Bernhard Purin

Purin Bernhard.jpg
Bernhard Purin, 2016
Person
Bernhard Purin
Vorname
Bernhard
Nachname
Purin
Geschlecht
männlich
Geburtsdatum
6. Oktober 1963
Geburtsort
Bregenz
Todesdatum
18. Februar 2024
Todesort
München
Beruf
Direktor
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Bernhard Purin (geb. 6. Oktober 1963 in Bregenz, gest. 18. Februar 2024 in München) war Kulturwissenschaftler und erster Direktor des Jüdischen Museums Franken. Zum Zeitpunkt seines überraschenden Ablebens war er Direktor des Jüdischen Museums München.[1][2]

Karriere

Bernhard Purin war ein Sohn des österreichischen Architekten Hans Purin (1933–2010) und ein Enkel des österreichischen Malers Hans Purin (1898–1989).[3] Er studierte von 1985 bis 1990 Empirische Kulturwissenschaft und Neuere Geschichte in Tübingen. 1995 kam der damalige Kurator am Jüdischen Museum Wien nach Franken um das Jüdische Museum mit den beiden Häusern Schnaittach (Eröffnung: 1996)[4] und Fürth (Eröffnung: 1999) aufzubauen. Erfahrung hatte er hierfür 1990-1991 als Projektleiter für den Aufbau des Jüdischen Museum Hohenems in Vorarlberg/Österreich gesammelt.

Purin wurde 2003 von der Stadt München zum Gründungsdirektor des Jüdischen Museums München berufen, das er 2007 eröffnen konnte und dessen Leitung er bis zuletzt innehatte.[5][3][6]

Purin starb unerwartet im Alter von 60 Jahren. Er lebte zuletzt in München und Rosenburg (Niederösterreich) und wurde am Friedhof Mariahilf in Bregenz bestattet.[7][3]

Wirken und Kritik in Fürth

Purin, der vielen als ironiebegabt, zuweilen ätzend-sarkastisch galt[8], geriet mit seinem Konzept des Ortes „ständiger Auseinandersetzung“ immer wieder in heftigen Streit mit den Führungsgruppen der israelitischen Kultusgemeinden Fürths und Nürnbergs.[9] Wiederholt forderten sie seinen Rücktritt. Höhepunkte waren 2001 die kommentierte Vorführung des nationalsozialistischen Propagandafilms „Jud Süß“[10][11][12][13] und 2002 die satirische Ausstellung Feinkost Adam© der jüdischen Künstlerin Anna Adam.[14][15][2] Diese Kontroversen überschatteten Purins Erfolge, wie den 2002 nur knapp verpassten „Europäischen Museumspreis“ und seine Vorstandsmitgliedschaft in der Association of European Jewish Museums (2001-2007). Während seiner Amtszeit vermochte sich Purin stets gegen die Gemeinden durchzusetzen und die Unabhängigkeit der konzeptionellen Darstellung zu wahren. Jedoch kommentiert er seinen Weggang 2003 mit den Worten: „Ich verlasse ein sinkendes Schiff“.[8]

In einem Interview mit der Jüdischen Allgemeinen äußerte er sich später zum Konflikt:

„Fürth war eine spezielle Situation, bei der man sieht, dass man in der Provinz, und Fürth ist Provinz, nicht alles machen kann. Es ging wohl sehr stark um die Deutungshoheit über jüdische Geschichte, die zuvor ausschließlich bei der Jüdischen Gemeinde lag.[16]

Veröffentlichungen (Auswahl)

  • Bernhard Purin: Die Juden von Sulz. Eine jüdische Landgemeinde in Vorarlberg 1676 - 1744. Hrsg. in Zusammenarbeit mit der Johann-August-Malin-Gesellschaft. Bregenz: Vorarlberger Autoren-Gesellschaft 1991, 180 S., ISBN 3-900754-11-X (Studien zur Geschichte und Gesellschaft Vorarlbergs; 9)
  • Bernhard Purin (Hrsg.): Jüdisches Museum Franken, Fürth und Schnaittach. Texte von Monika Berthold-Hilpert ... . München; London; New York: Prestel, 1999, 95 S., ISBN 3-7913-2205-2 (Prestel-Museumsführer compact)
  • Jutta Fleckenstein und Bernhard Purin (Hrsg.): Jüdisches Museum München = Jewish Museum Munich. München; Berlin; London; New York: Prestel, März 2007, 96 S., ISBN: 978-3-7913-3826-2 (Text dt. und englisch)
  • Lilian Harlander, Bernhard Purin (Hrsg.): Bier ist der Wein dieses Landes. München, volk.verlag, 2016, ISBN: 978-3-86222-211-7
 UntertitelErscheinungsjahrAutorVerlagGenreAusfuehrungSeitenzahlISBNnr
Buch der Erinnerung (Broschüre)Das Wiener Memorbuch der Fürther Klaus-Synagoge1999Bernhard Purin
Feicitas Heiman-Jelinek
Magnus Weinberg
EigenverlagAusstellungskatalogSoftcover603-9805388-6-9
Jüdisches Museum Franken (Broschüre)Fürth & Schnaittach1996Monika Berthold-Hilpert
Bernhard Purin
Silke Colditz-Heusl
EigenverlagSachbuchSoftcover24


Literatur

  • Alexander Mayer: Das Abschiedsinterview: Bernhard Purin. In: Altstadtbläddla, Altstadtverein St. Michael Fürth, Ausgabe 37, 2003 - online

Lokalberichterstattung

  • Matthias Boll: Ein Glücksfall nicht nur für Fürth, in: Fürther Nachrichten vom 21. Februar 2024, S. 3 (Druckausgabe) bzw. Trauer um Museumsmacher: Warum Bernhard Purin ein Glücksfall nicht nur für Fürth war In: nordbayern.de NN+ vom 21. Februar 2024 - online (Bezahlschranke)

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Jim Tobias: Mitten aus dem Leben gerissen. In: haGalil.com, haGalil e.V., München; vom 19. Februar 2024, aufgerufen am 24. Oktober 2025 - online
  2. 2,0 2,1 Martina Scherf: Nachruf. Bernhard Purin überraschend gestorben. In: SZ online, Süddeutsche Zeitung GmbH, München; vom 20. Februar 2024, aufgerufen am 25. Oktober 2025 - online
  3. 3,0 3,1 3,2 Artikel Bernhard Purin aus der freien Enzyklopädie Wikipedia. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
  4. Isabel Krieger: Jüdisches Museum in Schnaittach ist 20 Jahre alt. Einst eine Synagoge. In: n-land.de, Medienverbund Nürnberger Land GmbH & Co. KG, Hersbruck, vom 19. Mai 2016, aufgerufen am 25. Oktober 2025 - online
  5. Mit einer gewissen Heiterkeit. In: Merkur.de, Münchener Zeitungs-Verlag GmbH & Co. KG, München; vom 9. Februar 2007, aufgerufen am 25. Oktober 2025 - online
  6. 1963–2024. Österreichischer Kulturwissenschafter Bernhard Purin gestorben. In: derStandard.de, STANDARD Verlagsgesellschaft m.b.H., Wien; vom 20. Februar 2024, abgerufen am 25. Oktober 2025 - online
  7. Todesanzeige von Bernhard Purin. In: todesanzeigen.vn.at. 17. März 2024, abgerufen am 25. Oktober 2025 - online
  8. 8,0 8,1 Matthias Boll: "Ort der Aufklärung - Das Jüdische Museum in Fürth wird zehn Jahre alt", Fürther Nachrichten vom 16. September 2009
  9. Eva-Maria Graw: Streit um Jüdisches Museum eskaliert. In: Welt online, Axel Springer Deutschland GmbH, Berlin; vom 10. März 2001, aufgerufen am 25. Oktober 2025 - online
  10. Joseph Süß Oppenheimer - auch diffamierend Jud Süß - (geb. Februar oder März 1698 in Heidelberg; gest. 4. Februar 1738 bei Stuttgart am Galgen), war Finanzberater (Hoffaktor) des Herzogs Karl Alexander von Württemberg. Es existiert die Vermutung, dass Joseph Süß Oppenheimer auf dem Alten Jüdischen Friedhof in Fürth beerdigt wurde, was aber nach heutigem Stand weder belegt noch widerlegt werden kann. 1940 wurde der nationalsozialistische Propagandafilm „Jud Süß“ gedreht, der die historischen Tatsachen im antisemitischen Sinn verändert indem Joseph Süß Oppenheimer alle antisemitischen Stereotypen wie Habgier, Feigheit, Hinterlist, sexuelle Bedrohung arischer Frauen, Ausbeuterei bis hin zur jüdischen Weltverschwörung zugeordnet wurden. Quelle: Der Film "Jud Süß". In: LeMO, Stiftung Deutsches Historisches Museum, Berlin, aufgerufen am 25. Oktober 2025
  11. Andrea Übelhack: Streit in Fürth geht weiter: Darf ein Museum den Nazifilm "Jud Süß" zeigen? In: haGalil.com, haGalil e.V., München; vom 13. Februer 2001, aufgerufen am 25. Oktober 2025 - online
  12. Martin Droschke: Polizeischutz für Propaganda. In: taz.de, taz Verlags u. Vertriebs GmbH, Berlin; vom 27. Februar 2001, aufgerufen am 25. Oktober 2025 - online
  13. Lionel Richard: Der Jude Süß. In: Le Monde diplomatique, Verlag Deutschland: taz Entwicklungs GmbH & Co.Medien KG, Berlin; vom 14. September 2001, vom 25. Oktober 2025 - online
  14. Die Begleittexte zu FEINKOST ADAM. Eine Dokumentation zur Ausstellung im jüdischen Museum Fürth. In: haGalil.com, haGalil e.V., München; vom 9. April 2002, aufgerufen am 25. Oktober 2025 - online
  15. Philipp Gessler: Unnormal bittere Feinkost. In: taz.de, taz Verlags u. Vertriebs GmbH, Berlin; vom 6. Juni 2002, aufgerufen am 25. Oktober 2025 - online
  16. Andrea Schlaier: Bernhard Purin »Man muss neue Wege finden«. In: juedische-allgemeine.de, Zentralrat der Juden in Deutschland K.d.ö.R., Berlin, vom 22. März 2007, aufgerufen am 25. Oktober 2025 - online

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