und einwandfrei.

Sachverständige Förster stellten in einem Augenscheinsbericht von 1747 fest, dass der Wald durch übermäßiges Behüten und andere Unordnungen sehr forstwidrig traktiert und sehr verösigt (= kahl, verödet) und dünngemacht worden sei. Deshalb müsse die Abgabe von Holzklafter (an die Farrnbacher!) eingeschränkt werden. Ein weiteres Abholzen der Fürberg sei nicht mehr zu verantworten.

Pläne ab 1747

1747 wurde ein genauer Plan nach Vermessung erstellt und beschrieben. Den Auftrag dazu hatte der Ansbacher Kanzleirat Johann Georg Hoffmann erhalten, der sich dazu mit zwei Wildmeistern nach Fürth begeben hatte. Den Plan fertigte der Kupferstecher Schneider auf Pergament. Der Plan und die Schilderung geben ein genaues Bild vom Zustand des Waldes um die Mitte des 18. Jahrhunderts.

Wegen der Verschleppung des Prozesses durch die Fürther Bürgermeister und Syndici (Anwälte) und durch das rücksichtslose Vorgehen der Waldfrevler mit Hacken und Beilen, größtenteils Oberfarrnbacher, die selbst den Förster mit schlimmsten Drohungen verjagten, erließ die Dompropstei im April 1747 gegen alle eine Verfügung mit allgemeinem Waldverbot. Nur bei Windbrüchen, also nach großem Sturm, wurde viel gefallenes Holz aus dem Wald geholt. Nachträgliche Strafen an die Fürther Bürgermeister wurden von den Frevlern gezahlt. Am 7. November 1750, kamen die streitenden Parteien vor dem Michaelis-Heeg-Gericht in Fürth zusammen. Zeugen sagten aus. Die Fehde dauerte aber weiter, bis es schließlich 1777 zu einem Vergleich kam. 1773 begannen Verhandlungen, um zu einem Vergleich zu kommen im Sinne einer Teilung der Fürberg. Die Fürther Bürgermeister holten sich in einer Gemeindeversammlung das Einverständnis der Gemeindsmitglieder zu einer gütlichen Vereinbarung mit den Farrnbachern ein. Die Dompropstei drängte zu einer Einigung. Dazu kam es am 7. Februar 1777. Ein endgültiger Vergleich wurde in Fürth anlässlich des Drei-König-Heeggerichts unterzeichnet. Die Waldabteilungen wurden festgelegt und provisorisch verpflockt. Die Farrnbacher Teile waren da aber schon in einem schlechten Zustand, weil er fast kein hiebiges Holz mehr enthielt. Der Fürther Gemeindeteil war vor allem durch die Aufsicht durch den Gemeindeförster vor größeren Einschlägen bewahrt und nicht so ausgebeutet worden. Die Hut-Gerechtigkeit wurde auch geregelt. Dem Vieh sollte der ganze Wald offen stehen, aber bestimmte Plätze konnten im Interesse des Aufforstens für die Herden gesperrt werden. Die hitzigen Fehden zwischen den Parteien dauerten sechs Jahrzehnte lang. Sie hatten nicht nur die Bürgermeister, das Gemeindepersonal und die Gemeinde selbst sowie die Nutzer mittels Werkzeugen und sogar Fäusten beschäftigt, sondern auch viele Anwälte und Gerichte in den Prozessen.[1]

Siehe auch

Literatur

  • Inaugural-Dissertation von Otto Ostermeier an der Juristischen Fakultät der F.A.-Universität Erlangen: Der Prozess um den Fürther Stadtwald (1716-1776), Stadtbibliothek Fürth, 80.319.4.

Einzelnachweise

  1. Recherchen Peter Frank, 2024