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[[Datei:Monument Brandopfer Pulvermagazin.JPG|mini|right|Denkmal für die Opfer des Brandunglücks auf dem Fürther Friedhof]]
 
[[Datei:Monument Brandopfer Pulvermagazin.JPG|mini|right|Denkmal für die Opfer des Brandunglücks auf dem Fürther Friedhof]]
Das Fürther '''Pulvermagazin''' nebst Munitionsfabrik befand sich an der Kreuzung der [[Schwabacher Straße]] mit der Rothenburger Straße (Schwabacher Straße 499). Es gehörte zum [[Artilleriedepot]], an dem u. a. vor dem Ersten Weltkrieg das 3. Fußartillerie-Regiment stationiert war. Das Depot in Weikershof bestand aus dem Pulvermagazin und Magazinen für Sprengmunition, Friedenspulver, Handfeuerwaffen, Geschosse und Zündungen. Im Pulvermagazin mussten die Arbeiterinnen zunächst den Sprengstoff in kleine Säckchen abfüllen und wiegen, um diese anschließend in Granaten zu füllen. Später wurden diese Granaten bzw. die Munition für den Einsatz an der Front im Ersten Weltkrieg verwendet.
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Das Fürther '''Pulvermagazin''' nebst Munitionsfabrik befand sich an der Kreuzung der [[Schwabacher Straße]] mit der Rothenburger Straße (Schwabacher Straße 499). Es gehörte zum [[Artilleriedepot]], an dem u. a. vor dem [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] das 3. Fußartillerie-Regiment stationiert war. Das Depot in Weikershof bestand aus dem Pulvermagazin und Magazinen für Sprengmunition, Friedenspulver, Handfeuerwaffen, Geschosse und Zündungen. Im Pulvermagazin mussten die Arbeiterinnen zunächst den Sprengstoff in kleine Säckchen abfüllen und wiegen, um diese anschließend in Granaten zu füllen. Später wurden diese Granaten bzw. die Munition für den Einsatz an der Front im [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] verwendet.
    
== Tragischer Unfall 1917 ==
 
== Tragischer Unfall 1917 ==
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Am [[25. April]] [[1917]] gegen 9:45 Uhr ereignete sich im Pulvermagazin ein schwerer Brand, bei dem 54 Personen (sieben Männer und 47 Frauen, von denen 31 noch keine 30 Jahre alt waren) den Tod fanden. Acht der Opfer starben an den Folgen ihrer schweren Verbrennungen in den Krankenhäusern in Nürnberg und Fürth.  
 
Am [[25. April]] [[1917]] gegen 9:45 Uhr ereignete sich im Pulvermagazin ein schwerer Brand, bei dem 54 Personen (sieben Männer und 47 Frauen, von denen 31 noch keine 30 Jahre alt waren) den Tod fanden. Acht der Opfer starben an den Folgen ihrer schweren Verbrennungen in den Krankenhäusern in Nürnberg und Fürth.  
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Als Ursache für die Katastrophe wird heute angenommen, dass vermutlich ein Mitarbeiter eine Geschosshülse aus Versehen hat fallen lassen, die dann Funken schlug. In der Folge entzündete sich das Pulver, dass zum Teil auf dem Boden lag, sodass es sofort zu einer massiven Flammenbildung im Raum kam. Während einige Arbeiter sich aus dem Fenster retten konnten, versuchten andere die Flucht durch die Eingangstür. Allerdings ging die einzige Tür zum Raum nur nach innen auf, sodass durch den Tumult und der aufkeimenden Panik sich die Tür nach innen nicht öffnen ließ und die Menschen den Ausgang mit ihren Körpern verkeilten. In der Rieß-Chronik ist überliefert, dass die Körper ''"schrecklich verbrannt, zu unkenntlichen Klumpen zerkohlt [waren und] ... später aus den rauchenden Trümmern gezogen''" wurden. Insgesamt konnten zehn Menschen gerettet werden, weiteren neun gelang die Flucht selbständig aus dem Raum.
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Als Ursache für die Katastrophe wird heute angenommen, dass vermutlich ein Mitarbeiter eine Geschosshülse aus Versehen hat fallen lassen, die dann mit einem lauten Knall Funken schlug. In der Folge entzündete sich das Pulver, dass zum Teil auf dem Boden lag, sodass es sofort zu einer massiven Flammenbildung im Raum kam. Während einige Arbeiter sich aus dem Fenster retten konnten, versuchten andere die Flucht durch die Eingangstür. Allerdings ging die einzige Tür zum Raum nur nach innen auf, sodass durch den Tumult und der aufkeimenden Panik sich die Tür nach innen nicht öffnen ließ und die Menschen den Ausgang mit ihren Körpern verkeilten. In der Rieß-Chronik ist überliefert, dass die Körper ''"schrecklich verbrannt, zu unkenntlichen Klumpen zerkohlt [waren und] ... später aus den rauchenden Trümmern gezogen''" wurden. Insgesamt konnten zehn Menschen gerettet werden, weiteren neun gelang die Flucht selbständig aus dem Raum.
    
Die Feuerwehr aus Fürth und Nürnberg versuchten den Brand zu löschen bzw. ein Übergreifen auf benachbarte Räume zu verhindern, in dem sich u. a. weitere Munitionslager befanden. Da nicht genügend Pferde vorhanden waren, um die Löschwagen in die weit entlegene Schwabacher Straße zu bringen, wurden Pferde von vorbeifahrenden Wagen kurzerhand beschlagnahmt.
 
Die Feuerwehr aus Fürth und Nürnberg versuchten den Brand zu löschen bzw. ein Übergreifen auf benachbarte Räume zu verhindern, in dem sich u. a. weitere Munitionslager befanden. Da nicht genügend Pferde vorhanden waren, um die Löschwagen in die weit entlegene Schwabacher Straße zu bringen, wurden Pferde von vorbeifahrenden Wagen kurzerhand beschlagnahmt.
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Die meisten Opfer des Unglücks konnten nach dem Tod nicht mehr identifiziert werden, weshalb man dazu überging, die Opfer in einem Ehrengrab gemeinsam auf dem Fürther [[Hauptfriedhof|Friedhof]] bei zusetzen. Nur an sieben Särgen konnte ein Name zur Leiche zugeordnet werden. Die Anteilnahme an der Beerdigung durch die Bevölkerung war enorm groß. 200 Soldaten trugen während der Beerdigung die Särge, während Tausende Fürther am Friedhof von den Toten am [[28. April]] [[1917]] Abschied nahmen. Die Opfer des Unfalls wurden in der Stadt mit den Opfern des [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]]es im Kampfgeschehen gleichgestellt und für ihre "Vaterlandsliebe und Arbeitstreue gewürdigt".
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Die meisten Opfer des Unglücks konnten nach dem Tod nicht mehr identifiziert werden, weshalb man dazu überging, die Opfer in einem Ehrengrab gemeinsam auf dem Fürther [[Hauptfriedhof|Friedhof]] bei zusetzen. Nur an sieben Särgen konnte ein Name zur Leiche zugeordnet werden. Die Anteilnahme an der Beerdigung durch die Bevölkerung war enorm groß. 200 Soldaten trugen während der Beerdigung die Särge, während Tausende Fürther am Friedhof von den Toten am [[28. April]] [[1917]] Abschied nahmen. Die Opfer des Unfalls wurden in der Stadt mit den Opfern des [[Erster Weltkrieg|[[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]]]]es im Kampfgeschehen gleichgestellt und für ihre "Vaterlandsliebe und Arbeitstreue gewürdigt".
    
[[Alfred Nathan]] und [[Fritz Sperk]] schrieben Gedichte über dieses Unglück, das weniger Opfer gefordert hätte, wenn sich die einzige Tür nach außen hätte öffnen lassen. Am [[1. Mai]] [[1917]] passierte in Köln ein ähnlicher Vorfall mit 30 Toten. Danach wurde festgesetzt, dass sich alle Türen nach außen öffnen lassen müssen und die Arbeiterinnen bekamen - statt ihrer langen Röcke - knie bedeckende Pluderhosen als Arbeitskleidung.  
 
[[Alfred Nathan]] und [[Fritz Sperk]] schrieben Gedichte über dieses Unglück, das weniger Opfer gefordert hätte, wenn sich die einzige Tür nach außen hätte öffnen lassen. Am [[1. Mai]] [[1917]] passierte in Köln ein ähnlicher Vorfall mit 30 Toten. Danach wurde festgesetzt, dass sich alle Türen nach außen öffnen lassen müssen und die Arbeiterinnen bekamen - statt ihrer langen Röcke - knie bedeckende Pluderhosen als Arbeitskleidung.  
[[Bild:Ehrengrabfeld.JPG|mini|right|Ehrengrabfeld auf dem Fürther Friedhof mit Pulvermagazin-Denkmal]]
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[[Datei:Arbeiterin Pulvermagazin 1917 - A3899.jpg|mini|rechts|Arbeiterin mit neuer Arbeitskleidung, ca. 1917]]
    
Ein Denkmal zu Ehren der toten Arbeiter wurde im Juni [[1922]] auf dem Kriegsgräberfeld 43 in Form eines sarkophagartigen Blocks mit einer aufgesetzten Urne aufgestellt. Es wurde aus Katzensteiner Sandstein gefertigt und trägt die Inschrift "Den am 25. 4. 1917 Verunglückten gewidmet". Außerdem listet es die Namen der Verunglückten auf. Die Hinterbliebenen bekamen 50 Mark Entschädigung für die verbrannte Kleidung.
 
Ein Denkmal zu Ehren der toten Arbeiter wurde im Juni [[1922]] auf dem Kriegsgräberfeld 43 in Form eines sarkophagartigen Blocks mit einer aufgesetzten Urne aufgestellt. Es wurde aus Katzensteiner Sandstein gefertigt und trägt die Inschrift "Den am 25. 4. 1917 Verunglückten gewidmet". Außerdem listet es die Namen der Verunglückten auf. Die Hinterbliebenen bekamen 50 Mark Entschädigung für die verbrannte Kleidung.
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=== 28. April 1917 ===
 
=== 28. April 1917 ===
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[[Bild:Ehrengrabfeld.JPG|mini|right|Ehrengrabfeld auf dem Fürther Friedhof mit Pulvermagazin-Denkmal]]
 
: ''In 42 Särgen und weiteren 8 Särgen mit Namen der Inliegenden auf den Sargdeckeln, geschmückt mit Kränzen der Stadt Fürth wurde um 16 Uhr die Aussegnung der Verstorbenen vom Dekan Herold und Stadtpfarrer Knapp vor der alten Leichenhalle vorgenommen. Dann folgte der Trauerkondukt zum Ehrengrabfeld und die dortige Beisetzung im Massengrab in drei Reihen. Bis 18:15 Uhr dauerten die die Bestattungsfeier mit Ansprachen und Trauermusik.
 
: ''In 42 Särgen und weiteren 8 Särgen mit Namen der Inliegenden auf den Sargdeckeln, geschmückt mit Kränzen der Stadt Fürth wurde um 16 Uhr die Aussegnung der Verstorbenen vom Dekan Herold und Stadtpfarrer Knapp vor der alten Leichenhalle vorgenommen. Dann folgte der Trauerkondukt zum Ehrengrabfeld und die dortige Beisetzung im Massengrab in drei Reihen. Bis 18:15 Uhr dauerten die die Bestattungsfeier mit Ansprachen und Trauermusik.
 
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=== Mai 1917 ===
 
:''Am 1. Mai wurde das 53. Opfer, die 23-jährige Wally Bezold, beigesetzt. Am 2. Mai starb im Krankenhaus das 54. Opfer der Brand-Katastrophe, der 17-jährige Arbeiter Robert Hofmann. Die Leiche wurde am 8. Mai im Massengrab bestattet.''
 
:''Am 1. Mai wurde das 53. Opfer, die 23-jährige Wally Bezold, beigesetzt. Am 2. Mai starb im Krankenhaus das 54. Opfer der Brand-Katastrophe, der 17-jährige Arbeiter Robert Hofmann. Die Leiche wurde am 8. Mai im Massengrab bestattet.''
    
== Explosion vs. Brand ==
 
== Explosion vs. Brand ==
In der Literatur wird der Unfall gelegentlich als Explosion beschrieben. Dem gegenüber stehen andere Aussagen gegenüber, in dem von einem Brand die Rede ist. In der [[Paul Rieß|Georg Paul Rieß]] Chronik im Stadtarchiv ist ein Gespräch eines Nachfahren einer Zeitzeugin hinterlegt, die nach eigenen Angaben bei dem Unfall unmittelbar mit dabei war. Auf Seite 90 der Chronik ist ein DIN-A4-Blatt hinterlegt, datiert vom 14. Februar 2001. Der Nachfahre Walter Lutz hielt darin die Erinnerungen seiner Mutter Josephine Prexler fest, die in der Munitionsfabrik als Angestellte beschäftigt war. Dabei hielt er fest, dass seine Mutter immer von einem "''Brand und nie von einer Explosion''" sprach. Bevor sie sich durch eine gesonderte Tür ihres Arbeitsraumes nach außen in Sicherheit bringen konnte, hatte sie andere durch Warnrufe „Es brennt“ alarmiert.<ref>StA Fürth, Rießchronik, S. 90</ref>
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In der Literatur wird der Unfall gelegentlich als Explosion beschrieben. Dem gegenüber stehen andere Aussagen, in dem von einem Brand die Rede war. In der [[Paul Rieß|Georg Paul Rieß]] Chronik im [[Stadtarchiv]] ist ein Gespräch eines Nachfahren einer Zeitzeugin hinterlegt, die nach eigenen Angaben bei dem Unfall unmittelbar mit dabei war. Auf Seite 90 der Chronik ist ein DIN-A4-Blatt hinterlegt, datiert vom [[14. Februar]] [[2001]]. Der Nachfahre Walter Lutz hielt darin die Erinnerungen seiner Mutter [[Josephine Prexler]] fest, die in der Munitionsfabrik als Angestellte beschäftigt war. Dabei hielt er fest, dass seine Mutter immer von einem "''Brand und nie von einer Explosion''" sprach. Bevor sie sich durch eine gesonderte Tür ihres Arbeitsraumes nach außen in Sicherheit bringen konnte, hatte sie andere durch Warnrufe „Es brennt“ alarmiert.<ref>StA Fürth, Rießchronik, S. 90</ref>
    
==Literatur==
 
==Literatur==
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== Lokalberichterstattung ==
 
== Lokalberichterstattung ==
* jlh: ''Erinnerung an ein furchtbares Unglück''. In: [[Fürther Nachrichten]] vom 25. April 2017 (Druckausgabe) bzw. ''Vor 100 Jahren: Tragische Explosion im Fürther Pulvermagazin''. In: nordbayern.de vom 24. April 2017 - [http://www.nordbayern.de/region/fuerth/vor-100-jahren-tragische-explosion-im-further-pulvermagazin-1.6043450 online abrufbar]
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* jlh: ''Erinnerung an ein furchtbares Unglück''. In: [[Fürther Nachrichten]] vom 25. April 2017 (Druckausgabe) bzw. ''Vor 100 Jahren: Tragische Explosion im Fürther Pulvermagazin''. In: nordbayern.de vom 24. April 2017 - [http://www.nordbayern.de/region/fuerth/vor-100-jahren-tragische-explosion-im-further-pulvermagazin-1.6043450 online]
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* Alexander Mayer: ''Schreckliches Unglück.'' In: [[Fürther Nachrichten]] vom 26. April 2002, S. 5 / FN (Druckausgabe)
    
==Siehe auch==
 
==Siehe auch==
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