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Zu Beginn der Industrialisierung wurde allgemein an sechs Tagen der Woche 14 bis 16 Stunden lang gearbeitet. In den 1870er Jahren reduzierte sich die industrielle Arbeitszeit auf durchschnittlich 12 Stunden. Eine Verbesserung brachte das ''Arbeitsschutzgesetz'' des Deutschen Reiches von 1891. Es legte eine Arbeitszeit von 11 Stunden für Frauen und 10 Stunden für Jugendliche fest und verbot die Nachtarbeit für Frauen und Jugendliche sowie die Arbeit von Kindern in Fabriken. Männer arbeiteten weiterhin 12 Stunden täglich. Verbreitet gab es zudem spezielle Fabrikvorschriften, die die gesetzlichen Regelungen keineswegs immer einhielten. So konnten Arbeiter wegen Kleinigkeiten entlassen werden oder es mussten Strafen gezahlt werden, z.B. wenn jemand nicht rechtzeitig zur Arbeit kommen konnte. Streiks für kürzere Arbeitszeiten oder verlängerte Pausen gab es öfter. Diese waren meist nicht erfolgreich. [[1899]] erzwang [[Hans Böckler]] nach einem 12-wöchigen Streik der Metallschläger eine Arbeitszeitverkürzung auf 9 Stunden.
 
Zu Beginn der Industrialisierung wurde allgemein an sechs Tagen der Woche 14 bis 16 Stunden lang gearbeitet. In den 1870er Jahren reduzierte sich die industrielle Arbeitszeit auf durchschnittlich 12 Stunden. Eine Verbesserung brachte das ''Arbeitsschutzgesetz'' des Deutschen Reiches von 1891. Es legte eine Arbeitszeit von 11 Stunden für Frauen und 10 Stunden für Jugendliche fest und verbot die Nachtarbeit für Frauen und Jugendliche sowie die Arbeit von Kindern in Fabriken. Männer arbeiteten weiterhin 12 Stunden täglich. Verbreitet gab es zudem spezielle Fabrikvorschriften, die die gesetzlichen Regelungen keineswegs immer einhielten. So konnten Arbeiter wegen Kleinigkeiten entlassen werden oder es mussten Strafen gezahlt werden, z.B. wenn jemand nicht rechtzeitig zur Arbeit kommen konnte. Streiks für kürzere Arbeitszeiten oder verlängerte Pausen gab es öfter. Diese waren meist nicht erfolgreich. [[1899]] erzwang [[Hans Böckler]] nach einem 12-wöchigen Streik der Metallschläger eine Arbeitszeitverkürzung auf 9 Stunden.
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Bei den Löhnen gab es, je nach Branche, sehr große Unterschiede. Die besten Verdienstchancen gewährten in der Mitte des 19. Jahrhunderts die Baumwoll- und Leinen sowie die Spiegelfabriken. Bei bis zu 12 Stunden Arbeitszeit pro Tag reichte der Lohn in vielen Fällen kaum zum Leben. In der zweiten Phase der Industrialisierung in Fürth ging das Lohnniveau auch in den Metall- und Brillenfabriken nach oben. Allerdings hat sich die finanzielle Lage der Arbeiter dadurch nicht wesentlich verbessert, da die stark gestiegenen Mieten sowie die Ausgaben für Kleidung usw. zu berücksichtigen sind. Einer Arbeiterfamilie war es häufig nicht möglich, gleichzeitig ausreichend zu essen, gesund zu wohnen und sich ordentlich zu kleiden.<ref<Helga Grebing: Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, München 1970</ref>.
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Bei den Löhnen gab es, je nach Branche, sehr große Unterschiede. Die besten Verdienstchancen gewährten in der Mitte des 19. Jahrhunderts die Baumwoll- und Leinen sowie die Spiegelfabriken. Bei bis zu 12 Stunden Arbeitszeit pro Tag reichte der Lohn in vielen Fällen kaum zum Leben. In der zweiten Phase der Industrialisierung in Fürth ging das Lohnniveau auch in den Metall- und Brillenfabriken nach oben. Allerdings hat sich die finanzielle Lage der Arbeiter dadurch nicht wesentlich verbessert, da die stark gestiegenen Mieten sowie die Ausgaben für Kleidung usw. zu berücksichtigen sind. Einer Arbeiterfamilie war es häufig nicht möglich, gleichzeitig ausreichend zu essen, gesund zu wohnen und sich ordentlich zu kleiden.<ref>Helga Grebing: Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, München 1970</ref>.
    
Die Fabrikbetriebe standen vor der Aufgabe, dass eine Vielzahl von Arbeitskräften für die Arbeit mit Maschinen ausgebildet werden musste. Dazu gab es Fabrik- und Arbeitsordnungen, die aber allzu oft den Arbeitsschutz, d.h. den Schutz der Arbeitnehmer vor Gefahren für seine Gesundheit und sein Leben vernachlässigten. So entstanden viele Arbeitsplätze, die langfristig Gesundheitsschäden verursachten. Die Arbeitnehmer konnten die Risiken ihrer Arbeitsplätze oft nicht richtig einschätzen und mussten froh sein, einen gut bezahlten Arbeitsplatz zu finden.<ref>{{BuchQuelle|Vom Handwerkerort zur Industriemetropole (Buch)|Seite=49}}</ref> Eine spezielle Problematik bezüglich Arbeitsschutz gab es in Fürth bei einer der wichtigsten Gewerbearten, der Spiegelbranche. Hier kam es zu einer von erschreckenden Erscheinungen begleiteten Fabrikkrankheit, der [[Quecksilber|Quecksilberkrankheit]] oder dem sog. Merkurialismus. Krankheitsursache war die Aufnahme von Quecksilber in den menschlichen Organismus durch Dämpfe bei der Verarbeitung des Metalls bei der Spiegelbelegung. Staatliche Stellen reagierten recht unzureichend und erst nach der Reichsgründung erfolgten umfassendere Arbeitsschutzbestimmungen. ''Der Betriebsschutz sollte in Bayern zuerst in Fürsorgemaßnahmen für die Spiegelarbeiter praktisch werden. Ging dieses erste Eingreifen noch nicht von der bayerischen Staatsregierung selbst, sondern von der Initiative und Kompetenz der mittelfränkischen Kreisregierung aus ... so scheint es doch der Darstellung um so würdiger, als es eben z.T. den Vorläufer des bayerischen Betriebsschutzes überhaupt bildet''.<ref>Hugo Kündig: Geschichte der bayerischen Arbeiterschutzgesetzgebung, Diss. jur. Erlangen 1913, S. 54</ref> Während sich in anderen Städten durch besser belüftete Räume, Hygiene, Kleiderwechsel und gesunde Ernährung die Situation maßgeblich verbesserte, blieb es in Fürth problematisch, weil viele Arbeiter teils in wenig geeigneten Räumlichkeiten Spiegel belegten und am Rande des Existenzminimums lebten. Die Errichtung eines Dampfbades [[1856]] und die Gründung eines Kranken-Unterstützungsvereins, durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichermaßen finanziert, sollten die Lage wenigstens etwas verbessern. Der [[1885]] ins Leben gerufene Glasbeleger-Hilfsverein erreichte es, dass die Beleger jährlich vier Wochen bei Lohnfortzahlung aussetzen konnten und wöchentlich ein Bad nehmen mussten. Trotzdem dauerte es bis zur Jahrhundertwende bis in Fürth die letzte Quecksilberbelege verschwand.
 
Die Fabrikbetriebe standen vor der Aufgabe, dass eine Vielzahl von Arbeitskräften für die Arbeit mit Maschinen ausgebildet werden musste. Dazu gab es Fabrik- und Arbeitsordnungen, die aber allzu oft den Arbeitsschutz, d.h. den Schutz der Arbeitnehmer vor Gefahren für seine Gesundheit und sein Leben vernachlässigten. So entstanden viele Arbeitsplätze, die langfristig Gesundheitsschäden verursachten. Die Arbeitnehmer konnten die Risiken ihrer Arbeitsplätze oft nicht richtig einschätzen und mussten froh sein, einen gut bezahlten Arbeitsplatz zu finden.<ref>{{BuchQuelle|Vom Handwerkerort zur Industriemetropole (Buch)|Seite=49}}</ref> Eine spezielle Problematik bezüglich Arbeitsschutz gab es in Fürth bei einer der wichtigsten Gewerbearten, der Spiegelbranche. Hier kam es zu einer von erschreckenden Erscheinungen begleiteten Fabrikkrankheit, der [[Quecksilber|Quecksilberkrankheit]] oder dem sog. Merkurialismus. Krankheitsursache war die Aufnahme von Quecksilber in den menschlichen Organismus durch Dämpfe bei der Verarbeitung des Metalls bei der Spiegelbelegung. Staatliche Stellen reagierten recht unzureichend und erst nach der Reichsgründung erfolgten umfassendere Arbeitsschutzbestimmungen. ''Der Betriebsschutz sollte in Bayern zuerst in Fürsorgemaßnahmen für die Spiegelarbeiter praktisch werden. Ging dieses erste Eingreifen noch nicht von der bayerischen Staatsregierung selbst, sondern von der Initiative und Kompetenz der mittelfränkischen Kreisregierung aus ... so scheint es doch der Darstellung um so würdiger, als es eben z.T. den Vorläufer des bayerischen Betriebsschutzes überhaupt bildet''.<ref>Hugo Kündig: Geschichte der bayerischen Arbeiterschutzgesetzgebung, Diss. jur. Erlangen 1913, S. 54</ref> Während sich in anderen Städten durch besser belüftete Räume, Hygiene, Kleiderwechsel und gesunde Ernährung die Situation maßgeblich verbesserte, blieb es in Fürth problematisch, weil viele Arbeiter teils in wenig geeigneten Räumlichkeiten Spiegel belegten und am Rande des Existenzminimums lebten. Die Errichtung eines Dampfbades [[1856]] und die Gründung eines Kranken-Unterstützungsvereins, durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichermaßen finanziert, sollten die Lage wenigstens etwas verbessern. Der [[1885]] ins Leben gerufene Glasbeleger-Hilfsverein erreichte es, dass die Beleger jährlich vier Wochen bei Lohnfortzahlung aussetzen konnten und wöchentlich ein Bad nehmen mussten. Trotzdem dauerte es bis zur Jahrhundertwende bis in Fürth die letzte Quecksilberbelege verschwand.
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==Literatur==
 
==Literatur==
 
* {{BuchQuelle|Fürth - Geschichte der Stadt (Buch)|Seite=215}}
 
* {{BuchQuelle|Fürth - Geschichte der Stadt (Buch)|Seite=215}}

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