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Am 18. Mai 1945 wurden die ersten [[US Army|US-amerikanischen Soldaten]] in den [[Finkenschlag]] einquartiert. Die Bewohner mussten von jetzt auf gleich ihre Wohnungen verlassen. Allerdings sollten die etwa 100 Wohnungen schon im Juli wieder freigegeben werden. Dem war aber dann nicht so. Im folgenden Winter wurde dann ein zweites Mal versprochen, dass die ursprünglichen Bewohner bald wieder einziehen könnten. Aber auch das geschah nicht. Im folgenden Frühjahr bestand sogar die Gefahr, dass die gesamte Arbeitersiedlung der [[Baugenossenschaft Eigenes Heim e. G.|Baugenossenschaft Eigenes Heim]] von der [[Military Government|US-Militärregierung]] beschlagnahmt werden würde. Letztendlich blieb es dann aber bei den Häusern im Finkenschlag als einziger Straße. Zwischen [[1946]] und [[1949]] entstand im Finkenschlag eine autonome jüdische Gemeinschaft auf Zeit. In diesem ''Camp Finkenschlag'' wurden für einige Jahre bis zu 800 jüdische Opfer des Nationalsozialismus untergebracht, sogenannte [[wikipedia:Displaced Person|Displaced Persons]] (DPs), entwurzelte, verschleppte Menschen, die ihre Heimat verloren hatten.
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Am 18. Mai 1945 wurden die ersten [[U.S. Army|US-amerikanischen Soldaten]] in den [[Finkenschlag]] einquartiert. Die Bewohner mussten von jetzt auf gleich ihre Wohnungen verlassen. Allerdings sollten die etwa 100 Wohnungen schon im Juli wieder freigegeben werden. Dem war aber dann nicht so. Im folgenden Winter wurde dann ein zweites Mal versprochen, dass die ursprünglichen Bewohner bald wieder einziehen könnten. Aber auch das geschah nicht. Im folgenden Frühjahr bestand sogar die Gefahr, dass die gesamte Arbeitersiedlung der [[Baugenossenschaft Eigenes Heim e. G.|Baugenossenschaft Eigenes Heim]] von der [[Military Government|US-Militärregierung]] beschlagnahmt werden würde. Letztendlich blieb es dann aber bei den Häusern im Finkenschlag als einziger Straße. Zwischen [[1946]] und [[1949]] entstand im Finkenschlag eine autonome jüdische Gemeinschaft auf Zeit. In diesem ''Camp Finkenschlag'' wurden für einige Jahre bis zu 800 jüdische Opfer des Nationalsozialismus untergebracht, sogenannte [[wikipedia:Displaced Person|Displaced Persons]] (DPs), entwurzelte, verschleppte Menschen, die ihre Heimat verloren hatten.
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==[[wikipedia:Displaced Person|DP-Lager]] "Neues Licht" - אור חדש - Or Chadasch<ref>alle Ausführungen nach: "Das jüdische DP-Lager „Or Chadasch“ in Fürth" in: [https://www.after-the-shoah.org/fuerth-das-juedische-dp-lager-or-chadasch/ online verfügbar]</ref>==
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==[[wikipedia:Displaced Person|DP-Lager]] "Neues Licht" - אור חדש - Or Chadasch<ref>alle Ausführungen nach: "Das jüdische DP-Lager „Or Chadasch“ in Fürth" in: [https://www.after-the-shoah.org/fuerth-das-juedische-dp-lager-or-chadasch/ online]</ref>==
 
[[Datei:Or Chadasz 16. September 1946.png|mini|right|Or Chadasz in "Undzer Wort", 16. September 1946]]
 
[[Datei:Or Chadasz 16. September 1946.png|mini|right|Or Chadasz in "Undzer Wort", 16. September 1946]]
    
Die Geschichte des DP-Lagers begann bereits 1945 in der "Hard-Siedlung". Dort wurden den jüdischen Opfern aus der NS-Zeit verlassene Häuser zugewiesen, ohne Türen, Fenster und sanitären Anlagen.<ref>siehe Beitrag E. Kroo: ''"Or Chadasz" Fürth'' in: "Undzer Wort" ווארט אונדזעך vom 16. September 1946</ref> Aufgrund der ständigen Zuzüge wurde das Lager dann im Januar 1946 mit neun neuen Wohnblöcken im Finkenschlag vergrößert. Die Anwohnerzahl betrug da schon um die 2000. Auf Anordnung der Militärregierung wurde das Lager "Hard Siedlung" im März 1946 geschlossen und nur das neue Camp Finkenschlag mit dem Namen "Or Chadasz" ( אור חדש, neues Licht) weiter betrieben. Die Bewohnerzahl wurde auf 750 begrenzt.<ref>ebenda</ref> Das DP-Lager war das erste in Franken und in ihm wurden hauptsächlich überlebende Juden aus Ungarn einquartiert.<ref>Mosche N. Rosenfeld: "The Rav of Fürth", 2021, S. 234</ref>
 
Die Geschichte des DP-Lagers begann bereits 1945 in der "Hard-Siedlung". Dort wurden den jüdischen Opfern aus der NS-Zeit verlassene Häuser zugewiesen, ohne Türen, Fenster und sanitären Anlagen.<ref>siehe Beitrag E. Kroo: ''"Or Chadasz" Fürth'' in: "Undzer Wort" ווארט אונדזעך vom 16. September 1946</ref> Aufgrund der ständigen Zuzüge wurde das Lager dann im Januar 1946 mit neun neuen Wohnblöcken im Finkenschlag vergrößert. Die Anwohnerzahl betrug da schon um die 2000. Auf Anordnung der Militärregierung wurde das Lager "Hard Siedlung" im März 1946 geschlossen und nur das neue Camp Finkenschlag mit dem Namen "Or Chadasz" ( אור חדש, neues Licht) weiter betrieben. Die Bewohnerzahl wurde auf 750 begrenzt.<ref>ebenda</ref> Das DP-Lager war das erste in Franken und in ihm wurden hauptsächlich überlebende Juden aus Ungarn einquartiert.<ref>Mosche N. Rosenfeld: "The Rav of Fürth", 2021, S. 234</ref>
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Jedes Jahr bestimmten die Bewohner in demokratischen Wahlen ihre politische Führung, das ''Komitee''. Ähnlich wie eine Stadtverwaltung regelten der Vorsitzende und seine Mitarbeiter das Alltagsleben im Camp. Es wurde ein Kindergarten und eine Volksschulen eingerichtet, die von 50 Kindern besucht wurde. Für den Religionsunterricht wurde ein "''chejder''"<ref>Jiddisch "Chejder" sonst auch [[wikipedia:Cheder|Cheder]]</ref> eingerichtet.<ref>siehe Beitrag E. Kroo: ''"Or Chadasz" Fürth'' in: "Undzer Wort" ווארט אונדזעך vom 16. September 1946</ref><ref>https://www.talmud-thora.de/einrichtungen/camp-fuerth-finkenschlag/ Talmud-Thora Schulen in Deutschland]</ref> Für Mädchen gab es eine Handarbeitsschule, außerdem Hebräisch und Englisch Kurse.</br>
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Jedes Jahr bestimmten die Bewohner in demokratischen Wahlen ihre politische Führung, das ''Komitee''. Ähnlich wie eine Stadtverwaltung regelten der Vorsitzende und seine Mitarbeiter das Alltagsleben im Camp. Es wurde ein Kindergarten und eine Volksschulen eingerichtet, die von 50 Kindern besucht wurde. Für den Religionsunterricht wurde ein "''chejder''"<ref>Jiddisch "Chejder" sonst auch [[wikipedia:Cheder|Cheder]]</ref> eingerichtet.<ref>siehe Beitrag E. Kroo: ''"Or Chadasz" Fürth'' in: "Undzer Wort" ווארט אונדזעך vom 16. September 1946</ref><ref>[https://www.talmud-thora.de/einrichtungen/camp-fuerth-finkenschlag/ Talmud-Thora Schulen in Deutschland]</ref> Für Mädchen gab es eine Handarbeitsschule, außerdem Hebräisch und Englisch Kurse.</br>
    
Das Kulturamt organisierte Konzerte, Theatervorführungen<ref>vgl. "Fun Fürther lager-lebn" und "Gelungener ojftrit fun Ema Szewer Lazarow in Fürth" in: "Undzer Wort" ווארט אונדזעך vom 16. September 1946</ref> und schuf eine Bibliothek mit Lesesaal, der Sportverein Makabi Fürth spielte in der jüdischen Fußball-Liga etwa mit Kadima Schwabach, Hapoel Ansbach sowie Hakoach Hof um die Meisterschaft. Für die frommen Juden wurden eine Synagoge, ein Ritualbad, eine koschere Küche und eine Religionsschule eröffnet.  
 
Das Kulturamt organisierte Konzerte, Theatervorführungen<ref>vgl. "Fun Fürther lager-lebn" und "Gelungener ojftrit fun Ema Szewer Lazarow in Fürth" in: "Undzer Wort" ווארט אונדזעך vom 16. September 1946</ref> und schuf eine Bibliothek mit Lesesaal, der Sportverein Makabi Fürth spielte in der jüdischen Fußball-Liga etwa mit Kadima Schwabach, Hapoel Ansbach sowie Hakoach Hof um die Meisterschaft. Für die frommen Juden wurden eine Synagoge, ein Ritualbad, eine koschere Küche und eine Religionsschule eröffnet.  
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* ''Finkenschlag doch freigegeben''. In: Fürther Nachrichten vom 17. September 1949 (Druckausgabe)
 
* ''Finkenschlag doch freigegeben''. In: Fürther Nachrichten vom 17. September 1949 (Druckausgabe)
 
* D. H.: ''Nach 4 Jahren wieder im "Eigenen Heim"''. In: Fürther Nachrichten vom 16. Dezember 1949 (Druckausgabe)
 
* D. H.: ''Nach 4 Jahren wieder im "Eigenen Heim"''. In: Fürther Nachrichten vom 16. Dezember 1949 (Druckausgabe)
* Jim G. Tobias: ''Eine jüdische Stadt in Fürth''. In: Fürther Nachrichten vom 28. August 2019 (Druckausgabe) bzw. ''Camp am Finkenschlag: Eine jüdische Stadt in Fürth''. In: nordbayern.de vom 31. August 2019 - [https://www.nordbayern.de/region/1.9261393 online abrufbar]
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* Jim G. Tobias: ''Eine jüdische Stadt in Fürth''. In: Fürther Nachrichten vom 28. August 2019 (Druckausgabe) bzw. ''Camp am Finkenschlag: Eine jüdische Stadt in Fürth''. In: nordbayern.de vom 31. August 2019 - [https://www.nordbayern.de/region/1.9261393 online]
 
* Johannes Alles: ''Camp Finkenschlag''. In: Fürther Nachrichten vom 30. April 2020 (Druckausgabe)
 
* Johannes Alles: ''Camp Finkenschlag''. In: Fürther Nachrichten vom 30. April 2020 (Druckausgabe)
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* [[Finkenschlag]]
 
* [[Finkenschlag]]
 
* [[Military Government]]
 
* [[Military Government]]
* [[US Army]]
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* [[U.S. Army]]
 
* [[Zwangsarbeiterlager Würzburger Straße]]
 
* [[Zwangsarbeiterlager Würzburger Straße]]
 
* [[Fiorda]]
 
* [[Fiorda]]
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* Nürnberger Institut für NS-Forschung und jüdische Geschichte des 20. Jahrhunderts: Jüdisches DP-Lager [http://www.after-the-shoah.org/fuerth-juedisches-dp-lager-fuerth-jewish-dp-camp/ Finkenschlag]
 
* Nürnberger Institut für NS-Forschung und jüdische Geschichte des 20. Jahrhunderts: Jüdisches DP-Lager [http://www.after-the-shoah.org/fuerth-juedisches-dp-lager-fuerth-jewish-dp-camp/ Finkenschlag]
 
* Displaced Persons (DPs) bei [https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Displaced_Persons_(DPs) Historisches Lexikon Bayerns]
 
* Displaced Persons (DPs) bei [https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Displaced_Persons_(DPs) Historisches Lexikon Bayerns]
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* Fuerth Displaced Persons Camp bei - [https://collections.ushmm.org/search?q=DISPLACED%20PERSONS/RETURN%20TO%20LIFE%20--%20DP%20Camps/Postwar%20Communities%20--%20Germany%20--%20Fuerth/Finkenschlag&search_field=Photo%20Designation  United States Holocaust Memorial Museum]
    
== Einzelnachweise ==
 
== Einzelnachweise ==