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In dem Buch [[Historische Nachricht von der Judengemeinde in dem Hofmarkt Fürth (Buch)|Historische Nachricht von der Judengemeinde in dem Hofmarkt Fürth Unterhalb Nürnberg/ In zween Theilen]], erstmals erschienen [[1754]], schrieb der Autor [[wikipedia:Andreas Würfel|Andreas Würfel]]:</br>
 
In dem Buch [[Historische Nachricht von der Judengemeinde in dem Hofmarkt Fürth (Buch)|Historische Nachricht von der Judengemeinde in dem Hofmarkt Fürth Unterhalb Nürnberg/ In zween Theilen]], erstmals erschienen [[1754]], schrieb der Autor [[wikipedia:Andreas Würfel|Andreas Würfel]]:</br>
:„''... muß ich noch mit etlichen Worten der Toden_Gesellschaft gedenken. Die Glieder dieser Gesellschaft versammeln sich zur Zeit der Begräbnis, und erweisen ihrem Bruder, die lezte Ehre, mit Waschen, Verfertigung des Sarges und Grabes. Diese Beschäftigungen sehen sie als verdienstliche Werke an, darum müssen auch diejenigen welche in diese Gesellschaft tertten wollen, Geld geben. Welches sie hernach verschmaußen oder die benöthigten Instrumente zur Begräbnis davor anschaffen. Tekunos Büchlein Cap. von traurigen Begebenheiten Anmerkung.''“<ref>Andreas Würfel: „[[Historische Nachricht von der Judengemeinde in dem Hofmarkt Fürth (Buch)|Historische Nachricht von der Judengemeinde in dem Hofmarkt Fürth Unterhalb Nürnberg/ In zween Theilen]]“, S. 37, § 10</ref> Außerdem erwähnt Würfel: „''Diese Toden-Gesellschaft hält ein memar'' (= [[wikipedia:Memorbuch|Memorbuch]]) ''ein Leichen-Buch in welches sie alle Personen, sie seyn groß oder klein, die sie begraben, einschreiben lassen.''”<ref>Andreas Würfel: „[[Historische Nachricht von der Judengemeinde in dem Hofmarkt Fürth (Buch)|Historische Nachricht von der Judengemeinde in dem Hofmarkt Fürth Unterhalb Nürnberg/ In zween Theilen]]“, S. 38, § 11</ref></br>
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:„''... muß ich noch mit etlichen Worten der Toden-Gesellschaft gedenken. Die Glieder dieser Gesellschaft versammeln sich zur Zeit der Begräbnis, und erweisen ihrem Bruder, die lezte Ehre, mit Waschen, Verfertigung des Sarges und Grabes. Diese Beschäftigungen sehen sie als verdienstliche Werke an, darum müssen auch diejenigen welche in diese Gesellschaft tretten wollen, Geld geben. Welches sie hernach verschmaußen oder die benöthigten Instrumente zur Begräbnis davor anschaffen. Tekunos Büchlein Cap. von traurigen Begebenheiten Anmerkung.''“<ref>Andreas Würfel: „[[Historische Nachricht von der Judengemeinde in dem Hofmarkt Fürth (Buch)|Historische Nachricht von der Judengemeinde in dem Hofmarkt Fürth Unterhalb Nürnberg/ In zween Theilen]]“, S. 37, § 10</ref> Außerdem erwähnt Würfel: „''Diese Toden-Gesellschaft hält ein memar'' (= [[wikipedia:Memorbuch|Memorbuch]]) ''ein Leichen-Buch in welches sie alle Personen, sie seyn groß oder klein, die sie begraben, einschreiben lassen.''”<ref>Andreas Würfel: „[[Historische Nachricht von der Judengemeinde in dem Hofmarkt Fürth (Buch)|Historische Nachricht von der Judengemeinde in dem Hofmarkt Fürth Unterhalb Nürnberg/ In zween Theilen]]“, S. 38, § 11</ref></br>
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Um mit Sterbenden richtig umzugehen, orientierte man sich in Fürth an einer Schrift mit dem Titel „Refuat Neschama“ (רפואת הנשמה, Medizin der Seele), der Kurzfassung des Werkes von Aaron Berechja ben Moses ben Nechemja aus Modena, eines italienischen Rabbiners.<ref>Robert Jütte: „[https://www.google.de/books/edition/Leib_und_Leben_im_Judentum/1SY9DQAAQBAJ?hl=de&gbpv=1&dq=Robert+J%C3%BCtte+Judentum+F%C3%BCrth+chewra&pg=PT304&printsec=frontcover Leib und Leben im Judentum]“, 2016</ref> Ein spezielles Gebet war in Fürth die Bitte um Aufhebung von Gelübden (האטרת נדרים, Erfüllung von Gelübden). Wenn der Sterbende vor dem himmlischen Richter steht, sollten alle aus dem irdischen Leben gegenüber Mitmenschen oder gegenüber Gott geleisteten Gelübde, bereits gelöst sein. Dies wurde mit entsprechenden Bittgebeten bekräftigt.<ref>Robert Jütte: [https://www.google.de/books/edition/Leib_und_Leben_im_Judentum/1SY9DQAAQBAJ?hl=de&gbpv=1&dq=Robert+J%C3%BCtte+Judentum+F%C3%BCrth+Aufhebung+von+Gel%C3%BCbden&pg=PT306&printsec=frontcover Aufhebung von Gelübden]</ref>.
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Um mit Sterbenden richtig umzugehen, orientierte man sich in Fürth an einer Schrift mit dem Titel „Refuat Neschama“ (רפואת הנשמה, Medizin der Seele), der Kurzfassung des Werkes von [[wikipedia:Aaron Berechja di Modena|Aaron Berechja ben Moses ben Nechemja]] aus Modena, eines italienischen Rabbiners.<ref>Robert Jütte: „[https://www.google.de/books/edition/Leib_und_Leben_im_Judentum/1SY9DQAAQBAJ?hl=de&gbpv=1&dq=Robert+J%C3%BCtte+Judentum+F%C3%BCrth+chewra&pg=PT304&printsec=frontcover Leib und Leben im Judentum]“, 2016</ref> Ein spezielles Gebet war in Fürth die Bitte um Aufhebung von Gelübden (האטרת נדרים, Erfüllung von Gelübden). Wenn der Sterbende vor dem himmlischen Richter steht, sollten alle aus dem irdischen Leben gegenüber Mitmenschen oder gegenüber Gott geleisteten Gelübde, bereits gelöst sein. Dies wurde mit entsprechenden Bittgebeten bekräftigt.<ref>Robert Jütte: [https://www.google.de/books/edition/Leib_und_Leben_im_Judentum/1SY9DQAAQBAJ?hl=de&gbpv=1&dq=Robert+J%C3%BCtte+Judentum+F%C3%BCrth+Aufhebung+von+Gel%C3%BCbden&pg=PT306&printsec=frontcover Aufhebung von Gelübden]</ref>.
    
Die Protokollbücher der Chewra Kadischa stammten von 1730 und 1785<ref>siehe Auflistung [[Grete Ballin|Ballin: Chronik Fürth 1933 - 1945]], S. 55</ref>.
 
Die Protokollbücher der Chewra Kadischa stammten von 1730 und 1785<ref>siehe Auflistung [[Grete Ballin|Ballin: Chronik Fürth 1933 - 1945]], S. 55</ref>.
    
====Der Zwist um die Reformierung der Totenbruderschaft nach 1833====
 
====Der Zwist um die Reformierung der Totenbruderschaft nach 1833====
Am [[1. Dezember]] [[1833]] wurden die Totenbruderschaften vom Magistrat verpflichtet, Todesfälle unverzüglich beim Rabbinat anzuzeigen.<ref name="Barbara Ohm">siehe Barbara Ohm: [[Geschichte der Juden in Fürth (Buch) (Ohm)|Geschichte der Juden in Fürth]], S. 170</ref> Dagegen wehrte sich die Chewra, weil durch die Ausstellung eines ''Totenbesichtigungsscheines'' keine schnelle Beerdigung mehr möglich war. Ihr Widerstand beruhte allerdings auch auf der Gegnerschaft zu dem reformorientierten Rabbiner [[Isaak Loewi]], die auch die Leichenordnung zu reformieren gedachte. Nach Meinung der orthodoxen Bruderschaften gehörten aber Beerdigungen nicht zum Aufgabengebiet eines Rabbiners. Ihre Beschwerde bei der Regierung hatte zur Folge, dass Bürgermeister [[Bäumen]] einen Bericht vorlegen musste, der ziemlich negativ ausfiel.<ref>Bäumen schrieb dabei: „''... dass bei Leichenbegräbnissen ein Bild der Regellosigkeit herrsche, ihre Beschwerde ein Machwerk ... einer Anzahl von Finsterlingen gegen ihren würdigen Rabbiner Dr. Loewi, der einen feierlichen, geordneten Leichenzug verfügt hatte''“ sei. Zitiert nach Barbara Ohm: [[Geschichte der Juden in Fürth (Buch) (Ohm)|Geschichte der Juden in Fürth]], S. 170</ref> Die Regierung bestand daraufhin auf der Totenschau und der Meldung im Rabbinat.<ref name="Barbara Ohm"/>  Es gab sogar unter den Mitgliedern des israelitischen Religionsvereins eine Bewegung die Totenbruderschaft ganz aufzulösen, die wegen ihres Starrsinns und ihrer Renitenz alle Reformversuche scheiterten.<ref name="Barbara Ohm"/> Die Regierung verfügte dass eine genaue Anzeige innerhalb von 24 Stunden zu erfolgen habe. Zur Auflösung der Bruderschaften, der Chewrot, kam es aber nicht. Über eine Satzung, die [[1840]] in Kraft trat, gab es erneute Auseinandersetzungen zwischen orthodoxen Totenbrüdern und reformorientierten Vereinsvorstand.<ref name="Barbara Ohm">   
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Am [[1. Dezember]] [[1833]] wurden die Totenbruderschaften vom Magistrat verpflichtet, Todesfälle unverzüglich beim Rabbinat anzuzeigen.<ref name="Barbara Ohm">siehe Barbara Ohm: [[Geschichte der Juden in Fürth (Buch) (Ohm)|Geschichte der Juden in Fürth]], S. 170</ref> Dagegen wehrte sich die Chewra, weil durch die Ausstellung eines ''Totenbesichtigungsscheines'' keine schnelle Beerdigung mehr möglich war. Ihr Widerstand beruhte allerdings auch auf der Gegnerschaft zu dem reformorientierten Rabbiner [[Isaak Loewi]], die auch die Leichenordnung zu reformieren gedachte. Nach Meinung der orthodoxen Bruderschaften gehörten aber Beerdigungen nicht zum Aufgabengebiet eines Rabbiners. Ihre Beschwerde bei der Regierung hatte zur Folge, dass Bürgermeister [[Bäumen]] einen Bericht vorlegen musste, der ziemlich negativ ausfiel.<ref>Bäumen schrieb dabei: „''... dass bei Leichenbegräbnissen ein Bild der Regellosigkeit herrsche, ihre Beschwerde ein Machwerk ... einer Anzahl von Finsterlingen gegen ihren würdigen Rabbiner Dr. Loewi, der einen feierlichen, geordneten Leichenzug verfügt hatte''“ sei. Zitiert nach Barbara Ohm: [[Geschichte der Juden in Fürth (Buch) (Ohm)|Geschichte der Juden in Fürth]], S. 170</ref> Die Regierung bestand daraufhin auf der Totenschau und der Meldung im Rabbinat.<ref name="Barbara Ohm"/>  Es gab sogar unter den Mitgliedern des israelitischen Religionsvereins eine Bewegung die Totenbruderschaft ganz aufzulösen, die wegen ihres Starrsinns und ihrer Renitenz alle Reformversuche scheiterten.<ref name="Barbara Ohm"/> Die Regierung verfügte dass eine genaue Anzeige innerhalb von 24 Stunden zu erfolgen habe. Zur Auflösung der Bruderschaften, der Chewrot, kam es aber nicht. Über eine Satzung, die [[1840]] in Kraft trat, gab es erneute Auseinandersetzungen zwischen orthodoxen Totenbrüdern und reformorientierten Vereinsvorstand.<ref name="Barbara Ohm"/>   
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„1841 brannte das für die Todtenbrüderschaft bestimmte Häuschen auf dem jüdischen Friedhofe in Folge Blitzschlags nieder; auch gelangte in diesem Jahre eine israelitische Leichenzugsordnung zur Geltung.“<ref>  [[Hugo Barbeck]] in seinem Buch: „[[Geschichte der Juden in Nürnberg und Fürth (Buch)|Geschichte der Juden in Nürnberg und Fürth]]“, S. 91</ref>
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====Die Statuten der Totenbruderschaft von 1840<ref>Gisela Naomi Blume: [[Der alte jüdische Friedhof in Fürth (Buch)|Der alte jüdische Friedhof in Fürth]], S. 62-71</ref>====
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Im § 1 wurde festgelegt, dass der „''die Todtenbrüderschaft ... ein frommer Verein''“ ist, der unter Aufsicht und Leitung des Rabbinats (!) tätig wird.</br>
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§ 3 führte zwei Abteilungen auf, deren erste für „''die Reinigung und Bekleidung des Leichnams und die Fertigung des Sarges''“ zuständig ist und aus 18 Mitgliedern besteht, die zweite Abteilung dagegen die Fertigung des Grabes übernimmt und dazu 24 Mitglieder hat.</br>
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In den §§ 4 - 9 wurden Aufgaben näher erläutert, die in der pflichtmäßigen Teilnahme an der Beerdigung mündeten.</br>
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§ 12 regelte den Leichenzug: „''Der Diener des Vereins, die Sterbegewänder tragend, eröffnet den Zug. Hierauf folgt die Bahre, von sechs Mitgliedern der Gesammt-Bruderschaft ... auf den Schultern getragen. ...''</br>
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''Wenn die Leidtragenden der Beerdigung beywohnen, so folgen sie unmittelbar hinter der Bahre. Nach diesen gehet der Rabbiner oder dessen Substitut im Ornate, ihnen zur Seite ein Vorsteher.''“ Danach folgten weitere Mitglieder der Bruderschaft; danach weitere Personen die „''freywillig die Leiche begleiten''“. Dem herankommenden Zug durfte sich keiner anschließen, sondern man musste vom Trauerhaus aus mitgehen.
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§ 16 gestattete nur dem Rabbiner bzw. dessen Substitut eine Grabrede.
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§§ 17 - 24 regelten Aufnahmemodalitäten der Totenbruderschaft.
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§§ 25 - 28 beinhalteten Interne Bruderschaftregelungen
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§§ 29 - 32 Vorstandsaufgaben und Rechnungslegung
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§§ 33 - 35 regelten das Verzeichnis der Buderschaftsmitglieder und die Überwachung durch Rabbinat und israelitischen Vereinsvorstand (!) nach Bestätigung der kgl. Regierung von Mittelfranken und Unterstellung der landespolizeilichen Genehmigung.
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„1841 brannte das für die Todtenbrüderschaft bestimmte Häuschen auf dem jüdischen Friedhofe in Folge Blitzschlags nieder; auch gelangte in diesem Jahre eine israelitische Leichenzugsordnung (siehe oben) zur Geltung.“<ref>  [[Hugo Barbeck]] in seinem Buch: „[[Geschichte der Juden in Nürnberg und Fürth (Buch)|Geschichte der Juden in Nürnberg und Fürth]]“, S. 91</ref>
    
==Mitglieder der Totenbruderschaft==
 
==Mitglieder der Totenbruderschaft==
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* [[Lazarus Eliezer Farntrog]]
 
* [[Lazarus Eliezer Farntrog]]
 
* [[Simon Sänger]]
 
* [[Simon Sänger]]
* [[Isaak Zimmer]]
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* [[Isaak Zimmer]]<ref>Israelitische Totenbruderschaft, (Denkmalsetzungsverein); Fürther Adressbuch von 1893, V. Teil - Gesellschaften und Vereine; S. 32</ref>
    
==Lokalberichterstattung==
 
==Lokalberichterstattung==
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