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1934 entstanden zur Unterbringung von Reichsparteitagsgästen wieder Zeltlager; diesmal sowohl an der Leyher Waldspitze, als auch am Spielvereinigungsplatz. Auf dem freien Platz hinter dem Gaswerk zwischen Leyher- und Waldstraße wird für 14.000 Mann ein Lager errichtet. Die Oberrealschule und das Frauenschulhaus dienten wieder als Sammellager. Stolz verkündete die Zeitung: ''Die Stadt Fürth wird mit ihren 80.000 Einwohnern für die nächsten vier Tage eine Stadt der 150.000 werden''.<ref>nz: „Fürth und der Reichsparteitag“ und einer Bilderserie „Fürth ist gerüstet“. In: Nordbayerische Zeitung vom 5. September 1934</ref> Am Sonntagmittag spielten Musikkapellen der Gäste in den Anlagen auf, in der Südstadt am Kaiserplatz und in der Anlage hinter der Oberrealschule (Langhans-Anlage). Nachmittags gab es ein großes Stadtpark-Konzert. Am Lager der SS an der Leyher Waldspitze wurde abends ein Feuerwerk abgebrannt, das man weithin sehen konnte. Dazu waren Kanonenschläge zu hören. Im Kulturverein an der Dambacher Straße gab es bei einem „Bunten Abend“ Darbietungen der schwäbischen Gäste aus dem Gau Württemberg. Trachtengruppen traten auf mit Liedern und Volkstänzen.  
 
1934 entstanden zur Unterbringung von Reichsparteitagsgästen wieder Zeltlager; diesmal sowohl an der Leyher Waldspitze, als auch am Spielvereinigungsplatz. Auf dem freien Platz hinter dem Gaswerk zwischen Leyher- und Waldstraße wird für 14.000 Mann ein Lager errichtet. Die Oberrealschule und das Frauenschulhaus dienten wieder als Sammellager. Stolz verkündete die Zeitung: ''Die Stadt Fürth wird mit ihren 80.000 Einwohnern für die nächsten vier Tage eine Stadt der 150.000 werden''.<ref>nz: „Fürth und der Reichsparteitag“ und einer Bilderserie „Fürth ist gerüstet“. In: Nordbayerische Zeitung vom 5. September 1934</ref> Am Sonntagmittag spielten Musikkapellen der Gäste in den Anlagen auf, in der Südstadt am Kaiserplatz und in der Anlage hinter der Oberrealschule (Langhans-Anlage). Nachmittags gab es ein großes Stadtpark-Konzert. Am Lager der SS an der Leyher Waldspitze wurde abends ein Feuerwerk abgebrannt, das man weithin sehen konnte. Dazu waren Kanonenschläge zu hören. Im Kulturverein an der Dambacher Straße gab es bei einem „Bunten Abend“ Darbietungen der schwäbischen Gäste aus dem Gau Württemberg. Trachtengruppen traten auf mit Liedern und Volkstänzen.  
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Das Zeltlager am Sportplatz der Spielvereinigung besuchte als „hoher Gast“ der Führerstellvertreter [[wikipedia:Rudolf Heß|Rudolf Heß]]. Auch der Oberrealschule statte er einen Besuch ab. In einer Bilderserie in der Fränkischen Tagespost wird Heß im Hof der Oberrealschule sitzend und sichtlich zufrieden in einem Cabriolet bei der Abfahrt gezeigt, umringt von Uniformierten und der Bildunterschrift: „Lachen über allen Gesichtern“ und „überall begeistert[e]" Begrüßung durch die Fürther Bevölkerung. Anschließend nahm er die dortigen „modernen Großfeldküchen“ in Augenschein, hielt vom Balkon der Schule eine „kurze, freundliche Ansprache an die braunen Formationen“ und kehrte wieder nach Nürnberg zurück.<ref>Fürther Tagblatt vom 11. September 1934</ref> Nach Abschluss der Reichsparteitage wurden die Fahnen und Girlanden an den Häusern wieder abgenommen. Das Bäcker- und Fleischergewerbe und die heimischen Geschäfte waren zufrieden. Parteigenosse und Stadtrat Sandreuter als Leiter des Quartieramtes (im Parkhotel) erhielt viel Lob. Die „Große Gastfreundschaft“ der Fürther wurde allgemein gewürdigt.
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Das Zeltlager am Sportplatz der Spielvereinigung besuchte als „hoher Gast“ der Führerstellvertreter [[wikipedia:Rudolf Heß|Rudolf Heß]]. Auch der Oberrealschule statte er einen Besuch ab. In einer Bilderserie in der Fränkischen Tagespost wird Heß im Hof der Oberrealschule sitzend und sichtlich zufrieden in einem Cabriolet bei der Abfahrt gezeigt, umringt von Uniformierten und der Bildunterschrift: „Lachen über allen Gesichtern“ und „überall begeistert[e]" Begrüßung durch die Fürther Bevölkerung. Anschließend nahm er die dortigen „modernen Großfeldküchen“ in Augenschein, hielt vom Balkon der Schule eine „kurze, freundliche Ansprache an die braunen Formationen“ und kehrte wieder nach Nürnberg zurück.<ref>Fürther Tagblatt vom 11. September 1934</ref> Nach Abschluss der Reichsparteitage wurden die Fahnen und Girlanden an den Häusern wieder abgenommen. Das Bäcker- und Fleischergewerbe und die heimischen Geschäfte waren zufrieden. Parteigenosse und Stadtrat [[Hans Sandreuter|Sandreuter]] als Leiter des Quartieramtes (im [[Parkhotel]]) erhielt viel Lob. Die „Große Gastfreundschaft“ der Fürther wurde allgemein gewürdigt.
    
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1936 gab es wieder zwei große Zeltlager in der Südstadt. Das Lager an der Leyher Waldspitze (Leyher Straße) wurde erneut für die Gäste aus dem Gau Württemberg errichtet. Verpflegungszüge konnten auf dem Bahngleis, das direkt an das Lager heranführte, anrollen. Ein weiteres Lager wurde an der äußeren Schwabacher Straße „bei der neuen Kaserne“ für den Gau Schleswig-Holstein mit 25 Wohnzelten eingerichtet. Und in den „besten Schulhäusern“ baute man wieder die dreistöckigen Bettstellen vom Vorjahr auf. Das Frauenschulhaus bot 2.193 Personen, das Schulhaus Schwabacher Straße 1.725 Quartier. Für die sieben Kochstellen in acht Lagern wurden von der NS-Frauenschaft Fürth 150 Frauen als „Küchengeister“ zur Verpflegung der Reichsparteitagsgäste abgestellt. Im Stadttheater gab man neun gesonderte „Kraft-durch-Freude“-Vorstellungen des Lustspielensembles, darunter den Schwank „Krach im Hinterhaus“. Auch die Fürther Kinos profitierten von den Tausenden von Gästen.  
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1936 gab es wieder zwei große Zeltlager in der Südstadt. Das Lager an der Leyher Waldspitze (Leyher Straße) wurde erneut für die Gäste aus dem Gau Württemberg errichtet. Verpflegungszüge konnten auf dem Bahngleis, das direkt an das Lager heranführte, anrollen. Ein weiteres Lager wurde an der äußeren [[Schwabacher Straße]] „bei der neuen Kaserne“ für den Gau Schleswig-Holstein mit 25 Wohnzelten eingerichtet.<ref>nz: „Zeltstadt“ bei der Panzerabwehrkaserne in der Äußeren Schwabacher Straße. In: Nordbayerische Zeitung vom 9. September 1936</ref> Und in den „besten Schulhäusern“ baute man wieder die dreistöckigen Bettstellen vom Vorjahr auf. Das Frauenschulhaus bot 2.193 Personen, das Schulhaus Schwabacher Straße 1.725 Quartier. Für die sieben Kochstellen in acht Lagern wurden von der NS-Frauenschaft Fürth 150 Frauen als „Küchengeister“ zur Verpflegung der Reichsparteitagsgäste abgestellt.<ref>fa: „Fürth erwartet 30 000 Gäste“. In: Fürther Anzeiger vom 29. August 1936; nz: „Die Verpflegung unserer Reichsparteitagsgäste“. In: Nürnberger Zeitung vom 2. August 1936; nz: „Die KdF-Urlauber sind da“. In: Nordbayerische Zeitung vom 11. September 1936</ref> Im Stadttheater gab man neun gesonderte „Kraft-durch-Freude“-Vorstellungen des Lustspielensembles, darunter den Schwank „Krach im Hinterhaus“. Auch die Fürther Kinos profitierten von den Tausenden von Gästen.  
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Eine spezielle „Massenankunft“ wurde noch von der Presse gemeldet. Im Hof der Kaserne an der Sonnen- und Flößaustraße, in der ein Teil des Flakregiments Nr. 8 garnisoniert war, wurden Flak-Scheinwerfer angeliefert. Beim Fahnen-Einmarsch der Politischen Leiter am Freitagabend 11. September 1936 leuchteten 130 Scheinwerfer der Wehrmacht um das [[Wikipedia:Reichsparteitagsgelände#Zeppelinfeld_und_Zeppelinhaupttribüne|Zeppelinfeld]].  
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Eine spezielle „Massenankunft“ wurde noch von der Presse gemeldet. Im Hof der Kaserne an der Sonnen- und Flößaustraße, in der ein Teil des Flakregiments Nr. 8 garnisoniert war, wurden Flak-Scheinwerfer angeliefert.<ref>nz: „Massenankunft von Scheinwerfern“. In: Nordbayerische Zeitung vom 7. September 1936; fa: „500 Scheinwerfer der Wehrmacht“. In: Fürther Anzeiger vom 9. September 1936</ref> Beim Fahnen-Einmarsch der Politischen Leiter am Freitagabend 11. September 1936 leuchteten 130 Scheinwerfer der Wehrmacht um das [[Wikipedia:Reichsparteitagsgelände#Zeppelinfeld_und_Zeppelinhaupttribüne|Zeppelinfeld]].  
Im Hof der Oberrealschule stellte man ein Verpflegungszelt für 1.200 Mann (vom Gastwirt Michl Most gemietet) auf. Eine große Kundgebung fand am Dienstag auf dem Platz der Spielvereinigung als „Appellplatz“ statt. Von der Tribüne herab sprach der Reichsleiter der Deutschen Arbeitsfront Dr. Ley zu den 10.000 KdF-Urlaubern bzw. –Fahrern, die für eine Woche nach Nürnberg/Fürth kamen. Ley hetzte: ''Der Kampf gehe weiter gegen Judentum und Bolschewismus, welcher der Ausdruck sei für den profitgierigen, blutdürstigen Juden. Dieser Kampf werde jedes Jahr auf dem Parteitag aufs Neue aufgenommen und solange weitergeführt, bis der Jude und der Bolschewismus auf der ganzen Welt vernichtet seien.''
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Im Hof der [[Oberrealschule]] stellte man ein Verpflegungszelt für 1.200 Mann (vom Gastwirt Michl Most gemietet) auf. Eine große Kundgebung fand am Dienstag auf dem Platz der Spielvereinigung als „Appellplatz“ statt. Von der Tribüne herab sprach der Reichsleiter der Deutschen Arbeitsfront Dr. Ley zu den 10.000 KdF-Urlaubern bzw. –Fahrern, die für eine Woche nach Nürnberg/Fürth kamen. Ley hetzte: ''Der Kampf gehe weiter gegen Judentum und Bolschewismus, welcher der Ausdruck sei für den profitgierigen, blutdürstigen Juden. Dieser Kampf werde jedes Jahr auf dem Parteitag aufs Neue aufgenommen und solange weitergeführt, bis der Jude und der Bolschewismus auf der ganzen Welt vernichtet seien.''<ref>nz: „Große Kundgebung, Reichsleiter Dr. Ley sprach“. In: Nordbayerische Zeitung vom 16. September 1936</ref>
    
===1937===
 
===1937===
1937 entfiel das Lager zwischen Wald- und Leyher Straße, da dieser Platz für den Neubau des Bekleidungsamtes für den Reichsarbeitsdienst benötigt wurde. Stattdessen entstand ein Lager mit Baracken von je 40 Metern Länge auf dem „zukünftigen Fürther Badegelände an der Dammstraße auf dem Südhang des Espan“.  In der Oberrealschule, im Frauenschulhaus und im Anwesen Schwabacher Straße 231 waren 4400 Mann vom Gau Essen untergebracht. In der Turnstraße 10 wurden in der Turnhalle des TV 1860 wieder Gäste beherbergt. Und in der Simonstraße 20 nahm die Kolpingsfamilie auch zusätzliche Gäste auf.   Im Zeltlager der Hitlerjugend an der Birkenstraße (der heutigen Otto-Seeling-Promenade) mit 140 Zelten für 1200 Jungen aus ganz Deutschland auf dem Wiesengelände unterhalb des Humbser-Spielplatzes erschien der Reichsjugendführer Baldur von Schirach. Er schwor in seiner Ansprache die Jungen darauf ein, nicht nur das Erlebnis des Marsches zum Nürnberger Reichsparteitag aus allen Gebieten des Reichs zu haben. Sie werden in der Zukunft noch größere Märsche zu bewältigen haben.  Generaloberst Göring, der Oberbefehlshaber der Luftwaffe, besuchte wie im Vorjahr den Fliegerhorst Fürth, wo noch größere Verbände aufgestellt waren für die Vorführungen in Nürnberg. 36.000 Gäste waren in Fürth untergebracht und die Zeitung titelte „Eine Stadt zieht ihr Festkleid an“. Bilder von Vitzethum und Wolkenstörfer hielten dies auch fest. Und Ernst Sperk dichtete danach euphorisch über „den größten deutschen Tag“.   
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1937 entfiel das Lager zwischen Wald- und Leyher Straße, da dieser Platz für den Neubau des Bekleidungsamtes für den Reichsarbeitsdienst benötigt wurde. Stattdessen entstand ein Lager mit Baracken von je 40 Metern Länge auf dem „zukünftigen Fürther Badegelände an der Dammstraße auf dem Südhang des Espan“.<ref>nz: „Fürth rüstet zum Reichsparteitag 1937“. In: Nordbayerische Zeitung vom 11. August 1937; ft: „Die Fürther Zeltstadt ist aufgebaut“. In: Fürther Tagblatt vom 23. August 1937. Die Pläne für einen Kurbadebetrieb auf dem Espan konnten nicht realisiert werden.</ref> In der [[Oberrealschule]], im [[Frauenschulhaus]] und im Anwesen [[Schwabacher Straße 231]] waren 4.400 Mann vom Gau Essen untergebracht. In der Turnstraße 10 wurden in der Turnhalle des [[TV Fürth 1860|TV 1860]] wieder Gäste beherbergt. Und in der [[Simonstraße 20]] nahm die Kolpingsfamilie auch zusätzliche Gäste auf. Im Zeltlager der [[Hitlerjugend]] an der [[Birkenstraße]] (der heutigen [[Otto-Seeling-Promenade]]) mit 140 Zelten für 1200 Jungen aus ganz Deutschland auf dem Wiesengelände unterhalb des [[Humbser-Spielplatz]]es erschien der Reichsjugendführer [[wikipedia:Baldur von Schirach|Baldur von Schirach]]. Er schwor in seiner Ansprache die Jungen darauf ein, nicht nur das Erlebnis des Marsches zum Nürnberger Reichsparteitag aus allen Gebieten des Reichs zu haben. Sie werden in der Zukunft noch größere Märsche zu bewältigen haben.  Generaloberst Göring, der Oberbefehlshaber der Luftwaffe, besuchte wie im Vorjahr den Fliegerhorst Fürth, wo noch größere Verbände aufgestellt waren für die Vorführungen in Nürnberg. 36.000 Gäste waren in Fürth untergebracht und die Zeitung titelte „Eine Stadt zieht ihr Festkleid an“. Bilder von Vitzethum und Wolkenstörfer hielten dies auch fest. Und Ernst Sperk dichtete danach euphorisch über „den größten deutschen Tag“.   
    
===1938===
 
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Abschließend die Beurteilung des französischen Botschafters André François-Poncet (1931-38 in Berlin) über die „Reichsparteitage der NSDAP als Mittel der faschistischen Propaganda“: „Sie kehren heim, verführt und gewonnen, reif zur Mitarbeit, ohne die gefährliche Wirklichkeit bemerkt zu haben, die sich unter dem trügerischen Prunk der großartigen Aufmärsche verbirgt.“  
 
Abschließend die Beurteilung des französischen Botschafters André François-Poncet (1931-38 in Berlin) über die „Reichsparteitage der NSDAP als Mittel der faschistischen Propaganda“: „Sie kehren heim, verführt und gewonnen, reif zur Mitarbeit, ohne die gefährliche Wirklichkeit bemerkt zu haben, die sich unter dem trügerischen Prunk der großartigen Aufmärsche verbirgt.“  
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Liest man all die euphorischen Zeitungsberichte, fällt auf, wie die Nazipropaganda den Parteikongress auch zur Hetze instrumentalisierte. Es wurde gegen „Nichtarier“ geschrieben. Inmitten des „wogenden Fahnenmeers“ seien nur ein paar Häuser, welche die Visitenkarte ihrer nichtarischen Besitzer tragen. Diese wenigen Außenseiter könnten das Erhebende der festlichen Stadt nicht verwischen. Und weiter, dass Fürth als „Rote Hochburg“ verschrien und ein „Nest vieler vaterlandsloser Gesellen“ war.
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Liest man all die euphorischen Zeitungsberichte, fällt auf, wie die Nazipropaganda den Parteikongress auch zur Hetze instrumentalisierte. Es wurde gegen „Nichtarier“ geschrieben. Inmitten des „wogenden Fahnenmeers“ seien nur ein paar Häuser, welche die Visitenkarte ihrer nichtarischen Besitzer tragen. Diese wenigen Außenseiter könnten das Erhebende der festlichen Stadt nicht verwischen. Und weiter, dass Fürth als „Rote Hochburg“ verschrien und ein „Nest vieler vaterlandsloser Gesellen“ war.<ref>Nordbayerische Zeitung vom 12. September 1935</ref>
    
== Siehe auch ==
 
== Siehe auch ==
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