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teu 2. Fortsetzung

Lola spürt einen blutunterlaufenen Blick ihren Rücken hinabgleiten. Sie dreht sich um und erblickt angeekelt die breit grinsenden Augen des Mestizen. Ange­ widert wendet sie sich dem Ausgang zu, zieht den Revolver und schießt sich eine Gasse durch die kämpfenden Cowboys. Draußen vor der Tür ist der inferna­ lische Lärm nur schwach zu hören, und sie genießt den milden Abend. Wie schön ist die Welt! Nur nicht für sie. Den Mestizen soll sie heiraten! Nie! Und wenn sie ihn vorher umlegte! Denn sie liebt einen anderen Mann, einen Mann, den sie ga^jnicht kennt. Es ist verrückt und dumm, aber sie ist besessen von dieser Verliebtheit. Eine fremde, geheimnisvolle Macht hat von ihr Besitz ergriffen. Sie fühlt sich wild und lei­ denschaftlich mit einem anderen Menschen verbunden, mit einem Mann, den sie gar nicht kennt. Sie läßt sich von einer Einbildung beherrschen. Sie schüttelt über sich selbst den Kopf und sagt sich, daß sie dumm sei und sich wie ein weltfremder Backfisch benehme. Dumm ist sie, fürchterlich dumm; sie gelobt sich heilig und fest, dieser Einbildung keinen Gedanken mehr zu schen­ ken, aber trotzdem träumt sie von ihr Tag und Nacht. Mitten in der Wirtschaft kann es geschehen, daß sie innehält, die Augen schließt und glaubt, seinen hei­ ßen Kuß zu spüren. (Wir wissen natürlich, daß es nur ein heißer Schuß ist, der ihr Gesicht streifte!) Heu­ te Nacht hatte sie einen eigenartigen Traum. Ein Dra­ che bedrohte sie. Da stürzte aus rosa Himmel ein Ad­ ler, besiegte den Drachen und führte sie mit in den. rosigen Äther, daß ihr schwindelte und sie aufwachte. Wo ist der Mann, der sie vor dem Drachen, dem abscheulichen Mestizen,’- schützt? Ihr Herz ist voller Sehnen, und im Auge schimmern Tränen, tiefbewegt schiebt sie den Kaugummi in ihrem Mund hin und her. Da durchzuckt es sie wie ein elektrischer Schlag. Sie muß sich an einen Pfosten lehnen,so schwindlig wird ihr, und die Augen reiben. Aber die Erscheinung bleibt und reitet die Straße hinab auf sie zu. Sie muß die Hand vor den Mund halten, um nicht zu schrei­ en. Er ist es, der Mann ihrer Träume!

++++ Auch Tim zuckt zusammen. Dort am Pfosten lehnt das schönste Mädchen, das er je gesehen hat. Rote Wel­ len der Verlegenheit huschen anmutig über die mit Grübchen verzierten Wangen, und die rotglühend un­ tergehende Sonne versilbert sie. Jetzt fällt es ihm wie Schuppen von den Augen. Das ist seine Sehnsucht und der Grund seiner Traurigkeit und seines Bauchwehs (Indigestion). Es war nicht der Blinddarm, wie angenommen, son­ dern hochgradigster Liebeskummer, denn urplötzlich verläßt ihn wie ein Wunder, bei solch einem hübschen Mädchen allerdings kein Wunder, sein Bauchgrimmen. Die Liebe ergreift ihn. In einem poetischen Anfall spricht er zu sich: „Die oder keine wird die Meine!" Er zieht den Colt und schießt in die Hauswand ein Herz und die be­ deutungsvollen Worte: „I love you!" Bedeu­ tungsvoll insofern, weil diese Worte in sei­ nen späteren Schicksalsweg eingreifen, und weil der deutsche Schlager diesen Satz be­ reitwilligst in „I love you, baby ... " etc. übernehmen sollte.

(Fortsetzung Seite 24)

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Bob zottelt auf seiner Stute durch die Prärie. Er denkt an vieles. An Tim! Wie es dem mit seinem Bauch gehen mag? E r denkt an seine tote Frau und an sein ver­ schollenes Töchterchen. Bob war vor fünfzehn Jahren ein seßhafter Farmer, bis der „Blutige Mestize" sein Haus anzündete. Seine Frau wurde getötet, sein Töch­ terchen blieb verschollen. Flach wie ein Tisch breitet sich die Prärie vor ihm aus. Keine Erhebung stört den frei schweifenden Blick, kein Baum, kein Strauch ist zu sehen. Plötzlich stürzen hinter einer Waldecke 200 - 1000 Indianer auf Bob los. In äußerster Kaltblütigkeit (in Gefahren ist Bob immer kaltblütig) zieht er zuerst einmal seine Schnapsflasche und gießt sich einen Dujardin ein. Dann überlegt er sich, ob er sein Gewissen mit der Ausrottung eines Indianerstammes belasten, oder ob er die Flucht vorziehen soll. Endlich entschließt er sich zur Flucht. Er reißt die edle Stu­ te herum, daß sie sich auf die Hinterbeine aufstellt, und rast mit einer Geschwindigkeit davon, daß es aus­ sieht, als ob die heranpreschenden Indianer am Platz stehen blieben. Aber die ungeheure Geschwindigkeit ist Bobs Verhängnis. Ein kurzsichtiger Aasgeier kommt nicht mehr rechtzeitig von seiner Cowboyleiche hoch, rudert noch mit verzweifelten Flügelschlägen k n a p p -J— -' — CT~ über dem Boden, doch da ist Bob auch schon heran, und der Aasgeier prallt Bob an den Kopf. Der Geier geht in Scherben, Bob zu Boden. Im Nu sind die Indianer über Bob, der bewußtlos am Boden liegt, binden ihn und stellen ihn im Lager an den Marterpfahl. Schaurig klingt das Kriegsgeschrei in die klare Vollmondnacht.

Im Gebüsch flötet sanft eine Nachtigall, die Sputniks ziehen piepsend ihre Bahnen, in den Teichen plärren die Frösche, und die Prärie läßt einen leichten Hauch durch die Bäume ziehen! Leise beleuchtet der silberne Schein des Mondes Lola und Tim, die auf einer Bank sitzen und versunken die Pracht des Universums betrachten. „Siehst du den Mond, Geliebte?" flüstert Tim. „Ich sehe ihn, Gelüübter!" - „Lola?" - „Jaha" - „Mmh" - „Tim!!" „Hach ja" - „Mmh" - „Du erinnerst mich an meinen Freund Bob, Lola!" - „So?" Sie schauen eine Zeitlang in den Mond, dann unterhalten sie sich wieder flüsternd. Tim erzählt dies und das und Lola erzählt, daß sie ein Findelkind sei, der Wirt Alfonso sie großgezogen habe und er nun gedenke, sie mit dem abscheulichen Mestizen zu verheiraten! Im geheimen denkt Lola, daß vielleicht Tim der Adler ihres Traumes sei, der sie rettet. „Du, Lola, es gibt so vieles, was ein Mann alleine nicht richtig kaum ... " Lola sinkt ihm errötend und glücklich an die Brust. „ ... so zum Beispiel Kochen, Strümpfe Stopfen, u. s. w. Willst du meine Frau werden?" Sie flüstert überglücklich, kaum vernehmbar: „Ja, Tim!" Sachte und scheu nähern sich Tims und Lolas halbgeöffnete Lippen. Lola schließt die Augen. Alles Blut strömt vom Herzen Tims weg, um im nächsten Augenblick un­ gestüm wieder zurückzufließen. Entschlossen nähert Tim seine Lippen denen Lolas und ... (Die Moral von der Geschieht': Küsse nie im Dunkeln nicht!!!) ... da trifft Tim ein Schlag auf den Kopf, das Firmament scheint aus den Fugen zu geraten, Sterne tanzen, dann versinkt Tim in Nacht.

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