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Morgenstern stammte aus einer jüdischen Büchenbacher Kaufmannsfamilie und besuchte das Gymnasium in Erlangen, ehe er zum Studium der Rechtswissenschaften an der Julius-Maximilian-Universität nach Würzburg ging. Während seines Studiums wurde er [[1834]] Mitglied der liberalen alten Erlanger Burschenschaft ''Germania'' (später "Corps Bavaria") und praktizierte als Jurist an verschiedenen Gerichten und bei mehreren Anwälten, bis Morgenstern [[1848]] nach Fürth zog. In diesem Jahr wurde er sogleich Gründungsmitglied des politischen [[Leseverein|Lesevereins]]. Bedingt durch die Revolution [[1848]] kam es zum Wegfall der christlichen Konfession als Voraussetzung für die Kandidatur zur Kammer der Abgeordneten, sodass Morgenstern im Dezember [[1848]] als erster jüdischer Abgeordneter zum Vertreter des Wahlkreises in der Münchner Kammer für den Wahlkreis Nürnberg gewählt wurde, dem Vorläufer des heutigen Landtages. [[1849]] hielt er auf der Volksversammlung in Uehlfeld (bei Neustadt/Aisch), zu der Tausende Menschen gekommen waren, eine Rede, in der er sich gegen die Bevormundung des Volkes wandte. Für den Wahlkreis Nürnberg gehörte er sechs Jahre dem Landtag an, ehe er seine Amtszeit [[1855]] aus politischen Gründen ruhen lassen musste, um keinen weiteren Repressalien ausgesetzt zu sein. Im Landtag agierte er als [[Fürther Volksverein|Demokrat]]. Mit den anderen Linken - die Demokraten bzw. Linksliberalen waren die Linken im Parlament - setzte er sich dafür ein, dass die Reichsverfassung, die von der Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche erarbeitet worden war, durch den bayerischen Staat anerkannt werde.  
 
Morgenstern stammte aus einer jüdischen Büchenbacher Kaufmannsfamilie und besuchte das Gymnasium in Erlangen, ehe er zum Studium der Rechtswissenschaften an der Julius-Maximilian-Universität nach Würzburg ging. Während seines Studiums wurde er [[1834]] Mitglied der liberalen alten Erlanger Burschenschaft ''Germania'' (später "Corps Bavaria") und praktizierte als Jurist an verschiedenen Gerichten und bei mehreren Anwälten, bis Morgenstern [[1848]] nach Fürth zog. In diesem Jahr wurde er sogleich Gründungsmitglied des politischen [[Leseverein|Lesevereins]]. Bedingt durch die Revolution [[1848]] kam es zum Wegfall der christlichen Konfession als Voraussetzung für die Kandidatur zur Kammer der Abgeordneten, sodass Morgenstern im Dezember [[1848]] als erster jüdischer Abgeordneter zum Vertreter des Wahlkreises in der Münchner Kammer für den Wahlkreis Nürnberg gewählt wurde, dem Vorläufer des heutigen Landtages. [[1849]] hielt er auf der Volksversammlung in Uehlfeld (bei Neustadt/Aisch), zu der Tausende Menschen gekommen waren, eine Rede, in der er sich gegen die Bevormundung des Volkes wandte. Für den Wahlkreis Nürnberg gehörte er sechs Jahre dem Landtag an, ehe er seine Amtszeit [[1855]] aus politischen Gründen ruhen lassen musste, um keinen weiteren Repressalien ausgesetzt zu sein. Im Landtag agierte er als [[Fürther Volksverein|Demokrat]]. Mit den anderen Linken - die Demokraten bzw. Linksliberalen waren die Linken im Parlament - setzte er sich dafür ein, dass die Reichsverfassung, die von der Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche erarbeitet worden war, durch den bayerischen Staat anerkannt werde.  
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Morgensterns Enkel [[wikipedia:Max Süßheim|Max Süßheim]] verfasste mit Stolz [[1899]] eine Broschüre, in der er die ''"parlamentarische  Thätigkeit  Dr. jur.  David Morgenstern’s“ die landespolitischen Aktivitäten des Großvaters statistisch zusammen''(fasste)'': Demnach  nahm  er  an insgesamt 155  namentlichen  Abstimmungen teil, reichte 30 Anträge selbst ein und vertrat 24 Eingaben. Er war bei 154 Sitzungen anwesend, zu deren Debatten er „ebenso formvollendete als gehaltvolle Reden“ beitrug. Ein Beispiel hierfür bietet seine pointierte Stellungnahme zu einem Gesetzesentwurf des reaktionären Kabinetts von der Pfordten am 13.1.1855, mit dem den Juden in Bayern das passive Wahlrecht entzogen werden sollte. Morgenstern spitzte die hinter dieser Initiative stehende, mittelalterlich anmutende Haltung in drei rhetorischen Fragen zu und gab sie so der Lächerlichkeit preis: „Sind alle Christen gut? Oder ist ein schlechter Christ besser als ein schlechter Jude? Oder soll ein schlechter Christ besser sein als ein guter Jude?“ Der Antrag der Regierung  wurde am [[19. Januar]] [[1855]] mit 76 zu 61 Stimmen abgelehnt. Dies war zugleich David Morgensterns letzte Rede im Parlament des Königreichs  Bayern. Die Abgeordneten erhielten damals keine Diäten, sodass sie ihr politisches Engagement selbst finanzieren mussten. Da Morgenstern als Linksliberaler stets regierungskritisch aufgetreten war, hatte ihm  Minister von der Pfordten eines Tages unumwunden gesagt, dass er nie die Niederlassungsgenehmigung als Anwalt erhalten würde. Daraufhin musste er seine Tätigkeit als Parlamentarier aufgeben und trat zur Sicherung seiner Existenz [[1855]] zunächst als Kassierer in das Bankhaus Meyer Kohn in Nürnberg ein."''<ref>Erinnerungen an Dr. Morgenstern. In: Allgemeine Zeitung des Judentums vom [[26. Dezember]] [[1882]] -  [http://www.alemannia-judaica.de/buechenbach_synagoge.htm online abrufbar]</ref>
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Morgensterns Enkel [[wikipedia:Max Süßheim|Max Süßheim]] verfasste mit Stolz [[1899]] eine Broschüre, in der er die ''"parlamentarische  Thätigkeit  Dr. jur.  David Morgenstern’s“ die landespolitischen Aktivitäten des Großvaters statistisch zusammen''(fasste)'': Demnach  nahm  er  an insgesamt 155  namentlichen  Abstimmungen teil, reichte 30 Anträge selbst ein und vertrat 24 Eingaben. Er war bei 154 Sitzungen anwesend, zu deren Debatten er „ebenso formvollendete als gehaltvolle Reden“ beitrug. Ein Beispiel hierfür bietet seine pointierte Stellungnahme zu einem Gesetzesentwurf des reaktionären Kabinetts von der Pfordten am 13.1.1855, mit dem den Juden in Bayern das passive Wahlrecht entzogen werden sollte. Morgenstern spitzte die hinter dieser Initiative stehende, mittelalterlich anmutende Haltung in drei rhetorischen Fragen zu und gab sie so der Lächerlichkeit preis: „Sind alle Christen gut? Oder ist ein schlechter Christ besser als ein schlechter Jude? Oder soll ein schlechter Christ besser sein als ein guter Jude?“ Der Antrag der Regierung  wurde am [[19. Januar]] [[1855]] mit 76 zu 61 Stimmen abgelehnt. Dies war zugleich David Morgensterns letzte Rede im Parlament des Königreichs  Bayern. Die Abgeordneten erhielten damals keine Diäten, sodass sie ihr politisches Engagement selbst finanzieren mussten. Da Morgenstern als Linksliberaler stets regierungskritisch aufgetreten war, hatte ihm  Minister von der Pfordten eines Tages unumwunden gesagt, dass er nie die Niederlassungsgenehmigung als Anwalt erhalten würde. Daraufhin musste er seine Tätigkeit als Parlamentarier aufgeben und trat zur Sicherung seiner Existenz [[1855]] zunächst als Kassierer in das Bankhaus Meyer Kohn in Nürnberg ein."''<ref>Erinnerungen an Dr. Morgenstern. In: Allgemeine Zeitung des Judentums vom [[26. Dezember]] [[1882]] -  [http://www.alemannia-judaica.de/buechenbach_synagoge.htm online]</ref>
    
Morgenstern setzte sich wiederholt für die Emanzipation der Juden in Bayern ein. Dies geschah erstmalig während seiner Tätigkeit als Rechtspraktikant in der Bamberger Kanzlei des radikalliberalen Anwalts Nikolaus Titus, in der er [[1846]] eine Petition der jüdischen Gemeinden des mittelfränkischen Kreises an die bayerische Ständeversammlung richtete mit dem Inhalt, den Juden alle bürgerlichen Rechte zu gewähren. Auch im Landtag engagierte sich Morgenstern für die Rechte der jüdischen Bevölkerung. In der Folge wurde seine kritische Haltung gegenüber der Regierung zum Verhängnis, da sie ihm die Zulassung als Anwalt verweigerte. Morgenstern legte aufgrund dessen sein Mandat [[1855]] nieder und beendete auch seine juristische Tätigkeit, blieb aber weiterhin politisch aktiv.  
 
Morgenstern setzte sich wiederholt für die Emanzipation der Juden in Bayern ein. Dies geschah erstmalig während seiner Tätigkeit als Rechtspraktikant in der Bamberger Kanzlei des radikalliberalen Anwalts Nikolaus Titus, in der er [[1846]] eine Petition der jüdischen Gemeinden des mittelfränkischen Kreises an die bayerische Ständeversammlung richtete mit dem Inhalt, den Juden alle bürgerlichen Rechte zu gewähren. Auch im Landtag engagierte sich Morgenstern für die Rechte der jüdischen Bevölkerung. In der Folge wurde seine kritische Haltung gegenüber der Regierung zum Verhängnis, da sie ihm die Zulassung als Anwalt verweigerte. Morgenstern legte aufgrund dessen sein Mandat [[1855]] nieder und beendete auch seine juristische Tätigkeit, blieb aber weiterhin politisch aktiv.  
In Fürth reaktivierte er z. B. den [[1850]] verbotenen [[Fürther Volksverein|demokratischen Volksverein]]. Er nahm [[1860]] an der Generalversammlung des Deutschen Nationalvereins in Coburg teil und war [[1866]] Delegierter auf der Frankfurter Volksversammlung, bei der auch August Bebel anwesend war. Als Gegner der preußischen Politik in der Schleswig-Holstein-Krise arbeitete er hier am Entwurf einer demokratischen Verfassung für Deutschland mit. Ebenso besuchte Morgenstern [[1869]] in Eisenach den Allgemeinen Deutschen Sozialdemokratischen Arbeiterkongress, auf dem die sozialdemokratische Arbeiterpartei, der direkte Vorläufer der SPD, gegründet wurde. Morgenstern war Mitbegründer der bayer. Fortschrittspartei und Vorsitzender der [[Fürther Volksverein|demokratischen Volkspartei]] in Fürth. Von [[1869]] bis ein Jahr vor seinem Tode gehörte er als Gemeindebevollmächtigter dem Fürther Stadtrat an.<ref>Falk Wiesemann: "Morgenstern, David" in: Neue Deutsche Biographie 18 (1997), S. 108 - [http://www.deutsche-biographie.de/sfz65420.html online abrufbar]</ref>
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In Fürth reaktivierte er z. B. den [[1850]] verbotenen [[Fürther Volksverein|demokratischen Volksverein]]. Er nahm [[1860]] an der Generalversammlung des Deutschen Nationalvereins in Coburg teil und war [[1866]] Delegierter auf der Frankfurter Volksversammlung, bei der auch August Bebel anwesend war. Als Gegner der preußischen Politik in der Schleswig-Holstein-Krise arbeitete er hier am Entwurf einer demokratischen Verfassung für Deutschland mit. Ebenso besuchte Morgenstern [[1869]] in Eisenach den Allgemeinen Deutschen Sozialdemokratischen Arbeiterkongress, auf dem die sozialdemokratische Arbeiterpartei, der direkte Vorläufer der SPD, gegründet wurde. Morgenstern war Mitbegründer der bayer. Fortschrittspartei und Vorsitzender der [[Fürther Volksverein|demokratischen Volkspartei]] in Fürth. Von [[1869]] bis ein Jahr vor seinem Tode gehörte er als Gemeindebevollmächtigter dem Fürther Stadtrat an.<ref>Falk Wiesemann: "Morgenstern, David" in: Neue Deutsche Biographie 18 (1997), S. 108 - [http://www.deutsche-biographie.de/sfz65420.html online]</ref>
     
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