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== Ausbildung und Lehre ==
 
== Ausbildung und Lehre ==
 
[[Datei:Louis Kissinger mit Vater David Kissinger.jpg|miniatur|rechts|Louis Kissinger mit Vater David Kissinger, ca. 1945]]
 
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Im Jahr [[1900]] kam Louis Kissinger mit nur 13 Jahren auf die königliche Präparandenschule in Arnstein. Die Präparandenschule war um die Jahrhundertwende eine Art untere Stufe der Volksschullehrerausbildung.<ref>Präparandenanstalt. Wikipedia, abgerufen am 6. Juni 2015 | 18:34 Uhr [https://de.wikipedia.org/wiki/Pr%C3%A4parandenanstalt online abrufbar]</ref> Bereits [[1901]] zählte er zu den "Besten seines Kurses".<ref>Evi Kurz: Die Kissinger Saga. TLF TimeLineFilm, 2007. S. 50</ref> Sein Jahreszeugnis zählte noch weitere positive Eigenschaften auf, u. a. hieß es darin: "''Durch seine vielen Geistesanlagen, ... seinen lobenswürdigen Hausfleiß, verbunden mit Eifer und Aufmerksamkeit beim Unterricht, hat er in allen Gegenständen die Zufriedenheit seiner Lehrer erworben. Sein religiössittliches, sein disziplinäres Verhalten war durchaus tadelfrei"''.<ref>Evi Kurz: Die Kissinger Saga. TLF TimeLineFilm, 2007. S. 50</ref>
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Im Jahr [[1900]] kam Louis Kissinger mit nur 13 Jahren auf die königliche Präparandenschule in Arnstein. Die Präparandenschule war um die Jahrhundertwende eine Art untere Stufe der Volksschullehrerausbildung.<ref>Präparandenanstalt. Wikipedia, abgerufen am 6. Juni 2015 | 18:34 Uhr [https://de.wikipedia.org/wiki/Pr%C3%A4parandenanstalt online]</ref> Bereits [[1901]] zählte er zu den "Besten seines Kurses".<ref>Evi Kurz: Die Kissinger Saga. TLF TimeLineFilm, 2007. S. 50</ref> Sein Jahreszeugnis zählte noch weitere positive Eigenschaften auf, u. a. hieß es darin: "''Durch seine vielen Geistesanlagen, ... seinen lobenswürdigen Hausfleiß, verbunden mit Eifer und Aufmerksamkeit beim Unterricht, hat er in allen Gegenständen die Zufriedenheit seiner Lehrer erworben. Sein religiössittliches, sein disziplinäres Verhalten war durchaus tadelfrei"''.<ref>Evi Kurz: Die Kissinger Saga. TLF TimeLineFilm, 2007. S. 50</ref>
    
== Kissingers Berufsleben in Fürth ==
 
== Kissingers Berufsleben in Fürth ==
 
Mit 18 Jahren bewarb sich Louis Kissinger zum ersten Mal um eine Lehrerstelle und kam somit auch zum ersten Mal mit Fürth in Berührung. Er bewarb sich beim [[Vereinigtes Heberlein’sches und Arnstein’sches Institut|Vereinigten Heberlein’schen und Arnstein’schen Institut]], das [[1848]] von [[Simon Geiershöfer]] als Privatinstitut für Mädchen gegründet wurde und [[1883]] mit der privaten Heberleinschen Töchterschule zusammengeführt wurde. Es war die erste private höhere Mädchenschule in Fürth, die ursprünglich für Töchter aus jüdischen Häusern gegründet wurde. Um die Jahrhundertwende wurden auch Schülerinnen des christlichen Glaubens zugelassen, so dass die eine Hälfte jüdischen und die andere Hälfte christlichen Glaubens war, meist des evangelischen. Nach knapp 60 Jahren schloß [[1907]] die Schule ihre Pforten, nachdem das städtische [[Helene-Lange-Gymnasium|Mädchenlyzeum]] an der [[Tannenstraße]] den Unterricht aufgenommen hatte.
 
Mit 18 Jahren bewarb sich Louis Kissinger zum ersten Mal um eine Lehrerstelle und kam somit auch zum ersten Mal mit Fürth in Berührung. Er bewarb sich beim [[Vereinigtes Heberlein’sches und Arnstein’sches Institut|Vereinigten Heberlein’schen und Arnstein’schen Institut]], das [[1848]] von [[Simon Geiershöfer]] als Privatinstitut für Mädchen gegründet wurde und [[1883]] mit der privaten Heberleinschen Töchterschule zusammengeführt wurde. Es war die erste private höhere Mädchenschule in Fürth, die ursprünglich für Töchter aus jüdischen Häusern gegründet wurde. Um die Jahrhundertwende wurden auch Schülerinnen des christlichen Glaubens zugelassen, so dass die eine Hälfte jüdischen und die andere Hälfte christlichen Glaubens war, meist des evangelischen. Nach knapp 60 Jahren schloß [[1907]] die Schule ihre Pforten, nachdem das städtische [[Helene-Lange-Gymnasium|Mädchenlyzeum]] an der [[Tannenstraße]] den Unterricht aufgenommen hatte.
 
[[Datei:Louis Kissinger mit Schülerinnen 1920.jpg|miniatur|rechts|Louis Kissinger mit Schülerinnen, ca. 1920]]
 
[[Datei:Louis Kissinger mit Schülerinnen 1920.jpg|miniatur|rechts|Louis Kissinger mit Schülerinnen, ca. 1920]]
Im November [[1905]] hielt Louis Kissinger jedoch erst einmal seinen Einstand in der Heberlein- und Arnsteinischen Höheren Mädchenschule. Er durfte dort bis zu fünf Wochenstunden den isrealitischen Religionsunterricht in den unteren Klassen abhalten. Im März [[1906]] wurde Kissinger durch das Rabbinat im Unterricht geprüft. In dem schriftlich verfassten Bericht über den Unterricht wird es später heißen: ''"Ich freue mich nun, sagen zu können, dass mich ... gründlich vorgenommene außerordentliche Visitation vollständig befriedigt hat. Im Interesse der Schule empfehle ich dringend, für dieses Jahr in dieser kombinierten Abteilung einen weiteren Lehrerwechsel zu verhüten, umsomehr als .. Herr Kissinger den richtigen Ton im Umgang mit seinen Schülerinnen zu treffen scheint.''"<ref>Evi Kurz: Die Kissinger Saga. TLF TimeLineFilm, 2007. S. 51</ref> Gleiches wusste sein Schulleiter über Louis Kissingers Leistungen zu berichten. Am [[18. September]] [[1906]] schrieb der Schulleiter in das Zeugnis von Louis Kissinger: "''Herr Louis Kissinger ... wirkt seit dem Schulbeginn 1905 an der ... Schule des Unterzeichneten als Lehrer der III. und IV. Klasse. Der Unterzeichnete bezeugt genau, dass der verhältnismäßig sehr junge Lehrer sich gleich zu anfangs seiner beruflichen Tätigkeit als ungemein fleißiger, fähiger und rühriger Pädagoge erwies, sich bisher als äußerst gewissenhaft, pünktlich und pflichtgenau nach jeder Richtung hin bewährte und infolge seiner Berufsfreudigkeit und Liebe zu den Kindern ganz vorzügliche Unterrichtsresultate erzielte.''"<ref>Evi Kurz: Die Kissinger Saga. TLF TimeLineFilm, 2007. S. 52</ref>  
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Im November [[1905]] hielt Louis Kissinger jedoch erst einmal seinen Einstand in der Heberlein- und Arnsteinischen Höheren Mädchenschule. Er durfte dort bis zu fünf Wochenstunden den [[wikipedia:Israelitische Kultusgemeinde|israelitischen]] Religionsunterricht in den unteren Klassen abhalten. Im März [[1906]] wurde Kissinger durch das Rabbinat im Unterricht geprüft. In dem schriftlich verfassten Bericht über den Unterricht wird es später heißen: ''"Ich freue mich nun, sagen zu können, dass mich ... gründlich vorgenommene außerordentliche Visitation vollständig befriedigt hat. Im Interesse der Schule empfehle ich dringend, für dieses Jahr in dieser kombinierten Abteilung einen weiteren Lehrerwechsel zu verhüten, umsomehr als .. Herr Kissinger den richtigen Ton im Umgang mit seinen Schülerinnen zu treffen scheint.''"<ref>Evi Kurz: Die Kissinger Saga. TLF TimeLineFilm, 2007. S. 51</ref> Gleiches wusste sein Schulleiter über Louis Kissingers Leistungen zu berichten. Am [[18. September]] [[1906]] schrieb der Schulleiter in das Zeugnis von Louis Kissinger: "''Herr Louis Kissinger ... wirkt seit dem Schulbeginn 1905 an der ... Schule des Unterzeichneten als Lehrer der III. und IV. Klasse. Der Unterzeichnete bezeugt genau, dass der verhältnismäßig sehr junge Lehrer sich gleich zu anfangs seiner beruflichen Tätigkeit als ungemein fleißiger, fähiger und rühriger Pädagoge erwies, sich bisher als äußerst gewissenhaft, pünktlich und pflichtgenau nach jeder Richtung hin bewährte und infolge seiner Berufsfreudigkeit und Liebe zu den Kindern ganz vorzügliche Unterrichtsresultate erzielte.''"<ref>Evi Kurz: Die Kissinger Saga. TLF TimeLineFilm, 2007. S. 52</ref>  
 
[[Datei:Louis Kissinger.jpg|miniatur|links|Louis Kissinger im Kreis seiner Kollegen, ca. 1920]]
 
[[Datei:Louis Kissinger.jpg|miniatur|links|Louis Kissinger im Kreis seiner Kollegen, ca. 1920]]
Privat schien Kissinger zunächst in einem Zimmer in der [[Theaterstraße]] zur Untermiete gewohnt zu haben. Es folgte eine Wohnung beim Bäckermeister Berle Oppenheimer in der [[Hirschenstraße]] <ref>Evi Kurz: ''The Kissinger Saga''; [https://books.google.de/books?id=JItllljeH0oC&pg=PT20&lpg=PT20&dq=berle+oppenheimer+f%C3%BCrth&source=bl&ots=Hf_W-xPQGM&sig=ACfU3U1PoY8T_dprwHBuikCtnDhrfmCkrw&hl=de&sa=X&ved=2ahUKEwjKzoK_9N3zAhWMqaQKHfG8ArIQ6AF6BAggEAM#v=onepage&q=berle%20oppenheimer%20f%C3%BCrth&f=false - online verfügbar]</ref>, bis er Anfang Dezember [[1908]] in der [[Schwabacher Straße 40 / 42| Schwabacher Straße 42]] eine Wohnung bezog. Zur gleichen Zeit unterrichtete Louis Kissinger ebenfalls in der [[1897]] gegründeten privaten [[Heckmannschule]], die er vermutlich als Dienststelle nutzte, nachdem das Heberlein- und Arnsteinische Institut [[1907]] schließen musste. Er unterrichtet nun - nach seiner Anstellungsprüfung am [[20. September]] [[1909]] - die Knaben der Heckmannschule. Sein Jahresgehalt beträgt 1.000 Reichsmark. Seine Anstellung in der Heckmannschule dauerte knapp 10 Jahre. Dabei unterrichtete er in der reinen Knabenschule Deutsch, Rechnen und Realien (also Naturwissenschaften, wie Erdkunde, Geschichte, Biologie oder Physik/Chemie).  
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Privat schien Kissinger zunächst in einem Zimmer in der [[Theaterstraße]] zur Untermiete gewohnt zu haben. Es folgte eine Wohnung beim Bäckermeister Berle Oppenheimer in der [[Hirschenstraße]] <ref>Evi Kurz: ''The Kissinger Saga''; [https://books.google.de/books?id=JItllljeH0oC&pg=PT20&lpg=PT20&dq=berle+oppenheimer+f%C3%BCrth&source=bl&ots=Hf_W-xPQGM&sig=ACfU3U1PoY8T_dprwHBuikCtnDhrfmCkrw&hl=de&sa=X&ved=2ahUKEwjKzoK_9N3zAhWMqaQKHfG8ArIQ6AF6BAggEAM#v=onepage&q=berle%20oppenheimer%20f%C3%BCrth&f=false - online]</ref>, bis er Anfang Dezember [[1908]] in der [[Schwabacher Straße 40 / 42| Schwabacher Straße 42]] eine Wohnung bezog. Zur gleichen Zeit unterrichtete Louis Kissinger ebenfalls in der [[1897]] gegründeten privaten [[Heckmannschule]], die er vermutlich als Dienststelle nutzte, nachdem das Heberlein- und Arnsteinische Institut [[1907]] schließen musste. Er unterrichtet nun - nach seiner Anstellungsprüfung am [[20. September]] [[1909]] - die Knaben der Heckmannschule. Sein Jahresgehalt betrug 1.000 [[wikipedia:Mark (1871)|Mark]]. Seine Anstellung in der Heckmannschule dauerte knapp 10 Jahre. Dabei unterrichtete er in der reinen Knabenschule Deutsch, Rechnen und Realien (also Naturwissenschaften, wie Erdkunde, Geschichte, Biologie oder Physik/Chemie).  
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Vom Kriegsdienst im [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] [[1914]] - [[1918]] als Lehrer befreit, suchte Kissinger nach Möglichkeiten seiner beruflichen Weiterentwicklung. Er bewarb sich mehrfach an anderen Schulen, so z. B. [[1910]] an der Isrealitischen Präparandenschule Talmud-Thora in Burgpreppach, allerdings lehnte er diese Stellen immer wieder ab. Kissinger lehnte auch [[1918]] eine Stelle im oberschlesischen Beuthen ab, die ihm 4.000 Reichsmark für seine Tätigkeit "''hauptsächlich in (der) Erteilung des Religionsunterrichts, Hebräisch und den damit verwandten Fächern in der Jüdischen Volksschule, Gymnasium, Realgymnasium und Lyzeum''" geboten hatten.<ref>Evi Kurz: Die Kissinger Saga. TLF TimeLineFilm, 2007. S. 54</ref>
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Vom Kriegsdienst im [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] [[1914]] - [[1918]] als Lehrer befreit, suchte Kissinger nach Möglichkeiten seiner beruflichen Weiterentwicklung. Er bewarb sich mehrfach an anderen Schulen, so z. B. [[1910]] an der Israelitischen Präparandenschule Talmud-Thora in Burgpreppach, allerdings lehnte er diese Stellen immer wieder ab. Kissinger lehnte auch [[1918]] eine Stelle im oberschlesischen Beuthen ab, die ihm 4.000 Mark für seine Tätigkeit "''hauptsächlich in (der) Erteilung des Religionsunterrichts, Hebräisch und den damit verwandten Fächern in der Jüdischen Volksschule, Gymnasium, Realgymnasium und Lyzeum''" geboten hatten.<ref>Evi Kurz: Die Kissinger Saga. TLF TimeLineFilm, 2007. S. 54</ref>
    
Am [[29. April]] [[1917]] bewarb sich Louis Kissinger, inzwischen 30 Jahre alt, beim Königlich Bayerischen Staatsministerium des Inneren für Kirchen- und Schulangelegenheiten für die Zulassung zur Reifeprüfung an Realgymnasien. Kurze Zeit später erfolgte die Zulassung zur Prüfung. Zur gleichen Zeit beantragte Kissinger in Fürth das Bürgerrecht, das ihm am [[20. November]] [[1917]] zugesprochen wurde. Kissinger hatte bereits im Oktober [[1917]] das Studium der Kameralistik (Buchführung, öffentliche Verwaltung) und Philosophie an der Universität in Erlangen begonnen. Am [[10. April]] [[1919]] erhielt Kissinger erstmals ein Abgangszeugnis, so dass seiner Anstellung im öffentlichen Dienst nichts mehr im Weg stand. Im Jahresbericht der Städtischen Höheren Mädchenschule in Fürth wurde Kissinger [[1919]]/[[1920]] erstmals als Hauptlehrer für Deutsch, Rechnen und Realien erwähnt. Am [[3. März]] [[1920]] erhielt Kissinger durch eine Regierungsentschließung die Festanstellung an der höheren Mädchenschule, dem heutigen [[Helene-Lange-Gymnasium]]. Seine Schüler nannten Kissinger "Kissus" und manche Mädchen beschrieben ihn als "''stets korrekt gekleideten, mit Fliege, später vorzugsweise mit Krawatte zum meist dreiteiligen Anzug''" gekleideten Lehrer, der gerne mit einem Buch unter dem Arm beschwingt - fast hüpfend - zum Pult im Klassenzimmer eilte mit den Worten "''Setzen, setzen!''". Während die Mädchen eher für ihn schwärmten, schienen die Knaben seine "Schwächen" bald erkannt zu haben, denn als besonders strenger Lehrer, der den Stock zur Disziplinierung einsetzte, wurde er nicht beschrieben. Kissinger hatte zwar - wie damals üblich - einen Stock griffbreit, aber zum Einsatz kam er scheinbar so gut wie nie. Dies schien einige Schüler immer wieder zu Streichen gegen Kissinger anzuregen.  
 
Am [[29. April]] [[1917]] bewarb sich Louis Kissinger, inzwischen 30 Jahre alt, beim Königlich Bayerischen Staatsministerium des Inneren für Kirchen- und Schulangelegenheiten für die Zulassung zur Reifeprüfung an Realgymnasien. Kurze Zeit später erfolgte die Zulassung zur Prüfung. Zur gleichen Zeit beantragte Kissinger in Fürth das Bürgerrecht, das ihm am [[20. November]] [[1917]] zugesprochen wurde. Kissinger hatte bereits im Oktober [[1917]] das Studium der Kameralistik (Buchführung, öffentliche Verwaltung) und Philosophie an der Universität in Erlangen begonnen. Am [[10. April]] [[1919]] erhielt Kissinger erstmals ein Abgangszeugnis, so dass seiner Anstellung im öffentlichen Dienst nichts mehr im Weg stand. Im Jahresbericht der Städtischen Höheren Mädchenschule in Fürth wurde Kissinger [[1919]]/[[1920]] erstmals als Hauptlehrer für Deutsch, Rechnen und Realien erwähnt. Am [[3. März]] [[1920]] erhielt Kissinger durch eine Regierungsentschließung die Festanstellung an der höheren Mädchenschule, dem heutigen [[Helene-Lange-Gymnasium]]. Seine Schüler nannten Kissinger "Kissus" und manche Mädchen beschrieben ihn als "''stets korrekt gekleideten, mit Fliege, später vorzugsweise mit Krawatte zum meist dreiteiligen Anzug''" gekleideten Lehrer, der gerne mit einem Buch unter dem Arm beschwingt - fast hüpfend - zum Pult im Klassenzimmer eilte mit den Worten "''Setzen, setzen!''". Während die Mädchen eher für ihn schwärmten, schienen die Knaben seine "Schwächen" bald erkannt zu haben, denn als besonders strenger Lehrer, der den Stock zur Disziplinierung einsetzte, wurde er nicht beschrieben. Kissinger hatte zwar - wie damals üblich - einen Stock griffbreit, aber zum Einsatz kam er scheinbar so gut wie nie. Dies schien einige Schüler immer wieder zu Streichen gegen Kissinger anzuregen.  
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Vor allem an Louis Kissinger schien die psychische Belastung während des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieges]] nicht spurlos vorbei zu gehen. Er verharrt während der Kriegsjahre in einer depressiven Grundstimmung. Bald wird er nicht mehr berufsfähig sein, und die Ärzte diagnostizieren zu allem Überfluss auch noch einen Bauchspeicheldrüsenkrebs (Pankreaskarzinom). [[1945]] kommt es zur Operation Louis Kissingers, wofür Henry Kissinger sogar einige Tage Heimaturlaub bewilligt bekam. Zum Glück stellte sich die todbringende Diagnose als harmlose Gallenblasenentzündung heraus, so dass einer Gesundung nichts im Weg stand. Auch die Tatsache, dass beide Söhne den Zweiten Weltkrieg überlebten, verhalf Louis Kissinger wieder zu vollen Genesung.  
 
Vor allem an Louis Kissinger schien die psychische Belastung während des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieges]] nicht spurlos vorbei zu gehen. Er verharrt während der Kriegsjahre in einer depressiven Grundstimmung. Bald wird er nicht mehr berufsfähig sein, und die Ärzte diagnostizieren zu allem Überfluss auch noch einen Bauchspeicheldrüsenkrebs (Pankreaskarzinom). [[1945]] kommt es zur Operation Louis Kissingers, wofür Henry Kissinger sogar einige Tage Heimaturlaub bewilligt bekam. Zum Glück stellte sich die todbringende Diagnose als harmlose Gallenblasenentzündung heraus, so dass einer Gesundung nichts im Weg stand. Auch die Tatsache, dass beide Söhne den Zweiten Weltkrieg überlebten, verhalf Louis Kissinger wieder zu vollen Genesung.  
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Auf Drängen der Söhne [[Walter Kissinger|Walter]] und Henry Kissinger unternehmen Louis und Paula Kissinger [[1952]] erstmals wieder eine größere Reise nach Europa, um u. a. die Gräber der eigenen Familie und Angehörigen zu besuchen. Die meisten Familienmitglieder, denen die Flucht ins rettende Ausland nicht gelang, kamen nach [[wikipedia:Ghetto Izbica|Izbica]] und wurden vermutlich in den Gaskammern der [[wikipedia:Vernichtungslager Sobibor|Vernichtungslager Sobibor]] und [[wikipedia:Vernichtungslager Belzec|Belzec]] ermordet. Mit dem ersten Besuch schwinden die Ängste, wieder in die Heimat zurück zu kehren, dennoch kehren die Kissingers während der fünfziger Jahre Fürth und Leutershausen den Rücken zu, "wo einst die Heimat" war. Vermutlich ist der Schmerz der Erinnerung zu groß, der nächste Besuch in Fürth wird erst wieder [[1975]] sein.
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Auf Drängen der Söhne [[Walter Kissinger|Walter]] und Henry Kissinger unternehmen Louis und Paula Kissinger [[1952]] erstmals wieder eine größere Reise nach Europa, um u. a. die Gräber der eigenen Familie und Angehörigen zu besuchen. Die meisten Familienmitglieder, denen die Flucht ins rettende Ausland nicht gelang, wurden nach [[wikipedia:Ghetto Izbica|Izbica]] deportiert und vermutlich in den Gaskammern der [[wikipedia:Vernichtungslager Sobibor|Vernichtungslager Sobibor]] sowie [[wikipedia:Vernichtungslager Belzec|Belzec]] ermordet. Mit dem ersten Besuch schwinden die Ängste, wieder in die Heimat zurück zu kehren, dennoch kehren die Kissingers während der 1950er Jahre Fürth und Leutershausen den Rücken zu, "wo einst die Heimat" war. Vermutlich ist der Schmerz der Erinnerung zu groß, der nächste Besuch in Fürth wird erst wieder [[1975]] sein.
    
== Besuch in Fürth 1975 ==
 
== Besuch in Fürth 1975 ==
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[[Datei:Familie Kissinger Parkhotel.jpg|miniatur|rechts|Unterschriften der Familie Kissinger, vermutlich Dez. 1975]]
 
[[Datei:Familie Kissinger Parkhotel.jpg|miniatur|rechts|Unterschriften der Familie Kissinger, vermutlich Dez. 1975]]
Im Anschluss fand ein kleiner Festakt mit Fürths [[Oberbürgermeister]] [[Kurt Scherzer]] und geladenen Gästen im Casino der [[Stadtsparkasse]] statt. Dabei übergab der Bürgermeister von Ermershausen, der auf ausdrücklichen Wunsch von Louis Kissinger eingeladen war, den Eltern nicht nur einen Zinnteller, sondern auch eine Schallplatte "Ermershausen", auf dem ein Bild des Geburtsortes Louis Kissingers zu sehen war. [[Kurt Scherzer]] übergab ein sorgfältig ausgesuchtes Geschenk, nämlich den zweiten Band der fünf Bücher des jüdischen Pentateuch mit dem Titel "Exodus". Das Buch wurde [[1802]] von David Zirndorfer gedruckt und zeigt auf dem Titelblatt das Fürther Wappen in den Fängen des preußischen Adlers.<ref>Evi Kurz: Die Kissinger Saga. TLF TimeLineFilm, 2007. S. 173</ref> Louis Kissinger lass anschließend eine vorbereitete Rede, die alle mit Spannung erwarteten. Louis Kissinger sprach in Deutsch und gestand "''ich bin kein geborener Fürther, aber ich haben den größten Teil meines Lebens in Deutschland in Fürth verbracht. Hier habe ich meine Familie gegründet, hier wurden meine zwei Söhne geboren, hier waren die glücklichen Jahren meines beruflichen Schaffens.''" Nach seiner Ansprache sprach Louis Kissinger über [[Henry Kissinger]] und seine Rolle im Friedensprozess in Vietnam. Niemand widersprach ihm, auch wenn es zu diesem Zeitpunkt schon Zweifel an seiner Rolle aufkamen.  
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Im Anschluss fand ein kleiner Festakt mit Fürths [[Oberbürgermeister]] [[Kurt Scherzer]] und geladenen Gästen im Casino der [[Stadtsparkasse]] statt. Dabei übergab der Bürgermeister von Ermershausen, der auf ausdrücklichen Wunsch von Louis Kissinger eingeladen war, den Eltern nicht nur einen Zinnteller, sondern auch eine Schallplatte "Ermershausen", auf dem ein Bild des Geburtsortes Louis Kissingers zu sehen war. [[Kurt Scherzer]] übergab ein sorgfältig ausgesuchtes Geschenk, nämlich den zweiten Band der fünf Bücher des jüdischen Pentateuch mit dem Titel "Exodus". Das Buch wurde [[1802]] von David Zirndorfer gedruckt und zeigt auf dem Titelblatt das Fürther Wappen in den Fängen des preußischen Adlers.<ref>Evi Kurz: Die Kissinger Saga. TLF TimeLineFilm, 2007. S. 173</ref> Louis Kissinger las anschließend eine vorbereitete Rede, die alle mit Spannung erwarteten. Louis Kissinger sprach in Deutsch und gestand "''ich bin kein geborener Fürther, aber ich haben den größten Teil meines Lebens in Deutschland in Fürth verbracht. Hier habe ich meine Familie gegründet, hier wurden meine zwei Söhne geboren, hier waren die glücklichen Jahren meines beruflichen Schaffens.''" Nach seiner Ansprache sprach Louis Kissinger über [[Henry Kissinger]] und seine Rolle im Friedensprozess in Vietnam. Niemand widersprach ihm, auch wenn es zu diesem Zeitpunkt schon Zweifel an seiner Rolle aufkamen.  
    
Nach dem Treffen in der [[Stadtsparkasse]] ging es zum ersten und einzigen Mal seit 37 Jahren gemeinsam zum [[Neuer Jüdischer Friedhof|Israelitischen Friedhof]] in Fürth. Falk Stern, Paulas Vater, der Großvater von Henry und [[Walter Kissinger]] ist hier beigesetzt; die Öffentlichkeit war zum ersten Mal an diesem Tag gänzlich ausgeschlossen. Danach ging es im Familienkreis im [[Parkhotel]] für die Familie weiter, mit Ausnahme von Henry Kissinger, der bereits auf dem Weg nach Paris war.
 
Nach dem Treffen in der [[Stadtsparkasse]] ging es zum ersten und einzigen Mal seit 37 Jahren gemeinsam zum [[Neuer Jüdischer Friedhof|Israelitischen Friedhof]] in Fürth. Falk Stern, Paulas Vater, der Großvater von Henry und [[Walter Kissinger]] ist hier beigesetzt; die Öffentlichkeit war zum ersten Mal an diesem Tag gänzlich ausgeschlossen. Danach ging es im Familienkreis im [[Parkhotel]] für die Familie weiter, mit Ausnahme von Henry Kissinger, der bereits auf dem Weg nach Paris war.
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Am nächsten Tag besuchten Louis und [[Paula Kissinger]] Leutershausen, wo ihnen unerwartet ein "großer Bahnhof" bereitet wurde. Die früheren Freunde Karl und Babby Hezner, die bis zuletzt zu Louis Kissinger gehalten hatten, waren bereits verstorben. Lediglich die Töchter Lore und Erika waren noch am Leben und begrüßen die Familie aufs Herzlichste. Am Abend des [[16. Dezember]] [[1975]] traff Louis Kissinger ehemalige Schülerinnen aus seiner Lehrerzeit. Am letzten Tag seines Besuches ging es zur [[Fiorda|Israelitischen Kultusgemeinde]] in der [[Blumenstraße]], wo er auch Hugo Oppenheimer wiedersah, bei dessen Eltern er während seiner Junggesellenzeit gewohnt hatte. Letzte Anlaufstelle in Fürth war nach der [[Synagoge]] in der Julienstraße die Tannenstraße - seine letzte Wirkungsstätte in Fürth als Lehrer. Am [[18. Dezember]] [[1975]] traten Paula und Louis Kissinger wieder den Rückweg in die USA an. Ein erneutes gemeinsames Wiedersehen mit Fürth wird es nicht mehr geben.
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Am nächsten Tag besuchten Louis und [[Paula Kissinger]] Leutershausen, wo ihnen unerwartet ein "großer Bahnhof" bereitet wurde. Die früheren Freunde Karl und Babby Hezner, die bis zuletzt zu Louis Kissinger gehalten hatten, waren bereits verstorben. Lediglich die Töchter Lore und Erika waren noch am Leben und begrüßen die Familie aufs Herzlichste. Am Abend des [[16. Dezember]] [[1975]] traf Louis Kissinger ehemalige Schülerinnen aus seiner Lehrerzeit. Am letzten Tag seines Besuches ging es zur [[Fiorda|Israelitischen Kultusgemeinde]] in der [[Blumenstraße]], wo er auch Hugo Oppenheimer wiedersah, bei dessen Eltern er während seiner Junggesellenzeit gewohnt hatte. Letzte Anlaufstelle in Fürth war nach der [[Synagoge]] in der Julienstraße die Tannenstraße - seine letzte Wirkungsstätte in Fürth als Lehrer. Am [[18. Dezember]] [[1975]] traten Paula und Louis Kissinger wieder den Rückweg in die USA an. Ein erneutes gemeinsames Wiedersehen mit Fürth wird es nicht mehr geben.
 
Die Ehefrau [[Paula Kissinger]] verstarb [[1998]] im Alter von 97 Jahren.<ref>{{Quelle Wikipedia|Henry Kissinger}}</ref>
 
Die Ehefrau [[Paula Kissinger]] verstarb [[1998]] im Alter von 97 Jahren.<ref>{{Quelle Wikipedia|Henry Kissinger}}</ref>
 
[[Datei:Todesanzeige Louis Kissinger 1982.jpg|miniatur|rechts|Todesanzeige, 1982]]
 
[[Datei:Todesanzeige Louis Kissinger 1982.jpg|miniatur|rechts|Todesanzeige, 1982]]
Louis Kissinger starb im Alter von 95 Jahren am [[19. März]] [[1982]] in New York City<ref>Jüdisches Unterfranken, Biographische Datenbank. Abgerufen am 7. Juni 2015 | 2:59 Uhr [http://www.historisches-unterfranken.uni-wuerzburg.de/test/web324w/juf/detailsinclude.php?global=;search;25513;;;1;;;;;;;;;;;;;;;alle;;;;;~ORDER~BY~Name,Vorname~;;;;;25507;1;111111111111111111;;ENDE; online abrufbar]</ref>, seine Frau Paula Kissinger verstarb 16 Jahre später am [[15. November]] [[1998]] im Alter von 97 Jahren in ihrem Apartment an der Fort Washington Avenue 615 in New York City, das die Familie [[1940]] bezogen hatte.
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Louis Kissinger starb im Alter von 95 Jahren am [[19. März]] [[1982]] in New York City<ref>Jüdisches Unterfranken, Biographische Datenbank. Abgerufen am 7. Juni 2015 | 2:59 Uhr [http://www.historisches-unterfranken.uni-wuerzburg.de/test/web324w/juf/detailsinclude.php?global=;search;25513;;;1;;;;;;;;;;;;;;;alle;;;;;~ORDER~BY~Name,Vorname~;;;;;25507;1;111111111111111111;;ENDE; online]</ref>, seine Frau Paula Kissinger verstarb 16 Jahre später am [[15. November]] [[1998]] im Alter von 97 Jahren in ihrem Apartment an der Fort Washington Avenue 615 in New York City, das die Familie [[1940]] bezogen hatte.
    
== Louis-Kissinger-Preis ==
 
== Louis-Kissinger-Preis ==