Synagoge
In Fürth gab es mehrere Synagogen (jiddisch "Schul", hebr. "Beth ha knesset" - "Haus der Versammlung").
Geschichte
Auf dem Schulhof, zwischen Königstraße und Mohrengasse, dem Zentrum der Jüdischen Gemeinde gab es mit der Zeit alleine vier Synagogen:
Die Altschul von 1617 (Gotischer Steinbau) war die erste und zugleich größte Synagoge in Fürth und wurde auch als Hauptsynagoge bezeichnet. Sie wurde 1865 umfangreich renoviert und erweitert. In der Reichspogromnacht am (9. November 1938) wurde sie in Brand gesteckt und komplett zerstört. Die ausgebrannte Ruine wurde danach abgerissen.
Als die jüdische Gemeinde in Fürth sehr schnell wuchs, wurde 1697 südlich der Altschul die Neuschul oder Kaalschule, ein über einem Quadersockel errichteter zweigeschossiger Fachwerkbau, erbaut. Neben dem Gottesdienstraum, der sich über den ersten Stock und das Dachgeschoss erstreckte, beherbergte sie auch Wohnräume sowie eine Mikwe im Keller. Sie fiel ebenfalls im November 1938 dem Nazi-Terror zu Opfer.
Auf dem Schulhof gab es des weiteren noch die Klausschul von 1708 und die Mannheimerschul von 1896.
Durch Vernichtung und Neubebauung erinnert heute an den Schulhof nur noch ein Denkmal in der Geleitgasse, von Kunihiko Kato, aus dem Jahr 1986.
Im Lauf der langen Geschichte der Jüdischen Gemeinde Fürths gab es etliche weitere Synagogen.
Einige von ihnen wurden als private Stiftungen ins Leben gerufen, als älteste die Eisik-Schul (Schneiorsche Schul). Als weitere Stiftungen die Bärmann-Fränkelsche Schul (Klaus), die Gabrielschul, die Waisenschul und die Rindskopfsche Schul. Aufgrund der staatlich angeordneten Zentralisierung des Kultus verfügte der Stadtmagistrat in den 1830er Jahren die Schließung der Stiftungssynagogen bzw. beschränkt die Gebete auf die "einfache Hausandacht". Zu Beginn des 20. Jahrhunderts hielten die Vereine "Bikur Cholim" (Krankenunterstützungsverein) und "Auhawe Tauroh" (Verein zur Pflege des Torastudiums) sowie einige kleinere andere Gruppierungen Gottesdienste in verschiedenen angemieteten Räumen ab. Die Synagoge von "Auhawe Tauroh" in der Moststraße 10 wurde in der Pogromnacht 1938 zerstört. Auch das jüdische Krankenhaus hatte seine eigene Krankenhausschul.
Auch in Unterfarrnbach gabe es von der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts eine Synagoge. Nach dem Wegzug der jüdischen Familien wurde das Gebäude verkauft.
Auch die US-Armee hatte in der Südstadt, in der Darby-Kaserne, seit den 1960er Jahren bis 1996 für den Standort ihre eigene Synagoge - "Jewish Chapel".
Aber nur die Waisenschul, die Synagoge des jüdischen Waisenhauses Fürth, überstand als einzige den Nazi-Terror und dient heute wieder der jüdischen Gemeinde Fürth als Gemeindesynagoge.
Ober- und Gemeinderabbiner von Fürth
("Kehilla Keduscha Fiorda" [dt. "Heiligen Gemeinde Fürth"])
- (Aron Schmuel Kremnitz)
- 1607 - 1628 Simson Ben Joseph
- 1628 - 1632 Schabatai Scheftel Horovitz (geb. 1592, gest. 1660)
- 1657 - 1660 Menachem Man Ben Mose
- 1660 - 1667 Aron Samuel Kaydanover
- 1670 - 1683 Meir Ben Ascher (geb. 1599 in Fürth, gest. 1683 in Fürth)
- 1683 - 1691 Wolf Butschatscher
- 1691 - 1694 Samuel aus Woydyseaw
- 1694 - ? Mose Wolf
- 1700 Elieser Heilbronn
- (1700 - 1708 Bermann Fränkel; nie offiziell Ober-Rabbiner von Fürth)
- 1710 - 1746 Baruch Rapaport
- 1748 - 1762 David Strauss
- 1764 - 1776 Josef Steinhardt
- 1778 - 1785 Hirsch Josef Janow
- 1779 - 1819 Meschullam Salman Kohn
- 1819 - 1831 kein Oberrabbiner
- 1831 - 1873 Dr. Isaak Loewi
- 1875 - 1922 Dr. Jakob Immanuel Neubürger (ab 1871 Rabbinatsverweser)
- 1922 - 1942 Dr. Siegfried Behrens
- 1945 - 1970 David Spiro
- ?
- ?
- ? - 1996 Schlomo Appel
- 1996 - 2002 Netanel Wurmser
- 2003 - 2006 Yakov Harety
- 2006 - 2011 Shlomo Wurmser
- Seit 2011 David Geballe
Fürth hatte mehrere Rabbiner, und so war der Oberrabbiner (ABD - Av Bet Din) Vorsitzender der Rabbinatsgerichts und damit oberster Lehrer und Richter der Jüdischen Gemeinde. Rabbiner sind Lehrer und Richter ihrer Gemeinde. Sie werden von der Gemeinde frei gewählt, und so kam es auch zu längerer Vakanz der Rabbinerstelle.
Zeitzeugenberichte
Herr Willi Adelhardt zum Synagogenbrand am 9. November 1938:
Als damals 10-jähriger bin bis zum Goldenen Schwan gelaufen, als es hieß, dass es in der Altstadt brenne. Das Areal südlich der Königstraße war abgesperrt. Am Löwenplatz sah ich, wie aus der Bäckerei eines jüdischen Inhabers Brot und Semmeln auf die Straße geworfen wurden. Fenster waren und wurden eingeworfen. Ich konnte nicht begreifen, warum mit den jüdischen Bürgern derart umgegangen wurde. Und dass selbst Grabsteine im jüdischen Friedhof umgeworfen wurden. Ich selbst hatte nur die besten Erfahrungen, so mit dem Kinderarzt Dr. Hollerbusch. Dieser wohnte in der Königstraße beim Judengässla und hat mich behandelt.[1]
Literatur
- Helmut Mahr: Die Fürther Hauptsynagoge. In: Fürther Heimatblätter, 1966/6, S.121 - 137
- Hermann Fischer; Theodor Wohnhaas: Der Liturgiestreit und die Orgel in der Fürther Synagoge. In: Fürther Heimatblätter, 1974/1, S.3 - 7
- Manfred Mümmler: Der Pogrom zu Fürth. Die Nacht vom 9. auf den 10. November 1938. In: Fürther Heimatblätter, 1988/4, S.101 - 112
- Bernhard Purin (Hrsg.): Buch der Erinnerung. Das Wiener Memorbuch der Fürther Klaus-Synagoge (Dieser Katalog erschien zur gleichnamigen Ausstellung des Jüdischen Museums Franken im Jüdischen Museum der Stadt Wien vom 20. Januar bis 7. März 1999). Fürth; Schnaittach: Jüdisches Museum Franken, 1999, 60 S., ISBN 3-9805388-6-9
- Monika Berthold-Hilpert: Synagogen in Fürth. Einladung zu einem Rundgang. Hrsg.: Jüdisches Museum Franken Fürth & Schnaittach. Haigerloch: Medien und Dialog, Schubert, 2000, 18 S., ISBN 3-933231-12-4
- Alexander Mayer: Die Juden in Fürth - Schlaglichter 1792-1914. In: Altstadtbläddla, Altstadtverein St. Michael Fürth, Ausgabe 34, 2000 - online abrufbar
- Monika Berthold-Hilpert: Die Ausstellung „Synagogen in Fürth“ im Jüdischen Museum Franken in Fürth. In: Altstadtbläddla, Altstadtverein St. Michael Fürth, Ausgabe 35, 2001
- Barbara Eberhardt; Frank Purrmann: Fürth. In: Mehr als Steine ... Synagogen-Gedenkband Bayern, Band II: Mittelfranken, Lindenberg 2010, S. 266-333.
- Jüd. Museum Franken: Von Glanz, Zerstörung und Verlust | 400 Jahre Fürther Altschul. Dieser Katalog erschien zur gleichnamigen Ausstellung des Jüdischen Museums Franken in Fürth, Fürth, Eigenverlag, Juli 2017
Siehe auch
Weblinks
- Rolf Wolle: Die Synagoge von Fürth. Fürth, 2007 - im Internet
- Jüdische Fürther - ein Projekt von Gisela Naomi Blume
Einzelnachweise
- ↑ Zeitzeugenbericht, Archiv FürthWiki e. V., Aktennr. '22'
Bilder
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Gedenktafel Israelitischer Schulhof - Orte der Verfolgung und des Gedenkens zur Reichspogromnacht am ... Gedenktafel Israelitischer Schulhof - Orte der Verfolgung und des Gedenkens zur Reichspogromnacht am 9. November 1938
Urheber: Kamran Salimi
Erstellungsdatum: 8. November 2020
Lizenz: cc-by-sa-3.0Hallemannstraße 2, aktuelle Synagoge der Jüd. Gemeinde Fürth, von der Rosenstraße aus gesehen, 2018 Urheber: Kamran Salimi
Erstellungsdatum: 30. Juni 2018
Lizenz: cc-by-sa-3.0Die neue jüd. Synagoge in der Hallemannstraße, April 2018 Urheber: Kamran Salimi
Erstellungsdatum: 2. April 2018
Lizenz: cc-by-sa-3.0Begleitbroschüre zur Sonderausstellung im Jüd. Museum Juli 2017: Von Glanz, Zerstörung und Verlust Urheber: Jüdisches Museum Franken
Erstellungsdatum: Juli 2017
Lizenz: cc-by-sa-3.0Synagoge Hallemannstraße am 29.5.1990 Urheber: Klaus-Peter Schaack
Erstellungsdatum: 29. Mai 1990
Lizenz: cc-by-sa-4.0Synagoge Hallemannstraße am 29.5.1990 Urheber: Klaus-Peter Schaack
Erstellungsdatum: 29. Mai 1990
Lizenz: cc-by-sa-4.0Synagoge Hallemannstraße am 28.4.1986 Urheber: Klaus-Peter Schaack
Erstellungsdatum: 28. April 1986
Lizenz: cc-by-sa-4.0Synagoge Hallemannstraße am 28.4.1986 Urheber: Klaus-Peter Schaack
Erstellungsdatum: 28. April 1986
Lizenz: cc-by-sa-4.0Synagoge Hallemannstraße am 29.5.1990 Urheber: Klaus-Peter Schaack
Erstellungsdatum: 28. April 1986
Lizenz: cc-by-sa-4.0Synagoge Hallemannstraße am 29.5.1990 Urheber: Klaus-Peter Schaack
Erstellungsdatum: 28. April 1986
Lizenz: cc-by-sa-4.0Synagoge Hallemannstraße am 29.5.1990 Urheber: Klaus-Peter Schaack
Erstellungsdatum: 28. April 1986
Lizenz: cc-by-sa-4.0Synagoge Mesusa 29.5.1990 Urheber: Klaus-Peter Schaack
Erstellungsdatum: 28. April 1986
Lizenz: cc-by-sa-4.0Jean Mandel (links mit Zylinder), Vorsitzender der Israelitischen Kultusgemeinde Fürth, und Rabbiner ... Jean Mandel (links mit Zylinder), Vorsitzender der Israelitischen Kultusgemeinde Fürth, und Rabbiner David Spiro (Bildmitte) beim Gottesdienst in der neuen Synagoge, 1968
Urheber: Knut Meyer
Erstellungsdatum: 1. November 1968
Lizenz: Bildlizenz-StadtarchivAnsichtspostkarte "Im Israelitischen Schulhof", gel. 1932 Urheber: Ludwig Riffelmacher
Erstellungsdatum: 1932
Lizenz: cc-by-sa-4.0Die Synagoge in der Fürther Altstadt, ca. 1925 Urheber: Johann Georg Heinrich Lotter
Erstellungsdatum: 1925
Lizenz: Bildlizenz-StadtarchivLuftbild der Fürther Innenstadt aus dem Jahr 1916 mit hineinretuschiertem Flugzeug (im Wiesengrund ... Luftbild der Fürther Innenstadt aus dem Jahr 1916 mit hineinretuschiertem Flugzeug (im Wiesengrund Mitte rechts). Mit freundlicher Genehmigung des Geschichtsvereins Fürth e. V. (R. Kimberger)
Urheber: unbekannt
Erstellungsdatum: 1916
Lizenz: cc-by-sa-3.0Luftbild der Fürther Innenstadt aus dem Jahr 1916, mit freundlicher Genehmigung des ... Luftbild der Fürther Innenstadt aus dem Jahr 1916, mit freundlicher Genehmigung des Geschichtsvereins Fürth e. V. (R. Kimberger)
Urheber: unbekannt
Erstellungsdatum: 1916
Lizenz: cc-by-sa-3.0"Die Synagoge in Fürth", Extra Beilagen zum Fürther Tagblatt vom 5. März - 12. April 1861 Urheber: Fürther Tagblatt
Erstellungsdatum: 1861
Lizenz: cc-by-sa-3.0Titelblatt der Broschüre „Die Synagoge in Fürth“, 1861 Urheber: Buchdruckerei Volkhart
Erstellungsdatum: 1861
Lizenz: cc-by-sa-3.0Synagoge, 1851 Urheber: Vidicon
Erstellungsdatum: 1851
Lizenz: cc-by-sa-3.0Steindruck der "Alt Schul" und im Hintergrund der "Neu Schul" auf dem Schulhof, Ansicht von Nordost Urheber: Georg Christoph Wilder, Philipp Herrlein
Erstellungsdatum: 1835
Lizenz: cc-by-sa-3.0Johann Alexander Boener: Innenansicht der Fürther Hauptsynagoge im Jahre 1705 Erstellungsdatum: 1705
Lizenz: cc-by-sa-3.0"Neue Schul" (links, Schulhof 2) und "Alte Schul" (rechts, Schulhof 3) von außen bzw. von Osten ... "Neue Schul" (links, Schulhof 2) und "Alte Schul" (rechts, Schulhof 3) von außen bzw. von Osten gesehen, Postkarte, Boenerstich
Erstellungsdatum: 1704
Lizenz: cc-by-sa-3.0Fürths (zweit-)älteste Stadtansicht. Kupferstich von Daniel Meisner/Eberhardt Kieser, 1631 (wohl ... Fürths (zweit-)älteste Stadtansicht. Kupferstich von Daniel Meisner/Eberhardt Kieser, 1631 (wohl nach einer Zeichnung von Hans Bien, 1629)
Urheber: Hans Bien, Daniel Meisner, Eberhardt Kieser
Erstellungsdatum: 1631
Über Datum: 1629
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