Lilli Bechmann-Rahn
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| Lilli Bechmann-Rahn in den 40er Jahren. |
- Person
- Lilli Bechmann-Rahn
- Namenszusatz
- Dr.
- Vorname
- Lilli
- Nachname
- Bechmann-Rahn
- Geschlecht
- weiblich
- Geburtsdatum
- 10. Februar 1911
- Geburtsort
- Fürth
- Todesdatum
- 27. Dezember 1970
- Todesort
- Denver, USA
- Beruf
- Sprachlehrer
- Religion
- jüdisch
| Person | Verwandtschaftsgrad |
|---|---|
| Alfred Rahn | Ehemann |
| Evelyn, verh. Rahn-Megerman | Tochter |
| Hugo Bechmann | Vater |
| Ida Bechmann, geb. Metzger | Mutter |
| Ruth Marion, verh. Budd | Tochter |
Dr. Lilli Bechmann-Rahn (geb. 10. Februar 1911 in Fürth, gest. 27. Dezember 1970 Denver, USA), Tochter des Spiegelglasfabrikanten Hugo Bechmann und dessen Ehefrau Ida (geb. Metzger)[1], war die jüngste und letzte jüdische Doktorin der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen in der Zeit des Nationalsozialismus.
Leben & Studium
Ihre unbeschwerte Kindheit verbrachte sie in einer angesehenen und wohlhabenden Fürther Familie, die ihre akademischen Ziele stets vorbehaltslos unterstützte. Sie studierte in Freiburg, Berlin, Wien und Erlangen, wo sie am 17. Februar 1934 im Alter von 23 Jahren als letzte jüdische Promovendin an der Friedrich-Alexander-Universität (FAU) in Erlangen ihre Promotion über den „Darmstädter Freundeskreis“ ablegte. Ihre wissenschaftliche Karriere als Literaturwissenschaftlerin wurde ihr allerdings in Deutschland untersagt.
Im gleichen Jahr heiratete sie am 18. Juni Alfred Hermann Rahn, mit dem sie zwei Töchter hatte. Vor ihrer Emigration schrieb sie noch die Genealogie ihrer Familie über 300-jährige Verbindung mit der Region Mittelfranken. Von 1934 bis 1936 war sie in der Bibliothek der Jüdischen Gemeinde Fürth tätig.[2]
Emigration von Lilli Bechmann-Rahn 1937 - 1939
Seit Oktober 1937 lief das Verfahren zur Ausreise der Familie Bechmann-Rahn. Von Anfang an war dabei die Gestapo in den Vorgang eingebunden. Mit der Abfrage unterschiedlicher Dienststellen versuchte sie vornehmlich „Maßnahmen zu treffen, um eine Steuer- oder Kapitalflucht zu verhüten.“[3] Da der Fall als dringlich dargestellt und eine Rückantwort bis spätestens 1. November 1937 verlangt wurde antworteten:
- der Oberbürgermeister von Fürth am 20. Oktober 1937
- die Industrie- und Handelskammer Nürnberg am 22. Oktober 1937
Offensichtlich fehlten entsprechende Meldungen von dem
- Oberfinanzpräsidenten Nürnberg für die Zollfahndungsstelle
- der Reichsbanknebenstelle aus der Fürther Moststraße 21
- dem Präsidenten des Landesfinanzamtes Berlin (zentrale Nachrichtenstelle Kurfürstendamm 193/194
Diese wurden in dem Gestaposchreiben vom 14. Oktober da unerledigt nicht abgestrichen. Am 11. November 1937 wurde Otto Rosenberg, der juristische Vertreter der Familie, beim Polizeipräsidium Nürnberg/Fürth, Abteilung Passamt wegen der Pass- und Führungszeugnisausstellung vorstellig. Im weiteren Verlauf meldeten sich das Finanzamt Fürth und am 2. Januar 1938 (gewissermaßen noch nachgereicht) die Reichsbanknebenstelle Fürth. Da auch das Wehrmeldeamt am 19. November 1937 keine Einwände gegen die Ausstellung der Reisepässe anmeldete, schien die Angelegenheit von Erfolg gekrönt zu sein. Dies stellte sich mit Schreiben der Zollfahndungsstelle Nürnberg vom 4. Dezember 1937 als Trugschluss heraus. Gegen Alfred Rahn war mittlerweile ein Strafverfahren eingeleitet worden.
Am 5. Januar 1938 gab die Gestapo bekannt, dass die Reisepässe zurückbehalten werden. Durch Urteil des Schöffengerichts Fürth vom 25. Januar 1938 wurde Alfred Rahn „wegen fortgesetzten Devisenvergehens zu 1 Jahr 2 Monaten Gefängnis verurteilt. Strafende 5. März 1939.“[4] Am 3. Januar 1939 wandte sich der Verurteilte - mittlerweile als Israel Alfred Rahn - mit einem Antrag an das Passamt des Fürther Polizeipräsidiums, um die Pässe und Führungszeugnisse für eine baldige Ausreise nach der Haftentlassung zu erhalten. Dem Anliegen wurde nun stattgegeben mit Einverständnis des Oberbürgermeisters und der Zollfahndungsstelle. Allerdings musste die Ehefrau Lilli mit Schreiben vom 23. Februar 1939 die Beantragung nochmals in Erinnerung bringen.
Allerdings wurde das Umzugsvorhaben von der Spedition Brasch & Rothenstein noch einmal hinterfragt[5], um vom Polizeipräsidium Nürnberg-Fürth ein Unbedenklichkeits-Schreiben zu erhalten. Gestapo und Staatsanwaltschaft erhielten noch im März entsprechende Vollzugsmeldungen.
Lilli Bechmann-Rahn emigrierte wohl 1939 mit ihrem ebenfalls jüdischen Ehemann Alfred Rahn und Kind Ruth Marion in die USA, in Deutschland gab es aber noch 1940 ein Nachspiel der Behörden. 1940 wurde ihr, wie auch 163 anderen jüdischen Promovenden an der Universität Erlangen, der Doktortitel unrechtmäßig aberkannt. Ebenso wurde der gesamten Familie die deutsche Staatsangehörigkeit entzogen.[6] Weitere Nachforschungen zu Alfred Rahn gab es noch in Karlsruhe[7]. Doch dort konnte selbst die Spezifizierung mit Karlsruhe-Durlach kein Ergebnis zeitigen.[8] Eine weitere Anfrage in München ergab, dass Alfred Rahn als lediger Student vom 11. Oktober 1919 bis 30. Januar 1920 und vom 6. Mai bis 3. August 1920 in der Hauptstadt der Bewegung aktenkundig wurde.[9]
Für die Gestapo war der Fall mit Schreiben vom 26. Juli 1940 abgeschlossen.
Zeit ab 1939 in USA
In den USA verdiente Lilli Bechmann-Rahn sich ihren Lebensunterhalt mit dem Erteilen von deutschem Sprachunterricht, ein Anschluss an ihre begonnene akademische Karriere gelang ihr dort allerdings nicht mehr.
In Denver, Colorado, baute sie sich mit ihrem Mann eine neue Existenz auf und arbeitete bis zur ihrem Tod für die zionistische Frauenorganisation Hadassah.
Seit 1999 wird jährlich an der FAU Erlangen ein Lilli-Bechmann-Rahn Preis für herausragende Promotionen vergeben, in Gedenken an das Leid durch die Aberkennung der Doktortitel der jüdischen Promovenden im Nationalsozialismus.
Werke
Onlinezugriff auf die Dissertation von Lilli Bechmann-Rahn: Dokumentenserver der Uni Erlangen, im Anhang auch biographische Informationen
Siehe auch
- Bechmann, Übersicht über Mitglieder der Familie
- Alfred Hermann Rahn
- Fiorda
- NS-Zeit
Literatur
- Verweyen, Theodor: Lilli Bechmann-Rahn : eine geschichtliche Würdigung, In: Lilli-Bechmann-Rahn-Preis / hrsg. von Hartmut Kugler. - Nürnberg, 2000. - S. 25 - 39. - (Universität <Erlangen; Nürnberg>: Akademische Reden und Kolloquien ; 19); auch online zugänglich als Anhang in der o.g. Dissertation
- Gaby Franger: Dr. Lilli Bechmann-Rahn, in: Bedeutende Fürther Frauen - Fürth, 2009 - S. 22
Weblinks
- Friedrich-Alexander-Universität Erlangen | Homepage
Einzelnachweise
- ↑ biographische Angaben nach Geni zu Lilli Rahn (Bechmann)
- ↑ Rahn Family Collection in Center for Jewish History
- ↑ siehe Gestaposchreiben vom 14. Oktober 1937
- ↑ siehe Schreiben des Polizeiamtes Fürth vom 26. Februar 1938
- ↑ siehe Schreiben der Spedition vom 13. März 1939
- ↑ siehe Schreiben des Polizeipräsidiums Nürnberg-Fürth vom 20. Mai 1940
- ↑ siehe Schreiben des Polizeipräsidenten von Nürnberg und Fürth vom 21. Mai 1940
- ↑ siehe Schreiben des Polizeipräsidiums Karlsruhe vom 12. Juni 1940
- ↑ siehe Schreiben des Polizeipräsidiums München vom 11. Juni 1940
Bilder
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Lilli Bechmann u. Alfred Rahn Emigration 1940 Urheber: staatliche Stellen in Fürth
Erstellungsdatum: 1940
Lizenz: CC-BY-ND-4.0Lilli Bechmann-Rahn, April 1938 Urheber: Heß und Rahn
Erstellungsdatum: April 1938
Lizenz: CC-BY-ND-4.0Ausreiseakt Lilli Bechmann-Rahn und Alfred Rahn 1937 Urheber: staatliche Stellen in Fürth
Erstellungsdatum: 1937
Lizenz: CC-BY-ND-4.0Lilli Bechmann-Rahn Schreiben, 1936 Urheber: Lilli Bechmann
Erstellungsdatum: 3. Juli 1936
Lizenz: CC-BY-NC-ND-4.0Lilli Bechmann-Rahn in den 40er Jahren. Urheber: Unbekannt
Lizenz: cc-by-sa-3.0
