Änderungen

48 Bytes hinzugefügt ,  08:57, 2. Dez. 2023
Ergänzung
Zeile 49: Zeile 49:  
Privat schien Kissinger zunächst in einem Zimmer in der [[Theaterstraße]] zur Untermiete gewohnt zu haben. Es folgte eine Wohnung beim Bäckermeister Berle Oppenheimer in der [[Hirschenstraße]] <ref>Evi Kurz: ''The Kissinger Saga''; [https://books.google.de/books?id=JItllljeH0oC&pg=PT20&lpg=PT20&dq=berle+oppenheimer+f%C3%BCrth&source=bl&ots=Hf_W-xPQGM&sig=ACfU3U1PoY8T_dprwHBuikCtnDhrfmCkrw&hl=de&sa=X&ved=2ahUKEwjKzoK_9N3zAhWMqaQKHfG8ArIQ6AF6BAggEAM#v=onepage&q=berle%20oppenheimer%20f%C3%BCrth&f=false - online verfügbar]</ref>, bis er Anfang Dezember [[1908]] in der [[Schwabacher Straße 40 / 42| Schwabacher Straße 42]] eine Wohnung bezog. Zur gleichen Zeit unterrichtete Louis Kissinger ebenfalls in der [[1897]] gegründeten privaten [[Heckmannschule]], die er vermutlich als Dienststelle nutzte, nachdem das Heberlein- und Arnsteinische Institut [[1907]] schließen musste. Er unterrichtet nun - nach seiner Anstellungsprüfung am [[20. September]] [[1909]] - die Knaben der Heckmannschule. Sein Jahresgehalt beträgt 1.000 Reichsmark. Seine Anstellung in der Heckmannschule dauerte knapp 10 Jahre. Dabei unterrichtete er in der reinen Knabenschule Deutsch, Rechnen und Realien (also Naturwissenschaften, wie Erdkunde, Geschichte, Biologie oder Physik/Chemie).  
 
Privat schien Kissinger zunächst in einem Zimmer in der [[Theaterstraße]] zur Untermiete gewohnt zu haben. Es folgte eine Wohnung beim Bäckermeister Berle Oppenheimer in der [[Hirschenstraße]] <ref>Evi Kurz: ''The Kissinger Saga''; [https://books.google.de/books?id=JItllljeH0oC&pg=PT20&lpg=PT20&dq=berle+oppenheimer+f%C3%BCrth&source=bl&ots=Hf_W-xPQGM&sig=ACfU3U1PoY8T_dprwHBuikCtnDhrfmCkrw&hl=de&sa=X&ved=2ahUKEwjKzoK_9N3zAhWMqaQKHfG8ArIQ6AF6BAggEAM#v=onepage&q=berle%20oppenheimer%20f%C3%BCrth&f=false - online verfügbar]</ref>, bis er Anfang Dezember [[1908]] in der [[Schwabacher Straße 40 / 42| Schwabacher Straße 42]] eine Wohnung bezog. Zur gleichen Zeit unterrichtete Louis Kissinger ebenfalls in der [[1897]] gegründeten privaten [[Heckmannschule]], die er vermutlich als Dienststelle nutzte, nachdem das Heberlein- und Arnsteinische Institut [[1907]] schließen musste. Er unterrichtet nun - nach seiner Anstellungsprüfung am [[20. September]] [[1909]] - die Knaben der Heckmannschule. Sein Jahresgehalt beträgt 1.000 Reichsmark. Seine Anstellung in der Heckmannschule dauerte knapp 10 Jahre. Dabei unterrichtete er in der reinen Knabenschule Deutsch, Rechnen und Realien (also Naturwissenschaften, wie Erdkunde, Geschichte, Biologie oder Physik/Chemie).  
   −
Vom Kriegsdienst [[1914]] - [[1918]] als Lehrer befreit, suchte Kissinger nach Möglichkeiten seiner beruflichen Weiterentwicklung. Er bewarb sich mehrfach an anderen Schulen, so z. B. [[1910]] an der Isrealitischen Präparandenschule Talmud-Thora in Burgpreppach, allerdings lehnte er diese Stellen immer wieder ab. Kissinger lehnte auch [[1918]] eine Stelle im oberschlesischen Beuthen ab, die ihm 4.000 Reichsmark für seine Tätigkeit "''hauptsächlich in (der) Erteilung des Religionsunterrichts, Hebräisch und den damit verwandten Fächern in der Jüdischen Volksschule, Gymnasium, Realgymnasium und Lyzeum''" geboten hatten.<ref>Evi Kurz: Die Kissinger Saga. TLF TimeLineFilm, 2007. S. 54</ref>
+
Vom Kriegsdienst im [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] [[1914]] - [[1918]] als Lehrer befreit, suchte Kissinger nach Möglichkeiten seiner beruflichen Weiterentwicklung. Er bewarb sich mehrfach an anderen Schulen, so z. B. [[1910]] an der Isrealitischen Präparandenschule Talmud-Thora in Burgpreppach, allerdings lehnte er diese Stellen immer wieder ab. Kissinger lehnte auch [[1918]] eine Stelle im oberschlesischen Beuthen ab, die ihm 4.000 Reichsmark für seine Tätigkeit "''hauptsächlich in (der) Erteilung des Religionsunterrichts, Hebräisch und den damit verwandten Fächern in der Jüdischen Volksschule, Gymnasium, Realgymnasium und Lyzeum''" geboten hatten.<ref>Evi Kurz: Die Kissinger Saga. TLF TimeLineFilm, 2007. S. 54</ref>
    
Am [[29. April]] [[1917]] bewarb sich Louis Kissinger, inzwischen 30 Jahre alt, beim Königlich Bayerischen Staatsministerium des Inneren für Kirchen- und Schulangelegenheiten für die Zulassung zur Reifeprüfung an Realgymnasien. Kurze Zeit später erfolgte die Zulassung zur Prüfung. Zur gleichen Zeit beantragte Kissinger in Fürth das Bürgerrecht, dass ihm am [[20. November]] [[1917]] zugesprochen wurde. Kissinger hatte bereits im Oktober [[1917]] das Studium der Kameralistik (Buchführung, öffentliche Verwaltung) und Philosophie an der Universität in Erlangen begonnen. Am [[10. April]] [[1919]] erhielt Kissinger erstmals ein Abgangszeugnis, so dass seiner Anstellung im öffentlichen Dienst nichts mehr im Weg stamd. Im Jahresbericht der Städtischen Höheren Mädchenschule in Fürth wurde Kissinger [[1919]]/[[1920]] erstmals als Hauptlehrer für Deutsch, Rechnen und Realien erwähnt. Am [[3. März]] [[1920]] erhielt Kissinger durch eine Regierungsentschließung die Festanstellung an der höheren Mädchenschule, dem heutigen [[Helene-Lange-Gymnasium]]. Seine Schüler nannten Kissinger "Kissus" und manche Mädchen beschrieben ihn als "stets korrekt gekleideten, mit Fliege, später vorzugsweise mit Krawatte zum meist dreiteiligen Anzug" gekleideten Lehrer, der gerne mit einem Buch unter dem Arm beschwingt - fast hüpfend - zum Pult im Klassenzimmer eilte mit den Worten "''Setzen, setzen!''". Während die Mädchen eher für ihn schwärmten, schienen die Knaben seine "Schwächen" bald erkannt zu haben, denn als besonders strenger Lehrer, der den Stock zur Disziplinierung einsetzte, wurde er nicht beschrieben. Kissinger hatte zwar - wie damals üblich - einen Stock griffbreit, aber zum Einsatz kam er scheinbar so gut wie nie. Dies schien einige Schüler immer wieder zu Streichen gegen Kissinger anzuregen.  
 
Am [[29. April]] [[1917]] bewarb sich Louis Kissinger, inzwischen 30 Jahre alt, beim Königlich Bayerischen Staatsministerium des Inneren für Kirchen- und Schulangelegenheiten für die Zulassung zur Reifeprüfung an Realgymnasien. Kurze Zeit später erfolgte die Zulassung zur Prüfung. Zur gleichen Zeit beantragte Kissinger in Fürth das Bürgerrecht, dass ihm am [[20. November]] [[1917]] zugesprochen wurde. Kissinger hatte bereits im Oktober [[1917]] das Studium der Kameralistik (Buchführung, öffentliche Verwaltung) und Philosophie an der Universität in Erlangen begonnen. Am [[10. April]] [[1919]] erhielt Kissinger erstmals ein Abgangszeugnis, so dass seiner Anstellung im öffentlichen Dienst nichts mehr im Weg stamd. Im Jahresbericht der Städtischen Höheren Mädchenschule in Fürth wurde Kissinger [[1919]]/[[1920]] erstmals als Hauptlehrer für Deutsch, Rechnen und Realien erwähnt. Am [[3. März]] [[1920]] erhielt Kissinger durch eine Regierungsentschließung die Festanstellung an der höheren Mädchenschule, dem heutigen [[Helene-Lange-Gymnasium]]. Seine Schüler nannten Kissinger "Kissus" und manche Mädchen beschrieben ihn als "stets korrekt gekleideten, mit Fliege, später vorzugsweise mit Krawatte zum meist dreiteiligen Anzug" gekleideten Lehrer, der gerne mit einem Buch unter dem Arm beschwingt - fast hüpfend - zum Pult im Klassenzimmer eilte mit den Worten "''Setzen, setzen!''". Während die Mädchen eher für ihn schwärmten, schienen die Knaben seine "Schwächen" bald erkannt zu haben, denn als besonders strenger Lehrer, der den Stock zur Disziplinierung einsetzte, wurde er nicht beschrieben. Kissinger hatte zwar - wie damals üblich - einen Stock griffbreit, aber zum Einsatz kam er scheinbar so gut wie nie. Dies schien einige Schüler immer wieder zu Streichen gegen Kissinger anzuregen.  
Zeile 61: Zeile 61:  
== Verfolgung während der NS-Zeit ==
 
== Verfolgung während der NS-Zeit ==
 
[[Datei:Ausreiseerlaubnis Louis Kissinger 1938.jpg|miniatur|rechts|Ausreiseerlaubnis, Mai 1938]]
 
[[Datei:Ausreiseerlaubnis Louis Kissinger 1938.jpg|miniatur|rechts|Ausreiseerlaubnis, Mai 1938]]
Nach dem [[1. April]] [[1933]] wurden durch den reichsweiten Boykott gegen jüdische Geschäfte ([[wikipedia:Judenboykott|Judenboykott]]) die ersten Aktionen spürbar für die jüdische Bevölkerung. Für Walter und Heinz Kissinger war zunächst die Schulzeit an einer öffentlichen Schule beendet, da Ende April 1933 die faktische Schließung öffentlicher Bildungseinrichtungen für jüdische Schuler und Studenten den Besuch einer öffentlichen Schule unmöglich machten. Gleiches galt auch für die Eltern Louis und [[Paula Kissinger]]. Durch die "Wiederherstellung des Berufsbeamtentums" wurde Kissinger als Gymnasiallehrer über Nacht arbeitslos, die letzten Zeugnisse unterschriebt Kissinger am [[6. April]] [[1933]] - am [[2. Mai]] [[1933]] wurde er zwangsbeurlaubt.<ref>Evi Kurz: Die Kissinger Saga. TLF TimeLineFilm, 2007. S. 89</ref>  
+
Nach dem [[1. April]] [[1933]] wurden durch den reichsweiten Boykott gegen jüdische Geschäfte (siehe: [[wikipedia:Judenboykott|Judenboykott]]) die ersten Aktionen spürbar für die jüdische Bevölkerung. Für Walter und Heinz Kissinger war zunächst die Schulzeit an einer öffentlichen Schule beendet, da Ende April 1933 die faktische Schließung öffentlicher Bildungseinrichtungen für jüdische Schuler und Studenten den Besuch einer öffentlichen Schule unmöglich machten. Gleiches galt auch für die Eltern Louis und [[Paula Kissinger]]. Durch die "Wiederherstellung des Berufsbeamtentums" wurde Kissinger als Gymnasiallehrer über Nacht arbeitslos, die letzten Zeugnisse unterschriebt Kissinger am [[6. April]] [[1933]] - am [[2. Mai]] [[1933]] wurde er zwangsbeurlaubt.<ref>Evi Kurz: Die Kissinger Saga. TLF TimeLineFilm, 2007. S. 89</ref>  
    
Am [[9. Oktober]] [[1933]] wurde der 47-jährige Kissinger durch das Bay. Staatsministerium des Innern zum Beginn des Schuljahres 1933/1934 in den "dauerhaften Ruhestand" versetzt. Die Tatsache, dass er weiterhin seine vollen Bezüge erhielt, ändert nichts daran, dass Kissinger in eine schwere Krise stürzte. Erschwerend kam für ihn hinzu, dass seine ehemaligen Kollegen zunehmend auf Distanz gingen - kein einziger wollte nach 1933 zu ihm stehen. Auch im Privaten gingen Freunde und Bekannte zunehmend auf Distanz, so dass sich die Kissingers recht schnell in Fürth isoliert fühlten. Es ist Paula Kissinger, die schließlich die Entscheidung traff, Deutschland zu verlassen. Am [[24. April]] [[1938]] beantragt Louis Kissinger schließlich die Ausstellung von Pässen beim Polizeiamt Fürth, da sie die "Absicht haben", mit der Familie in die Vereinigten Staaten auszuwandern. Bereits eine Woche später, am [[29. April]] [[1938]], genehmigte die Gestapo die Ausreise. Am [[10. August]] [[1938]] - nur drei Monate vor der Reichspogromnacht - meldete Louis Kissinger sich und seine Familie beim Polizeipräsidium Fürth offiziell ab. Kurz darauf waren sie auf dem Weg nach London, bis sie schließlich am [[30. August]] [[1938]] per Schiff an Bord der "Ile de France" von Le Havre nach New York City übersetzten.
 
Am [[9. Oktober]] [[1933]] wurde der 47-jährige Kissinger durch das Bay. Staatsministerium des Innern zum Beginn des Schuljahres 1933/1934 in den "dauerhaften Ruhestand" versetzt. Die Tatsache, dass er weiterhin seine vollen Bezüge erhielt, ändert nichts daran, dass Kissinger in eine schwere Krise stürzte. Erschwerend kam für ihn hinzu, dass seine ehemaligen Kollegen zunehmend auf Distanz gingen - kein einziger wollte nach 1933 zu ihm stehen. Auch im Privaten gingen Freunde und Bekannte zunehmend auf Distanz, so dass sich die Kissingers recht schnell in Fürth isoliert fühlten. Es ist Paula Kissinger, die schließlich die Entscheidung traff, Deutschland zu verlassen. Am [[24. April]] [[1938]] beantragt Louis Kissinger schließlich die Ausstellung von Pässen beim Polizeiamt Fürth, da sie die "Absicht haben", mit der Familie in die Vereinigten Staaten auszuwandern. Bereits eine Woche später, am [[29. April]] [[1938]], genehmigte die Gestapo die Ausreise. Am [[10. August]] [[1938]] - nur drei Monate vor der Reichspogromnacht - meldete Louis Kissinger sich und seine Familie beim Polizeipräsidium Fürth offiziell ab. Kurz darauf waren sie auf dem Weg nach London, bis sie schließlich am [[30. August]] [[1938]] per Schiff an Bord der "Ile de France" von Le Havre nach New York City übersetzten.
1.345

Bearbeitungen