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Eine erste Bewertung Dr. Schwammbergers über seine Rolle während des Nationalsozialismus nahm unter anderem der Historiker Dr. Eckart Dietzfelbinger vor<ref name="Dietzfelbinger">vgl. z.B. Eckart Dietzfelbinger in "Frankens Nazi-Bilderberg", NZ vom 02.04.08</ref>, ehem. wissenschaftlicher Mitarbeiter des Dokumentationszentrums Reichsparteitagsgelände in [[Nürnberg]] und spezialisiert auf die Geschichte des Dritten Reichs in Franken. Dr. Dietzfelbinger stellte vor allem die Lückenhaftigkeit der NS-Aktenbestände im Fürther Stadtarchiv fest: "''Bei einer Durchsicht der NS-Aktenbestände vor Ort fällt deren extrem lückenhafter Zustand auf. Ganze Papierbündel aus den verschiedenen Beständen sind herausgeschnitten worden. Wer es tat, wie und wann das geschah, lässt sich wohl nicht mehr rekonstruieren. Doch könnte eine mögliche Erklärung darin liegen, dass der Leiter des Stadtarchives Fürth in der Nachkriegszeit und Gründer des Heimatvereins "[[Geschichtsverein Fürth|Alt Fürth]]", Adolf Schwammberger Mitglied der [[NSDAP]] war.''"<ref name="Dietzfelb02"/> Unabhängig davon, ob Dr. Schwammberger an dieser Vernichtung einschlägiger Materialien und damit unwiederbringlichen Zerstörung zeitgeschichtlich bedeutender Dokumente persönlich beteiligt war, werfe seine Berufung nach Dr. Dietzfelbinger ein schlechtes Licht auf die Verantwortlichen. Zusätzlich fällt auf, dass die Personalakte "Adolf Schwammberger, Band 1 & 2" im Stadtarchiv nahezu keine Korrespondenz zwischen [[1935]] und [[1945]] aufweist - mit Ausnahme der Entlastungsschreiben seiner Person während des Nationalsozialismus.<ref>Stadtarchiv Fürth, Personalakte Schwammberger, Band 1 & 2</ref>
 
Eine erste Bewertung Dr. Schwammbergers über seine Rolle während des Nationalsozialismus nahm unter anderem der Historiker Dr. Eckart Dietzfelbinger vor<ref name="Dietzfelbinger">vgl. z.B. Eckart Dietzfelbinger in "Frankens Nazi-Bilderberg", NZ vom 02.04.08</ref>, ehem. wissenschaftlicher Mitarbeiter des Dokumentationszentrums Reichsparteitagsgelände in [[Nürnberg]] und spezialisiert auf die Geschichte des Dritten Reichs in Franken. Dr. Dietzfelbinger stellte vor allem die Lückenhaftigkeit der NS-Aktenbestände im Fürther Stadtarchiv fest: "''Bei einer Durchsicht der NS-Aktenbestände vor Ort fällt deren extrem lückenhafter Zustand auf. Ganze Papierbündel aus den verschiedenen Beständen sind herausgeschnitten worden. Wer es tat, wie und wann das geschah, lässt sich wohl nicht mehr rekonstruieren. Doch könnte eine mögliche Erklärung darin liegen, dass der Leiter des Stadtarchives Fürth in der Nachkriegszeit und Gründer des Heimatvereins "[[Geschichtsverein Fürth|Alt Fürth]]", Adolf Schwammberger Mitglied der [[NSDAP]] war.''"<ref name="Dietzfelb02"/> Unabhängig davon, ob Dr. Schwammberger an dieser Vernichtung einschlägiger Materialien und damit unwiederbringlichen Zerstörung zeitgeschichtlich bedeutender Dokumente persönlich beteiligt war, werfe seine Berufung nach Dr. Dietzfelbinger ein schlechtes Licht auf die Verantwortlichen. Zusätzlich fällt auf, dass die Personalakte "Adolf Schwammberger, Band 1 & 2" im Stadtarchiv nahezu keine Korrespondenz zwischen [[1935]] und [[1945]] aufweist - mit Ausnahme der Entlastungsschreiben seiner Person während des Nationalsozialismus.<ref>Stadtarchiv Fürth, Personalakte Schwammberger, Band 1 & 2</ref>
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Das Stadtarchiv Fürth verweist darauf, dass es nicht nachweisbar sei, dass Unterlagen der Stadtverwaltung während oder nach der NS-Zeit gezielt vernichtet worden seien. Beispiele herausgeschnittener Akten wurden auch auf mehrfache Nachfrage nicht genannt. Im Gegenteil sind beispielsweise die Arisierungsunterlagen, wenn nicht nachweisbar 100%ig vollständig, so doch in großem Umfang erhalten. Unterlagen der NSDAP als Partei sind nicht vorhanden. Diese scheinen vollständig vernichtet worden zu sein. In der Zeit, in der dies geschehen sein müsste, befand sich Schwammberger jedoch nicht in Fürth.
 
[[Datei:Schwammberger Forster Thorn il 4 APT FW.jpg|miniatur|links|Gauleiter Albert Forster zu Besuch in Thorn, im Hintergrund rechts Dr. Schwammberger, ca. 1942]]
 
[[Datei:Schwammberger Forster Thorn il 4 APT FW.jpg|miniatur|links|Gauleiter Albert Forster zu Besuch in Thorn, im Hintergrund rechts Dr. Schwammberger, ca. 1942]]
Eine Erwiderung erfolgte durch die Vorsitzende des [[Geschichtsverein Fürth|Geschichtsvereins]] Fürth. [[Barbara Ohm]] stellte Anfang [[2009]] in einem Aufsatz für die [[Fürther Geschichtsblätter]] fest, die Vorwürfe einer persönlichen Beteiligung Dr. Schwammbergers an diesen Aktenvernichtungen seien nicht zu erhärten.<ref name="FüGe01/09">Barbara Ohm: Ergänzung zu Vortrag und Artikel: Die Entnazifizierung Dr. Schwammbergers", in Fürther Geschichtsblätter 1/2009</ref> Wer Dr. Schwammberger persönlich kannte und seine Arbeit verfolgte, kann der posthumen Interpretation nicht folgen: Insgesamt 12 Personen schrieben ihm im Entnazifizierungsverfahren nach dem Zweiten Weltkrieg hervorragende Entlastungen. Unter anderem [[Adolf Schwiening]], [[Hermann Herrenberger]] und [[August Häußler]] würdigten ihn hierbei weit über die üblichen Floskeln hinaus als "stark künstlerischen, schöpferischen Mensch" und "Repräsentanten des Humanismus im besten Sinne". Dem steht gegenüber, dass gerade z. B. [[Adolf Schwiening|Schwiening]] und [[Hermann Herrenberger|Herrenberger]] selbst NS-Größen wie [[Franz Jakob|Jakob]] und [[Hans Sandreuter|Sandreuter]] sog. "Persil-Scheine" ausstellten. Die zum Beispiel in einem Entlastungsbrief getroffene Aussage des ehem. Regierungspräsidenten a. D. Kühn "''Er (Schwammberger) lehnte die Goebbelsche Kulturpolitik, die Wirtschaftspolitik und Kunst zum Mittel der Propaganda machen wollten, ebenso ab wie alle Massenveranstaltungen.''"<ref>Stadtarchiv Fürth, Personalakte Adolf Schwammberger, Band 1</ref> werden durch die vielfachen Berichterstattungen über seine Dozententätigkeit während der NS-Zeit deutlich widerlegt. Offen bleibt auch die Frage, wie z. B. [[Adolf Schwiening|Schwiening]] und [[Hermann Herrenberger|Herrenberger]] entlastende Aussagen über Schwammbergers Verhalten während der NS-Zeit in Thorn treffen konnten, ohne dass Schwammberger in dieser Zeit in Fürth tätig war.
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Die damalige Vorsitzende des [[Geschichtsverein Fürth|Geschichtsvereins]] Fürth, [[Barbara Ohm]], stellte Anfang [[2009]] in einem Aufsatz für die [[Fürther Geschichtsblätter]] fest, die Vorwürfe einer persönlichen Beteiligung Dr. Schwammbergers an diesen Aktenvernichtungen seien nicht zu erhärten.<ref name="FüGe01/09">Barbara Ohm: Ergänzung zu Vortrag und Artikel: Die Entnazifizierung Dr. Schwammbergers", in Fürther Geschichtsblätter 1/2009</ref> Wer Dr. Schwammberger persönlich kannte und seine Arbeit verfolgte, kann der posthumen Interpretation nicht folgen: Insgesamt 12 Personen schrieben ihm im Entnazifizierungsverfahren nach dem Zweiten Weltkrieg hervorragende Entlastungen. Unter anderem [[Adolf Schwiening]], [[Hermann Herrenberger]] und [[August Häußler]] würdigten ihn hierbei weit über die üblichen Floskeln hinaus als "stark künstlerischen, schöpferischen Mensch" und "Repräsentanten des Humanismus im besten Sinne". Dem steht gegenüber, dass gerade z. B. [[Adolf Schwiening|Schwiening]] und [[Hermann Herrenberger|Herrenberger]] selbst NS-Größen wie [[Franz Jakob|Jakob]] und [[Hans Sandreuter|Sandreuter]] sog. "Persil-Scheine" ausstellten. Die zum Beispiel in einem Entlastungsbrief getroffene Aussage des ehem. Regierungspräsidenten a. D. Kühn "''Er (Schwammberger) lehnte die Goebbelsche Kulturpolitik, die Wirtschaftspolitik und Kunst zum Mittel der Propaganda machen wollten, ebenso ab wie alle Massenveranstaltungen.''"<ref>Stadtarchiv Fürth, Personalakte Adolf Schwammberger, Band 1</ref> werden durch die vielfachen Berichterstattungen über seine Dozententätigkeit während der NS-Zeit deutlich widerlegt. Offen bleibt auch die Frage, wie z. B. [[Adolf Schwiening|Schwiening]] und [[Hermann Herrenberger|Herrenberger]] entlastende Aussagen über Schwammbergers Verhalten während der NS-Zeit in Thorn treffen konnten, ohne dass Schwammberger in dieser Zeit in Fürth tätig war.
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[[2004]] formulierte eine Archivarin aus Toruÿ (ehem. Thorn) auf Nachfrage zur Rolle Schwammbergers in Thorn folgendes: Er war ''einer der vertrauensvollsten Mitarbeiter der NSDAP in Thorn ... und des aus Fürth stammenden Oberbürgermeisters Franz Jakob, verantwortlich für die ganze Nazi-Propaganda und das Hauptorgan der NSDAP, "Thorner Freiheit".''<ref>Stadtarchiv Fürth, Biografische Sammlung Schwammberger, Magdalena Niedzielska, 15. April 2004</ref>  
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[[2004]] formulierte eine Archivarin aus Torun (ehem. Thorn) auf Nachfrage zur Rolle Schwammbergers in Thorn folgendes: Er war ''einer der vertrauensvollsten Mitarbeiter der NSDAP in Thorn ... und des aus Fürth stammenden Oberbürgermeisters Franz Jakob, verantwortlich für die ganze Nazi-Propaganda und das Hauptorgan der NSDAP, "Thorner Freiheit".''<ref>Stadtarchiv Fürth, Biografische Sammlung Schwammberger, Magdalena Niedzielska, 15. April 2004</ref>  
 
[[Datei:Schwammberger Forster Thorn il 23 APT FW.jpg|miniatur|rechts|Gauleiter Albert Forster zu Besuch in Thorn, rechts im Bild Dr. Schwammberger, ca. 1942]]
 
[[Datei:Schwammberger Forster Thorn il 23 APT FW.jpg|miniatur|rechts|Gauleiter Albert Forster zu Besuch in Thorn, rechts im Bild Dr. Schwammberger, ca. 1942]]
 
Abschließend drängt sich der Verdacht auf, dass Schwammberger offensichtlich nach [[1945]] an keiner echten Aufklärung bzw. Geschichtsschreibung Fürths während des [[Nationalsozialismus]] interessiert war, wie die meisten seiner Kollegen in der Nachkriegszeit. Eine Ausnahme stellt sicherlich sein Kollege Dr. Gerhard Pfeiffer in Nürnberg dar, der [[1945]] die Bevölkerung geradezu dazu aufrief, alles an Geschichte und Dokumenten von [[1933]] bis [[1945]] dem Stadtarchiv Nürnberg für eine spätere Auswertung und Präsentation zu überlassen. Während man in der Nachbarstadt offensichtlich bemüht war, die Geschichte nicht gänzlich in Vergessenheit geraten zu lassen - sicherlich auch aufgrund der besonderen Rolle der Stadt Nürnberg als Stadt der Reichsparteitage und einer der sechs [https://de.wikipedia.org/wiki/F%C3%BChrerstadt Führerstädte] in der NS-Zeit - schlug man in Fürth scheinbar andere Wege ein. Ein gutes Beispiel für die "Geschichtsschreibung" in der Nachkriegszeit in Deutschland und damit auch in Fürth stellt die 50-Jahr-Feier des [[Nathanstift]]s [[1959]] dar. Hierzu verfasste Schwammberger zunächst für die [[Fürther Geschichtsblätter|Heimatblätter]] des [[Geschichtsverein Fürth|Geschichtsverein]]s einen Artikel, der später 1 : 1 in die Festschrift der Stadt Fürth übernommen wurde. Nicht nur, dass das Gedenken [[Alfred Nathan]]s ausblieb, dessen Stiftung und deren Tilgung aus der Geschichte durch die [[Nationalsozialismus|Nationalsozialisten]] in der Festschrift mit keiner Silbe erwähnt werden, sind in der Festschrift auch Täter und Opfer auf eine Stufe und kommentarlos nebeneinander gestellt worden. Beleg hierfür ist der Umstand, dass der antisemitische und geradezu fanatische Nationalsozialist und Frauenarzt [[Arnulf Streck|Dr. Dr. Streck]] in der Festschrift zum 50-jährigen Bestehen des Nathanstifts "lediglich" als Nachfolger des jüdischen Arztes [[Richard Fleischer|Dr. Fleischer]] beschrieben wird. Hier verschweigt Schwammberger, dass [[Arnulf Streck|Streck]] alle jüdischen Ärzte in Fürth entlassen und maßgeblich zu deren Verfolgung und Ermordung mit beigetragen hat - so auch im Fall des ärztlichen Leiters des [[Nathanstift]]s [[Richard Fleischer|Dr. Fleischer]], dessen Nachfolger er dann wurde. Durch das - offensichtliche und bewusste - Weglassen historischer Fakten muss Schwammberger sich aus heutiger Sicht und auch aus Sicht seiner Berufsgruppe der Historiker, durchaus den Vorwurf gefallen lassen, zumindest in dieser Sache geschichtsrevisionistisch gehandelt zu haben. Gleiches gilt in Teilen für seine Veröffentlichung "[[Fürth von A bis Z (Buch)|Fürth von A - Z]]".
 
Abschließend drängt sich der Verdacht auf, dass Schwammberger offensichtlich nach [[1945]] an keiner echten Aufklärung bzw. Geschichtsschreibung Fürths während des [[Nationalsozialismus]] interessiert war, wie die meisten seiner Kollegen in der Nachkriegszeit. Eine Ausnahme stellt sicherlich sein Kollege Dr. Gerhard Pfeiffer in Nürnberg dar, der [[1945]] die Bevölkerung geradezu dazu aufrief, alles an Geschichte und Dokumenten von [[1933]] bis [[1945]] dem Stadtarchiv Nürnberg für eine spätere Auswertung und Präsentation zu überlassen. Während man in der Nachbarstadt offensichtlich bemüht war, die Geschichte nicht gänzlich in Vergessenheit geraten zu lassen - sicherlich auch aufgrund der besonderen Rolle der Stadt Nürnberg als Stadt der Reichsparteitage und einer der sechs [https://de.wikipedia.org/wiki/F%C3%BChrerstadt Führerstädte] in der NS-Zeit - schlug man in Fürth scheinbar andere Wege ein. Ein gutes Beispiel für die "Geschichtsschreibung" in der Nachkriegszeit in Deutschland und damit auch in Fürth stellt die 50-Jahr-Feier des [[Nathanstift]]s [[1959]] dar. Hierzu verfasste Schwammberger zunächst für die [[Fürther Geschichtsblätter|Heimatblätter]] des [[Geschichtsverein Fürth|Geschichtsverein]]s einen Artikel, der später 1 : 1 in die Festschrift der Stadt Fürth übernommen wurde. Nicht nur, dass das Gedenken [[Alfred Nathan]]s ausblieb, dessen Stiftung und deren Tilgung aus der Geschichte durch die [[Nationalsozialismus|Nationalsozialisten]] in der Festschrift mit keiner Silbe erwähnt werden, sind in der Festschrift auch Täter und Opfer auf eine Stufe und kommentarlos nebeneinander gestellt worden. Beleg hierfür ist der Umstand, dass der antisemitische und geradezu fanatische Nationalsozialist und Frauenarzt [[Arnulf Streck|Dr. Dr. Streck]] in der Festschrift zum 50-jährigen Bestehen des Nathanstifts "lediglich" als Nachfolger des jüdischen Arztes [[Richard Fleischer|Dr. Fleischer]] beschrieben wird. Hier verschweigt Schwammberger, dass [[Arnulf Streck|Streck]] alle jüdischen Ärzte in Fürth entlassen und maßgeblich zu deren Verfolgung und Ermordung mit beigetragen hat - so auch im Fall des ärztlichen Leiters des [[Nathanstift]]s [[Richard Fleischer|Dr. Fleischer]], dessen Nachfolger er dann wurde. Durch das - offensichtliche und bewusste - Weglassen historischer Fakten muss Schwammberger sich aus heutiger Sicht und auch aus Sicht seiner Berufsgruppe der Historiker, durchaus den Vorwurf gefallen lassen, zumindest in dieser Sache geschichtsrevisionistisch gehandelt zu haben. Gleiches gilt in Teilen für seine Veröffentlichung "[[Fürth von A bis Z (Buch)|Fürth von A - Z]]".
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