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Mehrere Keller wurden von Schwemmer angetroffen, in denen Wasser vorhanden war, das in die unter Kellersohle versenkten Gruben gesammelt und von Zeit zu Zeit ausgetragen wurde. Aufgrund der festgestellten Verhältnisse sah er die angelegten Senkgruben in den Kellern als grundsätzlich notwendig an, schlug aber zur Verbesserung vor, diese wasserdicht auszumauern, ''„um ein Durchsickern des angesammelten u. mit allen möglichen Bestandtheilen geschwängerten Wassers unmöglich zu machen.“''
 
Mehrere Keller wurden von Schwemmer angetroffen, in denen Wasser vorhanden war, das in die unter Kellersohle versenkten Gruben gesammelt und von Zeit zu Zeit ausgetragen wurde. Aufgrund der festgestellten Verhältnisse sah er die angelegten Senkgruben in den Kellern als grundsätzlich notwendig an, schlug aber zur Verbesserung vor, diese wasserdicht auszumauern, ''„um ein Durchsickern des angesammelten u. mit allen möglichen Bestandtheilen geschwängerten Wassers unmöglich zu machen.“''
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== Erlass einer ortspolizeilichen Vorschrift ==
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Aufgrund der Berichterstattung über die sanitären Missstände in Burgfarrnbach fasste Bezirksamtmann Glaser am 3. Februar 1880 den Entschluss, auf Grundlage von Art. 73 des Polizeistrafgesetzbuchs für Bayern (PStGB) eine ortspolizeiliche Vorschrift durch die Gemeindeverwaltung aufstellen und nötigenfalls selbst eine distriktspolizeiliche Anordnung zu erlassen. Verbindungskanäle zu Brunnen waren zweifellos als unstatthaft zu erklären; nach seiner Auffassung auch dann, wenn betreffende Brunnen ausschließlich zu „industriellen Zwecken“ benutzt werden sollen, wie es der Mauerermeister Max Weber von seiner Ziegelei behauptete. Etwas schwieriger war die Regelung der Senk- bzw. Sickergruben in Kellern; hier waren die Bedingungen, in welcher Weise diese am zweckmäßigsten zu gestalten sind, noch amtsintern zu klären.
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Glaser bat hierzu Dr. Fronmüller um gutachtliche Äußerung, die er bereits am 7. des Monats abgab und die Beseitigung von Leitungen zu Brunnen, auch im Fall der Weber’schen Ziegelei, „vom medizin-polizeilichen Standpunkt aus“ in vollem Umfang bestätigte. Bei Senkgruben in Kellern schlug er vor, ''„daß alle unter 3 Meter von Brunnen entfernte Keller-Senkgruben in wohl cementirte, stets rein zu haltende Gruben umgeändert werden.“'' Der geringe Abstand von nur 3 m stieß jedoch beim Bezirksamtmann Glaser auf Bedenken, die auch der Distriktbautechniker Schwemmer teilte. Nach einer Unterredung zwischen Schwemmer und Dr. Fronmülller modifzierte der Bezirksarzt in seiner Stellungnahme vom 30. März an Glaser seinen Vorschlag auf einen Abstand des Brunnens von der äußeren Kellerwand von 5 m.
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Der Gemeindeverwaltung Burgfarrnbach wurde mit Schreiben vom 20. April 1880 vom Kgl. Bezirksamt Fürth „aus Anlass gepflogener Erhebungen“ der Inhalt der zu erlassenden Vorschriften erläutert und folgender Wortlaut mitgeteilt:
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:''„Die Gemeindeverwaltung Burgfarrnbach erläßt zu Art. 73 des PStGB vom 26. Dezember 1871 nachstehende ortspolizeiliche Vorschrift:''
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:''§ 1 - Bei einer Entfernung eines Brunnens bis zu fünf Meter von der gegen den Brunnen gekehrten äußeren Mauer eines Kellers, in welchem sich eine Senkgrube befindet oder in welchem sich die Anlage einer solchen nothwendig erscheint, ist dieselbe wasserdicht herzustellen. Die Seitenwände wie die Böden der Grube sind aus dauerhaftem Material herzustellen und mit Cement zu verputzen.''
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:''§ 2 - Die Ableitung des in den Senkgruben der Keller befindlichen Wassers in Brunnen ist verboten.''
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:''§ 3 - Zuwiderhandlungen werden in Geld bis zu 45 Mark bestraft.''
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:''Burgfarrnb. den''
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::''Die Gemeindeverwaltung''
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::''N. N.“''
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Die Gemeinde erhielt zudem die Aufforderung, ''„über die Erlassung ortspolizeilicher Vorschriften im Sinne dieser Verfügung alsbald Beschluß zu fassen und das Ergebnis binnen vierzehn Tagen anher vorzulegen.“''
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Die Gemeindeverwaltung berichtete am 5. Mai, unterschrieben vom Bürgermeister und dem gesamten Gemeindeausschuss, dass § 1 kaum ausführbar sein dürfte, da die Entfernung von 5 m zu hoch gegriffen sei und das Wasser der Senkgruben keinesfalls einen Abzug in den Brunnenschacht habe, da es sich sonst dort nicht halten würde, zumal die Brunnen [gemeint ist wohl der Brunnenwasserspiegel] durchschnittlich  5 - 6 m tiefer als die Keller liegen würden. Dem § 2 wurde aber zugestimmt.
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Die vorgebrachten Bedenken der Gemeindeverwaltung teilte das Bezirksamt jedoch nicht; in einer fachlichen Stellungnahme Schwemmers vom 13. Juni wurden die Behauptungen der Gemeindeverwaltung zurückgewiesen. Diese Stellungnahme erhielt die Gemeinde mit Schreiben vom 22. Juni zur Kenntnis mit der Bitte um wiederholte Beschlussfassung im Sinne der im April ergangenen Verfügung.
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Aber die Gemeindeverwaltung blieb bei ihrer Ablehnung des § 1. Sie verwies in ihrem Antwortschreiben vom 5. Juli darauf, dass der Untergrund der Ortsfläche ein zum Farrnbach sich senkendes Felsengehänge bildet, wiederholte, dass in Kellersenkgruben sich haltendes Wasser kaum Abfluss in die Brunnenschächte habe und warnte, die Vorschrift würde ''„gerade den kleinen Besitzer, der nur über wenige Quadratmeter Hofraum verfügt, schwer schädigen, da selben entweder der Neuanlage eines Brunnens oder Kellers in der bezeichneten Weise unmöglich gemacht wäre.“''
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Darauf reagierte Bezirksamtmann Glaser am 8. Juli und teilte der Gemeindeverwaltung mit, dass dem Antrag der Gemeinde nicht Folge geleistet werde, vielmehr ist die ortspolizeiliche Vorschrift innerhalb von vierzehn Tagen nach Empfang seines Schreibens zu erlassen, widrigenfalls ergeht aufgrund der eingeräumten Ermächtigung nach Art. 5 Abs. 1 u. 2 des PStGB für den Ortspolizeibezirk Burgfarrnbach die Vorschrift von Distriktpolizei wegen.
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Erst nach ausdrücklicher Aufforderung vom 2. September 1880 teilte die Gemeindeverwaltung zwei Tage später mit, dass sie auf ihren Beschluss vom 5. Juli weiter beharrt. Nochmal hörte der Bezirksamtmann seinen Fachmann Schwemmer, der wiederum Dr. Fronmüller beteiligte. Beide bestanden auf die Notwendigkeit von § 1 der Vorschrift. Der Bezirksarzt betonte aufgrund der in Burgfarrnbach geherrschten Typhusepedemie im Jahr 1865 und der Fälle des Vorjahres ''„eine ganz besondere Berücksichtigung der Sanitätsverhältnisse am Ort und zwar in einem Ort, wo es sich ereignen konnte, daß zur Ableitung von Grundwasser aus Kellern eigene Kanäle in Brunnenschächte angelegt wurden, und zwar in Schächte von solchen Brunnen, aus denen Trinkwasser genommen wurde; - kaum glaublich, aber wahr.“''
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Der neue Bezirksamtmann Feilitzsch gab die letzten Stellungnahmen seiner Fachleute der Gemeindeverwaltung am 20. Oktober 1880 nochmal  zur Kenntnisnahme mit dem Beifügen, dass hier keinerlei Zweifel bestehen und der Erlass der ortspolizeilichen Vorschriften gem. Verfügung vom 20. April unabweisbares Bedürfnis ist. Noch wurde keine distriktspolizeiliche Vorschrift erlassen, weil man auf die Einsicht der Gemeinde vertraue. Da nunmehr alle Informationen über die Verhältnisse vorliegen, gehe man von aus, dass die Gemeinde sich nicht länger widersetzen werde und man sehe nun der Beschlussfassung binnen 14 Tagen entgegen.
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Schließlich äußerte sich die Gemeindeverwaltung am 11. November und stellte vor Erlass der ortspolizeilichen Vorschrift nun die Bedingung, genaue Untersuchungen darüber anzustellen, ob durch Beobachtung nachgewiesen werden kann, ''„daß sich sammelndes Kellerwasser […] durch unterirdischen Abzug sich verliert.“'' Dafür sollten folgende Keller, in denen sich Wasser sammelt und die unter 5 Meter von Brunnenschächten entfernt sind, zur Beobachtung und Untersuchung zur Verfügung gestellt werden:
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! Lfd. Nr. !! Haus-Nr. !! heutige Adresse !! class="unsortable" | damaliger Eigentümer
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|-
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| style="text-align:center"|1
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| Würzburger Str. 499
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| …
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| Würzburger Str. 502
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| …
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| …
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| …
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| …
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| …
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| …
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|-
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| style="text-align:center"|6
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| Regelsbacher Str. 17
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| …
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