Änderungen

Zeile 19: Zeile 19:  
[[Datei:Feuchtwanger Jud Süß 1925.JPG|mini|right|"Jud Süß" von Lion Feuchtwanger, 1925]]
 
[[Datei:Feuchtwanger Jud Süß 1925.JPG|mini|right|"Jud Süß" von Lion Feuchtwanger, 1925]]
 
* Zum einen lässt Feuchtwanger in seinem Roman einen Rabbiner aus Fürth den Herzog fragen: „''... Es sagte der Rabbiner von Fürth: "Euer Durchlaucht sind hochberühmt in der ganzen Welt um der Gerechtigkeit willen. Ist es gerecht, dass die Räuber sitzen ringsum in Reutlingen, in Eßlingen und lachen und fressen ihren Raub und dass der Jud, der weniger schuld ist vor dem Gesetz, muss zahlen ihre Zeche? Euer Durchlaucht sind gerecht gegen hoch und nieder, gegen Schwaben und Österreicher, gegen Katholik und Protestant. Seien Sie gerecht auch gegen Ihren Juden.''“  
 
* Zum einen lässt Feuchtwanger in seinem Roman einen Rabbiner aus Fürth den Herzog fragen: „''... Es sagte der Rabbiner von Fürth: "Euer Durchlaucht sind hochberühmt in der ganzen Welt um der Gerechtigkeit willen. Ist es gerecht, dass die Räuber sitzen ringsum in Reutlingen, in Eßlingen und lachen und fressen ihren Raub und dass der Jud, der weniger schuld ist vor dem Gesetz, muss zahlen ihre Zeche? Euer Durchlaucht sind gerecht gegen hoch und nieder, gegen Schwaben und Österreicher, gegen Katholik und Protestant. Seien Sie gerecht auch gegen Ihren Juden.''“  
* Und zum anderen die Beerdigung im Jüdischen Friedhof in Fürth: Es gelingt den Mördern von Joseph Süß Oppenheimer nicht, seine Leiche als Fraß den Raubvögeln zu überlassen, weil Hausierjuden den Leichnam stehlen, sie mit einem anderem Leiche vertauschen und diese dann mitten im Winter auf einem Karren nach ''Fürth'' fahren. „''Hier wurde sie gewaschen, in das weiße lange Totenleinen gehüllt und eingesargt. Den Behörden war gemeldet, ein nicht weiter bekannter, auf der Landstraße gestorbener Frankfurter Jude wurde beerdigt.'‘“<ref>so Lion Feuchtwanger in seinem Roman „Jud Süss“, zitiert nach Gisela Naomi Blume [[Der alte jüdische Friedhof in Fürth (Buch)| Der alte jüdische Friedhof in Fürth]] Seite 30.</ref>. Das Begräbnis von Joseph Süß Oppenheimer im Jüdischen Friedhof Fürth erfolgt nach jüdischen Riten: Der Kopf wurde auf ein kleines Häuflein schwarze, krümelnde Erde aus Zion gebettet.
+
* Und zum anderen die Beerdigung im Jüdischen Friedhof in Fürth: Es gelingt den Mördern von Joseph Süß Oppenheimer nicht, seine Leiche als Fraß den Raubvögeln zu überlassen, weil Hausierjuden den Leichnam stehlen, sie mit einem anderem Leiche vertauschen und diese dann mitten im Winter auf einem Karren nach ''Fürth'' fahren. „''Hier wurde sie gewaschen, in das weiße lange Totenleinen gehüllt und eingesargt. Den Behörden war gemeldet, ein nicht weiter bekannter, auf der Landstraße gestorbener Frankfurter Jude wurde beerdigt.<ref>so Lion Feuchtwanger in seinem Roman „Jud Süss“, zitiert nach Gisela Naomi Blume [[Der alte jüdische Friedhof in Fürth (Buch)| Der alte jüdische Friedhof in Fürth]] Seite 30.</ref>.'' Das Begräbnis von Joseph Süß Oppenheimer im Jüdischen Friedhof Fürth erfolgt nach jüdischen Riten: Der Kopf wurde auf ein kleines Häuflein schwarze, krümelnde Erde aus Zion gebettet.
    
==Kritische Einordnung==
 
==Kritische Einordnung==
Zeile 31: Zeile 31:     
==Das Fürther Gedenkblatt zum Tode Joseph Süß von 1738==
 
==Das Fürther Gedenkblatt zum Tode Joseph Süß von 1738==
Es wurde ein Gedenkblatt zum Tode Joseph Süß Oppenheimers 1738 bei der Fürther Druckerei des [[Chaim Zwi Hirsch]] in Auftrag gegeben.<ref>siehe auch Leopold Löwenstein: [[Zur Geschichte der Juden in Fürth (Buch)|Zur Geschichte der Juden in Fürth]], III. Teil, Seite 31</ref> "Die Kosten für den Druck kann nur [[wikipedia:Mardochai Schloß|Nathan]] bezahlt haben."<ref>siehe Hellmut G. Haasis: "Totengedenkbuch für Joseph Süß Oppenheimer", Worms 2012, S. 111. Es handelte sich um Hoffaktor Marx Nathan, alias Mordechai Schloß.</ref> Er war mit dem [[wikipedia:Schochet|Schochet]] Salomon Schächter einen Tag vor der Hinrichtung am 3. Februar 1738 in der Todeszelle bei Joseph Süß Oppenheimer gewesen<ref>Hellmut G. Haasis: "Totengedenkbuch für Joseph Süß Oppenheimer", Worms 2012, S. 110</ref>, getraute sich aber nicht als Hoffaktor - also offiziell Zugelassener Geschäfte am Hof zu machen - das Gedenkblatt selbst zu schreiben und beauftragte damit den mitgekommenen [[wikipedia:Schochet|Schochet]] Salomon Schächter.<ref>ebenda</ref> Als Druckerei fand man erst in Fürth mit [[Chaim Zwi Hirsch]] in der [[Schindelgasse 10]] eine Werkstatt, die den Mut besaß, das Blatt zu drucken.<ref>"Somit kann [[Chaim Zwi Hirsch]] als erster jüdischer Verleger Stuttgarts gelten." So Hellmut G. Haasis: "Totengedenkbuch für Joseph Süß Oppenheimer", Worms 2012, S. 111.</ref> "Die Gedenkschrift erschien im Untergrund, ohne Angabe des Ortes, der Druckerei, des Autors und des Jahres. Der Fürther Drucker wusste warum, doch er war sich nicht sicher, wie gefährlich die antijüdische Stimmung der Umgebung sei. Zum Glück war er nicht zu ängstlich."<ref>Hellmut G. Haasis: "Totengedenkbuch für Joseph Süß Oppenheimer", Worms 2012, S. 112.</ref> Die Identifikation des Blattes erfolgte über die verzierenden Druckzeichen, die [[Chaim Zwi Hirsch]] auch in seinen Gebetbüchern  verwendete.<ref>ebenda</ref>  
+
Es wurde ein Gedenkblatt zum Tode Joseph Süß Oppenheimers 1738 bei der Fürther Druckerei des [[Chaim Zwi Hirsch]] in Auftrag gegeben.<ref>siehe auch Leopold Löwenstein: [[Zur Geschichte der Juden in Fürth (Buch)|Zur Geschichte der Juden in Fürth]], III. Teil, Seite 31</ref> "Die Kosten für den Druck kann nur [[wikipedia:Mardochai Schloß|Nathan]] bezahlt haben."<ref>siehe Hellmut G. Haasis: "Totengedenkbuch für Joseph Süß Oppenheimer", Worms 2012, S. 111. Es handelte sich um Hoffaktor Marx Nathan, alias Mordechai Schloß.</ref> Er war mit dem [[wikipedia:Schochet|Schochet]] Salomon Schächter einen Tag vor der Hinrichtung am 3. Februar 1738 in der Todeszelle bei Joseph Süß Oppenheimer gewesen<ref>Hellmut G. Haasis: "Totengedenkbuch für Joseph Süß Oppenheimer", Worms 2012, S. 110</ref>, getraute sich aber nicht als Hoffaktor - also offiziell Zugelassener Geschäfte am Hof zu machen - das Gedenkblatt selbst zu schreiben und beauftragte damit den mitgekommenen [[wikipedia:Schochet|Schochet]] Salomon Schächter.<ref>ebenda</ref> Als Druckerei fand man erst in Fürth mit [[Chaim Zwi Hirsch]] in der [[Schindelgasse 10]] eine Werkstatt, die den Mut besaß, das Blatt zu drucken.<ref>"Somit kann [[Chaim Zwi Hirsch]] als erster jüdischer Verleger Stuttgarts gelten." So Hellmut G. Haasis: "Totengedenkbuch für Joseph Süß Oppenheimer", Worms 2012, S. 111.</ref> „Die Gedenkschrift erschien im Untergrund, ohne Angabe des Ortes, der Druckerei, des Autors und des Jahres. Der Fürther Drucker wusste warum, doch er war sich nicht sicher, wie gefährlich die antijüdische Stimmung der Umgebung sei. Zum Glück war er nicht zu ängstlich.<ref>Hellmut G. Haasis: "Totengedenkbuch für Joseph Süß Oppenheimer", Worms 2012, S. 112.</ref> Die Identifikation des Blattes erfolgte über die verzierenden Druckzeichen, die [[Chaim Zwi Hirsch]] auch in seinen Gebetbüchern  verwendete.<ref>ebenda</ref>  
   −
Es ist nicht auszuschließen, dass dieses Gedenkblatt auch an interessierte Menschen verkauft wurde, die Hebräisch lesen konnten. Die Hinrichtung des Hoffaktors Süß Oppenheimer in Stuttgart galt als "herausragendes Medien- und Klatschereignis des Jahres.<ref>ebenda</ref> Es kamen Übersetzungen in Umlauf, die hochgradig antisemitisch gefärbt waren mit einer Menge bösartiger Fußnoten.<ref>ebenda</ref> Offensichtlich erkannte die jüdische Gemeindeleitung in Fürth die Brisanz, kaufte die gesamte Auflage auf und verbrannte sie, noch ehe sie an die deutschen Gemeinden verschickt worden war.<ref>Hellmut G. Haasis: "Totengedenkbuch für Joseph Süß Oppenheimer", Worms 2012, S. 113</ref> Dies erfuhr sogar der Rabbiner Bernard in Tübingen.<ref>ebenda</ref> </br>
+
Es ist nicht auszuschließen, dass dieses Gedenkblatt auch an interessierte Menschen verkauft wurde, die Hebräisch lesen konnten. Die Hinrichtung des Hoffaktors Süß Oppenheimer in Stuttgart galt als „herausragendes Medien- und Klatschereignis des Jahres“<ref>ebenda</ref>. Es kamen Übersetzungen in Umlauf, die hochgradig antisemitisch gefärbt waren mit einer Menge bösartiger Fußnoten.<ref>ebenda</ref> Offensichtlich erkannte die jüdische Gemeindeleitung in Fürth die Brisanz, kaufte die gesamte Auflage auf und verbrannte sie, noch ehe sie an die deutschen Gemeinden verschickt worden war.<ref>Hellmut G. Haasis: "Totengedenkbuch für Joseph Süß Oppenheimer", Worms 2012, S. 113</ref> Dies erfuhr sogar der Rabbiner Bernard in Tübingen.<ref>ebenda</ref> </br>
 
1994 wurde noch ein Exemplar des Gedenkblattes im Ausland gefunden. Das Papier dieses Originals wurde mit der Hand von einer Papierbahn abgerissen, daher mit Abweichungen an den Rändern. Die Maße:  
 
1994 wurde noch ein Exemplar des Gedenkblattes im Ausland gefunden. Das Papier dieses Originals wurde mit der Hand von einer Papierbahn abgerissen, daher mit Abweichungen an den Rändern. Die Maße:  
 
* Höhe links 28,7 cm
 
* Höhe links 28,7 cm
 
* Höhe rechts 29,5 cm  
 
* Höhe rechts 29,5 cm  
* Breite 18,5 cm<ref>Hellmut G. Haasis: "Totengedenkbuch für Joseph Süß Oppenheimer", Worms 2012, S. 114</ref>   
+
* Breite 18,5 cm<ref>Hellmut G. Haasis: „Totengedenkbuch für Joseph Süß Oppenheimer", Worms 2012, S. 114</ref>   
 
Es handelt sich um ein einseitiges Blatt. Hoffaktor Marx Nathan wollte anscheinend Geld sparen und keinen zweiseitigen Druck finanzieren.
 
Es handelt sich um ein einseitiges Blatt. Hoffaktor Marx Nathan wollte anscheinend Geld sparen und keinen zweiseitigen Druck finanzieren.
   −
Das Faksimile des Originaldrucks aus Fürth 1738 (רעלאציאן על פטירת [[יוסף זיס]] זצל - Relation zum Tod von [[Joseph Süß]] = Augenzeugenbericht des [[wikipedia:Schochet|Schochets]] Salomon Schächter) liegt dem "Totengedenkbuch für Joseph Süß Oppenheimer" von Hellmut G. Haasis bei, zudem eine Übersetzung von Yair Mintzker (Princeton University).
+
Das Faksimile des Originaldrucks aus Fürth 1738 (רעלאציאן על פטירת [[יוסף זיס]] זצל - Relation zum Tod von [[Joseph Süß]] = Augenzeugenbericht des [[wikipedia:Schochet|Schochets]] Salomon Schächter) liegt dem „Totengedenkbuch für Joseph Süß Oppenheimer" von Hellmut G. Haasis bei, zudem eine Übersetzung von Yair Mintzker (Princeton University).
    
==Literatur==
 
==Literatur==
17.785

Bearbeitungen