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==Zeitgenössische Ortsbeschreibung==
 
==Zeitgenössische Ortsbeschreibung==
 
:''Fürth, ein Marktflecken unter dem Oberamte Kadolzburg im Fürstenthum Anspach, 1 ¼ Stunden von Nürnberg, 1 ½ Meilen von Erlangen, und 2 Meilen von Schwabach entfernt, liegt in einer zum Handel sehr bequemen Gegend zwischen den beiden Flüssen Rednitz und Pegnitz, die sich unterhalb des Fleckens vereinigen. Der Ort ist überalle offen, und die Gebäude und Straßen sind in Absicht der Bauart sehr verschieden; die schönste Straße ist die neue Alexanderstraße. Die älteren Häuser sind mehrentheils 4 – 6 Stockwerk hoch, und die Gebäude sind so voll Menschen, daß man oft in einem Hause 12, 15 – 20 Familien oder Haushaltungen antrifft. Nach Fischer waren im Jahre 1790 hier 513 Häuser, wovon nur 89 unter Anspachischer Hoheit standen. Man rechnet gewöhnlich hier nach Höfen, und auf diese Art wird der Ort in 174 Höfe oder 686 Viertel eingetheilt, wovon jedes Viertel 4 Fl. jährlich zu der Gemeinde bezahlt (s. Füssel III. pag. 11.) Viele Häuser haben einen Werth von 3 – 12,000 Fl. Außer den Anspachischen Unterthanen sind noch 323 Domprobstei-Bambergsche und 86 Nürnbergsche Lehn hier. Der König von Preußen hat als Schutz- und Territorialherr die Obergerichtsbarkeit über die Hofmark und das Amt Fürth, und hält auch hier in einer Kaserne ein Militär-Kommando zur allgemeinen Sicherheit. (Die übrige Verfassung, welche sehr viele Eigenheiten hat, und bei der Markgräfl. Regierung immer Anlaß zu Streitigkeiten zwischen Bamberg und Anspach gab, stehe in unten angeführten Buche v. Saueracker. Es werden hier wahrscheinlich verschiedene Veränderungen vorgehen.) Die hiesige luther. Gemeinde hat nur Eine Kirch mit 3 Predigern, in welche aber eine sehr große Gemeine eingepfarrt ist; die Katholischen haben ein sogenanntes Oratorium, und die zahlreiche Judenschaft hat eine hohe Schule oder Universität, 4 öffentliche Synagogen, und eine große Menge Schulen, da ein jeder Jude, der über 70 Jahre alt ist, in seinem Hause Schulen halten kann. Die Juden genießen hier sehr viele Freiheiten, die sie an andern Orten nicht haben, und ihre Rabbinen haben einigermaßen Gerichtsbarkeit. Die jüdische Gemeine theilt sich in 3 Klassen, 1) die 10,000 Fl., 2) die 5000 Fl., 3) Die 500 Fl. verlöst. Wer noch unter dieser Klasse ist, giebt gar keine Losung, hat aber auch keine Stimmte bei der Gemeine und erhält keine Amt. Die Gemeine theilt sich in einen geistl. und einen weltl. Stab. Dem geistl. steht der Oberrabbinder fast allein vor, [...], und ist auch Präsident vom sogenannten schwarzen Tribunal; dieses besteht aus 5 Rabbinen, die sich schwarz kleiden (woher der Beiname des Tribunals kommt), [...]. Der Oberrabbiner wird gewöhnlich weit her verschrieben, und darf keine Verwandtschaft in Fürth haben, um ganz unpartheiisch zu seyn; er hat ansehnliche Einkünfte. Die weltliche Regierung der Juden steht unter dem jüdischen Rathskollegion, das sie Kahl nennen. Es besteht aus 11 Barmossen (oder Bürgermeistern), 3 Kassirern und 5 Deputierten. [...]. Um in diesen Rath zu kommen, muß einer 16 Jahre lang in der Ehe leben, in der ersten Klasse stehn, und einen guten Ruf haben. Dieser Kahl besetzt alle Aemter, beruft den Oberrabbiner, und giebt ihm seine Instruktionen; ausch steht unter ihm das Almosenamt, Sportelamt und das Umgeld und Dienstbotenamt. Junge Leute werden auf der hiesigen Universität in Wissenschaften, Handelsgeschäfften, und fremden Sprachen unterrichtet, wozu bisweilen auch christliche Lehrer genommen werden. Die Studirenden stehn unter strenger Aufsicht, und ihre Zahl ist nicht über 200. Außer den Schulgebäuden gehören zu den öffentlichen Gebäuden der Juden ein Gemeine- oder Rathhaus, in welchem der Oberrabbiner wohnt, und der Judenrath und ihre Gerichtspersonen sich versammeln; auch haben sie ein Hospital und einen Leichenhof, und ein jeder, der in Letztere aufgenommen werden will, muß 50 Rthlr. geben. Auch sind 2 hebräische Buchdruckereien hier. In der Stadt sind 2 christliche Hauptschulen, jede mit 1 Lehrer, ab die wichtigste ist eine christliche Armenschule für Waisenkinder, in welcher imm 3 bis 400 Kinder im Lesen, Schreiben, Rechnen, Zeichnen, Christenthum, in der lateinischen und französischen Sprache und der Geographie, und zwar mehrentheils unentgeldlich, unterrichtet werden; auch Mädchen werden hier in weiblichen Arbeiten unterrichtet. Es ist ein schönes massives Gebäude mit Thurm und Glocken dazu gebaut, und die Schule hängt einzig und allein von der hiesigen Gemeine ab, und steht unter 3 Administratoren. Seit 1788 sind hier die schönsten Armenanstalten, und in diesem ersten Jahre wurden 7000 Fl. an die Armen vertheilt, die nach Verhältniß der Menge der Einwohner nicht so sehr zahlreich sind. (411 im Jahre 1788) [...]. Dieses Institut hilft armen Kindern, die gern ein Handwerk lernen wollen, und schafft Dürftigen und Waisen Betten an. Das Christenhospital ist unbedeutend, und kann nur 8 Arme ernähren. Die Juden verpflegen ihre Armen im Hektisch, das ist, in einem schlechten Armenhause bei ihrem Begräbnisplatze. Die Zahl der Einwohner dieses Orts rechnet Fischer (im Jahre 1790) auf 18,000 worunter 800 Judenfamilien mit 5000 Menschen seyn sollen; Füssel hingegen sagt (im Jahre 1791) 18,000 Christen und 12,000 Juden. Im Jahre 1786 wurden bei den Christen 117 Paar kopulirt, 496 getauft, und 471 begraben. Die Nahrung dieser großen Zahl Einwohner besteht im Handel, Künsten und Handwerken. Ackerbau treibt man nicht viel, denn der Boden um die Stadt ist Sand, der zwar gutes, aber wenig Getreide giebt; doch ist der Tabacksanbau ansehnlich. Wichtig sind noch die Bierbrauereien und Brantweinbrennereien. Ein jeder Einwohner ist berechtigt zu handeln, womit er will; eigentliche Messen hat der Ort nicht, aber zu Michaelis einen Jahrmarkt, der 14 Tage dauert und sehr zahlreich besucht wird. Den größten Theil ihrer Bedürfnisse bekommen die Fürther aus der umliegenden Gegend; Holz und Getreide erhalten sie aus Baiern, Franken und dem Altmühlgrunde; Gemüse aus dem sogenannten Knoblauchslande hinter Nürnberg; Schweine aus der Oberpfalz, Böhmen und Ungarn, und Rindvieh aus dem Anspachschen und Bambergschen; auch liefern die hiesigen Brauhäuser viel gemästetes Rindvieh. Es sind hier nicht sehr viele Bierbrauer, aber sie lieferns eine solche Menge gutes Bier, daß nicht nur der Ort ausreichend damit versehen, sondern auch noch davon ausgeführt wird. Der Fabrik- und Nahrungsstand dieses wichtigsten Fleckens in den preuß. Staaten vom Jahre 1791 ist folgender: - 1) die Speigelfabrik, dazu gehört a) eine Spiegelglätte, die aus 6 Schleif- und Polirtischen besteth. b) über 200 Tische, auf denen nur Papier- und Feldspiegel gemacht werden. c) 22 Glasbeleger, von denen viele auf 4 bis 6 Tischen arbeiten; diese Leute machen das Glas zu Spiegel, indem sie dasselbe mit der dazu nöthigen Masse belegen. d) 4 Glasschneider mit mehreren Drehbänken; sie drehen Krystall, ober allerlei Zierathen in das Glas, und liefern sehr prächtige und mit Geschmack verfertigte Spiegel. e) 122 Spiegelrahmenmacher oder Tischler, mit einer noch größern Anzahl Gesellen; diese geben sich blos mit den hölzernen Einfassungen der Spiegel ab, und schon daraus kann man die große Wichtigkeit und Ausdehnung dieser Fabrik sehen. Die Waaren dieser Spiegelfabrik kursiren alle unter Nürnbergscher Firma, obgleich in Nürnberg gar keine dergleichen Fabrik ist. Die Arten der Spiegel sind sehr verschieden, und man macht sie von 1 bis bis [sic!] 100 Zoll hoch. Alle Spiegel bis zu einer Höhe von 36 brabanter Zoll sind von Nürnberger Glas, und werden nach brabanter Maaß verkauft; [...]. Ein Spiegel muß durch 12 Werkstätte gehen, ehe er fertig wird, und man kann an keinem Orte so wohlfeile Spiegel liefern, da hier immer ein Meister dem andern in die Hände arbeitet; [...]. - 2) 31 Uhrmacher. Diese liefern blos Taschenuhren, und zwar meistens für einige hiesige Juden, die damit vorzüglich in die Türkei einen einträglichen Handel treiben. Die hiesigen Uhren sind wohlfeil, modern, und vorzüglich, wenn man sie bestellt, von dauerhafter Güte. Wöchentlich werden 60 Stück geliefert, à 22 Fl. [...] darunter sind aber die künstlichen und kostbaren Uhren, Glockenspiele etc. nicht mit begriffen. Auch sind 6 Uhrgehäusemacher hier, und außerdem liefern die Goldschmiede auch noch silberne und goldne Uhrgehäuse. -  3) 48 Goldschläger, mit mehr als 50 Gesellen, eben so vielen Frauenzimmern und noch mehr Kindern, die alle dabei beschäfftigt werden. Sie schlagen gelbes und weißes Metall, und diese Werkstätte sollen wöchentlich an 19,000 Buch Goldpapier liefern, wovon das Buch im Durchschnitt 12 Xer kostet. (Dies macht eine jährliche Summe von 197,600 Fl.) – 4) 48 Gürtler, mit ohngefähr 20 Gesellen, verfertigen außer den gewöhnlichen Gürthlerwaaren noch Galanteriewaaren, Stricknadeln, Uhrschlüssel, Uhrketten, Ohrgehänge, Etuis, Ringe und alle Arten von metallnen Knöpfen in ungeheurer Menge; eine solche Werkstatt soll im Durchschnitt wöchentlich für 150 fl. Waaren verfertigen. (Dies mach eine jährliche Summe von 374,400 Fl.) – 5) 96 Drechslermeister mit eben so viel Gesellen, und noch mehr Bänken. Sie werden eingetheilt in Kunstdrechseler und gemeinde Drechsler. Erstere sind entweder Metalldrechsler, wovon 25 Werkstätte größtentheils metallne Knöpfe und Uhrschlüssel liefern, oder Elfenbeindrechsler; diese liefern allerlei Arten von Galanteriewaaren aus Elfenbein. Die gemeinen Drechsler arbeiten blos in Holz und Horn, und machen größtentheils Tabacksröhre, Büchsen zu Kaffeemühlen und dergl. Der größte Theil dieser Drechsler wird bloß durch Bestellungen der hiesigen großen Kaufleute und vieler Kleinhändler iin Arbeit gesetzt; theils erhalten sie von jenem die Materie, und werden blos Packweise für ihre Fabrikate bezahlt, theils schaffen sie alles selbst an, und fertigen nur was bestellt wird. – 6) 18 Goldschmiede; sie fassen größtentheils ächte Steine für die hiesigen Juwelenhändler. Es ist hier nur ein einziger Steinschneider. – 7) 12 Schnallenmacher liefern blos Schnallen von Zinn, Messing und Komposition, die sie an Herumträger verkaufen. Alle Gürtler liefern auch dergleichen. – 8) 29 Schlossermeister machen außer ihren gewöhnlichen Arbeiten auch Kaffee- und Gewürzmühlen und andere Dinge. – 9) 10 Sattler und Riemer liefern viele Schreibtafeln, Brieftaschen, Tabacksbeutel und Dosen, Geldtaschen etc. – 10) 9 Brillenfabriken, diese liefern alle Arten von Brillen, Brenn- und Ferngläser, Mikroskope etc. Die Brillengläser liefert das Zuch- und Arbetishaus zu Schwabach, den Handel mit ihren Waaren überlassen sie den Juden. Eine jede Werkstatt soll wöchentlich für 200 Fl. liefern; (eine jährliche Summe vom 93,600 Fl.) – 11) eine sehr beträchtliche Strumpffabrik. Sie besteht aus 61 Meistern mit 146 Stühlen Sie liefert alle Gattungen von wollnen und baumwollenen Strümpfen, vorzüglich aber sogenannte türkische Hauben. Bei den letztern finden viele Frauenzimmer und Kinder ihren Unterhalt, indem sie Blumen von allerlei Farben auf dieselben nähen. Die Wolle wird größtentheils auch hier gesponnen. (Preiskurrant s. Füssel pag. 31) – 12) 8 Nudelfabriken, welche sehr weiten Absatz von Nudeln und Zuckergebackenem etc. haben. – 13) 8 Zinngießer, wovon 4 blos bleierne Soldaten, die übrigen aber auch bleierne Uhren etc. verfertigen. – 14) 4 Bortenwirker liefern auch allerlei Leonische Arbeit. – 15) 3 Buchbinder machen noch nebenbei Futterale und andere Waaren. – 16) 4 Papiertapetenfabrikanten beschäfftigen viel Menschen. – 17) 4 Pappendeckelfabrikanten, wovon 3 zugleich papierne Rauch- und Schnupftabacksdoscen machen; der übrige Pappendeckel wird in die große Dosenfabrik zu Schweinau verkauft. Sie sollen über 100 Menschen beschäfftigen. Ferner sind noch hier: 5 Siegellackfabriken, wovon eine sehr ansehnlich ist, einige Tabacksfabriken, eine Dantesfabrik; (Rechenpfennige) wöchentlich werden wenigstens 200 Pfund verfertigt, wovon das Pfund 1 Fl. kostet. Ins Ausland, vorzüglich nach Frankreich und die Türkei gehen jährlich über 60 Ctr. Dergleichen Rechenpfennige, 1 Foliefabrikant, der seine Folie vom Goldschläger bekömmt, und ihr nach Belieben verschiedene Farben giebt. Wichtig sind auch die Mühlenwerke an der Pegnitz. Sie haben 10 Mahlgänge für Mehl, Gries, Graupen, Grütze, Hirste etc. 1 Scheidgang, 2 große Schleifmühlen zum Schärfen der stählernen Handwerkszeuge, 6 Glaspolirtische (s. oben) und 1 Messingpolirwerk. – Es waren im genannten Jahre in Fürth eigentlich nur 20 große christliche Kaufleute, die einen ansehnlichen Handel treiben. 6 davon beziehen die Messen zu Leipzig, Braunschweig, Breslau, Wien, Gräz, Frankfurt am Main, Zurzach und Basel; auch waren hier 10 Weinhändler; der Juwelenhandel war allein in den Händen dreier Juden, und den Wechselhandel trieben 5 Juden beinahe in alle Länder. Sehr groß ist das Verkehr zwischen Fürth und Nürnberg, da die Fürther sehr viele Waaren aus Nürnberg erhalten, und auch viel dahin absetzen. – Reichthum findet man in diesem merkwürdigen Orte wohl weniger als Betriebsamkeit, da die gewöhnlichen Fabrikarbeiten so sehr niedrig bezahlt werden. – E. Sauerackers Versuch einer [...].  – Füssel Tagebuch seiner Reise IIIter Theil, 1791. pag. 2 bis 60.<ref>Leopold Krug: ''Topographisch-Statistisch-Geographisches Wörterbuch der sämmtlichen preußischen Staaten, oder Beschreibung aller Provinzen, Kreise, Distrikte, Städte, Aemter, Flecken, Dörfer, Vorwerke, Flüsse, Seen, Berge ... in den preußischen Staaten. Dritter Theil D - Glo'', Halle, 1797, S. 247 - 253. - [http://www.digitale-bibliothek-mv.de/viewer/metadata/PPN82553206X/5/-/ online-Digitalisat der Universität Greifswald]</ref>
 
:''Fürth, ein Marktflecken unter dem Oberamte Kadolzburg im Fürstenthum Anspach, 1 ¼ Stunden von Nürnberg, 1 ½ Meilen von Erlangen, und 2 Meilen von Schwabach entfernt, liegt in einer zum Handel sehr bequemen Gegend zwischen den beiden Flüssen Rednitz und Pegnitz, die sich unterhalb des Fleckens vereinigen. Der Ort ist überalle offen, und die Gebäude und Straßen sind in Absicht der Bauart sehr verschieden; die schönste Straße ist die neue Alexanderstraße. Die älteren Häuser sind mehrentheils 4 – 6 Stockwerk hoch, und die Gebäude sind so voll Menschen, daß man oft in einem Hause 12, 15 – 20 Familien oder Haushaltungen antrifft. Nach Fischer waren im Jahre 1790 hier 513 Häuser, wovon nur 89 unter Anspachischer Hoheit standen. Man rechnet gewöhnlich hier nach Höfen, und auf diese Art wird der Ort in 174 Höfe oder 686 Viertel eingetheilt, wovon jedes Viertel 4 Fl. jährlich zu der Gemeinde bezahlt (s. Füssel III. pag. 11.) Viele Häuser haben einen Werth von 3 – 12,000 Fl. Außer den Anspachischen Unterthanen sind noch 323 Domprobstei-Bambergsche und 86 Nürnbergsche Lehn hier. Der König von Preußen hat als Schutz- und Territorialherr die Obergerichtsbarkeit über die Hofmark und das Amt Fürth, und hält auch hier in einer Kaserne ein Militär-Kommando zur allgemeinen Sicherheit. (Die übrige Verfassung, welche sehr viele Eigenheiten hat, und bei der Markgräfl. Regierung immer Anlaß zu Streitigkeiten zwischen Bamberg und Anspach gab, stehe in unten angeführten Buche v. Saueracker. Es werden hier wahrscheinlich verschiedene Veränderungen vorgehen.) Die hiesige luther. Gemeinde hat nur Eine Kirch mit 3 Predigern, in welche aber eine sehr große Gemeine eingepfarrt ist; die Katholischen haben ein sogenanntes Oratorium, und die zahlreiche Judenschaft hat eine hohe Schule oder Universität, 4 öffentliche Synagogen, und eine große Menge Schulen, da ein jeder Jude, der über 70 Jahre alt ist, in seinem Hause Schulen halten kann. Die Juden genießen hier sehr viele Freiheiten, die sie an andern Orten nicht haben, und ihre Rabbinen haben einigermaßen Gerichtsbarkeit. Die jüdische Gemeine theilt sich in 3 Klassen, 1) die 10,000 Fl., 2) die 5000 Fl., 3) Die 500 Fl. verlöst. Wer noch unter dieser Klasse ist, giebt gar keine Losung, hat aber auch keine Stimmte bei der Gemeine und erhält keine Amt. Die Gemeine theilt sich in einen geistl. und einen weltl. Stab. Dem geistl. steht der Oberrabbinder fast allein vor, [...], und ist auch Präsident vom sogenannten schwarzen Tribunal; dieses besteht aus 5 Rabbinen, die sich schwarz kleiden (woher der Beiname des Tribunals kommt), [...]. Der Oberrabbiner wird gewöhnlich weit her verschrieben, und darf keine Verwandtschaft in Fürth haben, um ganz unpartheiisch zu seyn; er hat ansehnliche Einkünfte. Die weltliche Regierung der Juden steht unter dem jüdischen Rathskollegion, das sie Kahl nennen. Es besteht aus 11 Barmossen (oder Bürgermeistern), 3 Kassirern und 5 Deputierten. [...]. Um in diesen Rath zu kommen, muß einer 16 Jahre lang in der Ehe leben, in der ersten Klasse stehn, und einen guten Ruf haben. Dieser Kahl besetzt alle Aemter, beruft den Oberrabbiner, und giebt ihm seine Instruktionen; ausch steht unter ihm das Almosenamt, Sportelamt und das Umgeld und Dienstbotenamt. Junge Leute werden auf der hiesigen Universität in Wissenschaften, Handelsgeschäfften, und fremden Sprachen unterrichtet, wozu bisweilen auch christliche Lehrer genommen werden. Die Studirenden stehn unter strenger Aufsicht, und ihre Zahl ist nicht über 200. Außer den Schulgebäuden gehören zu den öffentlichen Gebäuden der Juden ein Gemeine- oder Rathhaus, in welchem der Oberrabbiner wohnt, und der Judenrath und ihre Gerichtspersonen sich versammeln; auch haben sie ein Hospital und einen Leichenhof, und ein jeder, der in Letztere aufgenommen werden will, muß 50 Rthlr. geben. Auch sind 2 hebräische Buchdruckereien hier. In der Stadt sind 2 christliche Hauptschulen, jede mit 1 Lehrer, ab die wichtigste ist eine christliche Armenschule für Waisenkinder, in welcher imm 3 bis 400 Kinder im Lesen, Schreiben, Rechnen, Zeichnen, Christenthum, in der lateinischen und französischen Sprache und der Geographie, und zwar mehrentheils unentgeldlich, unterrichtet werden; auch Mädchen werden hier in weiblichen Arbeiten unterrichtet. Es ist ein schönes massives Gebäude mit Thurm und Glocken dazu gebaut, und die Schule hängt einzig und allein von der hiesigen Gemeine ab, und steht unter 3 Administratoren. Seit 1788 sind hier die schönsten Armenanstalten, und in diesem ersten Jahre wurden 7000 Fl. an die Armen vertheilt, die nach Verhältniß der Menge der Einwohner nicht so sehr zahlreich sind. (411 im Jahre 1788) [...]. Dieses Institut hilft armen Kindern, die gern ein Handwerk lernen wollen, und schafft Dürftigen und Waisen Betten an. Das Christenhospital ist unbedeutend, und kann nur 8 Arme ernähren. Die Juden verpflegen ihre Armen im Hektisch, das ist, in einem schlechten Armenhause bei ihrem Begräbnisplatze. Die Zahl der Einwohner dieses Orts rechnet Fischer (im Jahre 1790) auf 18,000 worunter 800 Judenfamilien mit 5000 Menschen seyn sollen; Füssel hingegen sagt (im Jahre 1791) 18,000 Christen und 12,000 Juden. Im Jahre 1786 wurden bei den Christen 117 Paar kopulirt, 496 getauft, und 471 begraben. Die Nahrung dieser großen Zahl Einwohner besteht im Handel, Künsten und Handwerken. Ackerbau treibt man nicht viel, denn der Boden um die Stadt ist Sand, der zwar gutes, aber wenig Getreide giebt; doch ist der Tabacksanbau ansehnlich. Wichtig sind noch die Bierbrauereien und Brantweinbrennereien. Ein jeder Einwohner ist berechtigt zu handeln, womit er will; eigentliche Messen hat der Ort nicht, aber zu Michaelis einen Jahrmarkt, der 14 Tage dauert und sehr zahlreich besucht wird. Den größten Theil ihrer Bedürfnisse bekommen die Fürther aus der umliegenden Gegend; Holz und Getreide erhalten sie aus Baiern, Franken und dem Altmühlgrunde; Gemüse aus dem sogenannten Knoblauchslande hinter Nürnberg; Schweine aus der Oberpfalz, Böhmen und Ungarn, und Rindvieh aus dem Anspachschen und Bambergschen; auch liefern die hiesigen Brauhäuser viel gemästetes Rindvieh. Es sind hier nicht sehr viele Bierbrauer, aber sie lieferns eine solche Menge gutes Bier, daß nicht nur der Ort ausreichend damit versehen, sondern auch noch davon ausgeführt wird. Der Fabrik- und Nahrungsstand dieses wichtigsten Fleckens in den preuß. Staaten vom Jahre 1791 ist folgender: - 1) die Speigelfabrik, dazu gehört a) eine Spiegelglätte, die aus 6 Schleif- und Polirtischen besteth. b) über 200 Tische, auf denen nur Papier- und Feldspiegel gemacht werden. c) 22 Glasbeleger, von denen viele auf 4 bis 6 Tischen arbeiten; diese Leute machen das Glas zu Spiegel, indem sie dasselbe mit der dazu nöthigen Masse belegen. d) 4 Glasschneider mit mehreren Drehbänken; sie drehen Krystall, ober allerlei Zierathen in das Glas, und liefern sehr prächtige und mit Geschmack verfertigte Spiegel. e) 122 Spiegelrahmenmacher oder Tischler, mit einer noch größern Anzahl Gesellen; diese geben sich blos mit den hölzernen Einfassungen der Spiegel ab, und schon daraus kann man die große Wichtigkeit und Ausdehnung dieser Fabrik sehen. Die Waaren dieser Spiegelfabrik kursiren alle unter Nürnbergscher Firma, obgleich in Nürnberg gar keine dergleichen Fabrik ist. Die Arten der Spiegel sind sehr verschieden, und man macht sie von 1 bis bis [sic!] 100 Zoll hoch. Alle Spiegel bis zu einer Höhe von 36 brabanter Zoll sind von Nürnberger Glas, und werden nach brabanter Maaß verkauft; [...]. Ein Spiegel muß durch 12 Werkstätte gehen, ehe er fertig wird, und man kann an keinem Orte so wohlfeile Spiegel liefern, da hier immer ein Meister dem andern in die Hände arbeitet; [...]. - 2) 31 Uhrmacher. Diese liefern blos Taschenuhren, und zwar meistens für einige hiesige Juden, die damit vorzüglich in die Türkei einen einträglichen Handel treiben. Die hiesigen Uhren sind wohlfeil, modern, und vorzüglich, wenn man sie bestellt, von dauerhafter Güte. Wöchentlich werden 60 Stück geliefert, à 22 Fl. [...] darunter sind aber die künstlichen und kostbaren Uhren, Glockenspiele etc. nicht mit begriffen. Auch sind 6 Uhrgehäusemacher hier, und außerdem liefern die Goldschmiede auch noch silberne und goldne Uhrgehäuse. -  3) 48 Goldschläger, mit mehr als 50 Gesellen, eben so vielen Frauenzimmern und noch mehr Kindern, die alle dabei beschäfftigt werden. Sie schlagen gelbes und weißes Metall, und diese Werkstätte sollen wöchentlich an 19,000 Buch Goldpapier liefern, wovon das Buch im Durchschnitt 12 Xer kostet. (Dies macht eine jährliche Summe von 197,600 Fl.) – 4) 48 Gürtler, mit ohngefähr 20 Gesellen, verfertigen außer den gewöhnlichen Gürthlerwaaren noch Galanteriewaaren, Stricknadeln, Uhrschlüssel, Uhrketten, Ohrgehänge, Etuis, Ringe und alle Arten von metallnen Knöpfen in ungeheurer Menge; eine solche Werkstatt soll im Durchschnitt wöchentlich für 150 fl. Waaren verfertigen. (Dies mach eine jährliche Summe von 374,400 Fl.) – 5) 96 Drechslermeister mit eben so viel Gesellen, und noch mehr Bänken. Sie werden eingetheilt in Kunstdrechseler und gemeinde Drechsler. Erstere sind entweder Metalldrechsler, wovon 25 Werkstätte größtentheils metallne Knöpfe und Uhrschlüssel liefern, oder Elfenbeindrechsler; diese liefern allerlei Arten von Galanteriewaaren aus Elfenbein. Die gemeinen Drechsler arbeiten blos in Holz und Horn, und machen größtentheils Tabacksröhre, Büchsen zu Kaffeemühlen und dergl. Der größte Theil dieser Drechsler wird bloß durch Bestellungen der hiesigen großen Kaufleute und vieler Kleinhändler iin Arbeit gesetzt; theils erhalten sie von jenem die Materie, und werden blos Packweise für ihre Fabrikate bezahlt, theils schaffen sie alles selbst an, und fertigen nur was bestellt wird. – 6) 18 Goldschmiede; sie fassen größtentheils ächte Steine für die hiesigen Juwelenhändler. Es ist hier nur ein einziger Steinschneider. – 7) 12 Schnallenmacher liefern blos Schnallen von Zinn, Messing und Komposition, die sie an Herumträger verkaufen. Alle Gürtler liefern auch dergleichen. – 8) 29 Schlossermeister machen außer ihren gewöhnlichen Arbeiten auch Kaffee- und Gewürzmühlen und andere Dinge. – 9) 10 Sattler und Riemer liefern viele Schreibtafeln, Brieftaschen, Tabacksbeutel und Dosen, Geldtaschen etc. – 10) 9 Brillenfabriken, diese liefern alle Arten von Brillen, Brenn- und Ferngläser, Mikroskope etc. Die Brillengläser liefert das Zuch- und Arbetishaus zu Schwabach, den Handel mit ihren Waaren überlassen sie den Juden. Eine jede Werkstatt soll wöchentlich für 200 Fl. liefern; (eine jährliche Summe vom 93,600 Fl.) – 11) eine sehr beträchtliche Strumpffabrik. Sie besteht aus 61 Meistern mit 146 Stühlen Sie liefert alle Gattungen von wollnen und baumwollenen Strümpfen, vorzüglich aber sogenannte türkische Hauben. Bei den letztern finden viele Frauenzimmer und Kinder ihren Unterhalt, indem sie Blumen von allerlei Farben auf dieselben nähen. Die Wolle wird größtentheils auch hier gesponnen. (Preiskurrant s. Füssel pag. 31) – 12) 8 Nudelfabriken, welche sehr weiten Absatz von Nudeln und Zuckergebackenem etc. haben. – 13) 8 Zinngießer, wovon 4 blos bleierne Soldaten, die übrigen aber auch bleierne Uhren etc. verfertigen. – 14) 4 Bortenwirker liefern auch allerlei Leonische Arbeit. – 15) 3 Buchbinder machen noch nebenbei Futterale und andere Waaren. – 16) 4 Papiertapetenfabrikanten beschäfftigen viel Menschen. – 17) 4 Pappendeckelfabrikanten, wovon 3 zugleich papierne Rauch- und Schnupftabacksdoscen machen; der übrige Pappendeckel wird in die große Dosenfabrik zu Schweinau verkauft. Sie sollen über 100 Menschen beschäfftigen. Ferner sind noch hier: 5 Siegellackfabriken, wovon eine sehr ansehnlich ist, einige Tabacksfabriken, eine Dantesfabrik; (Rechenpfennige) wöchentlich werden wenigstens 200 Pfund verfertigt, wovon das Pfund 1 Fl. kostet. Ins Ausland, vorzüglich nach Frankreich und die Türkei gehen jährlich über 60 Ctr. Dergleichen Rechenpfennige, 1 Foliefabrikant, der seine Folie vom Goldschläger bekömmt, und ihr nach Belieben verschiedene Farben giebt. Wichtig sind auch die Mühlenwerke an der Pegnitz. Sie haben 10 Mahlgänge für Mehl, Gries, Graupen, Grütze, Hirste etc. 1 Scheidgang, 2 große Schleifmühlen zum Schärfen der stählernen Handwerkszeuge, 6 Glaspolirtische (s. oben) und 1 Messingpolirwerk. – Es waren im genannten Jahre in Fürth eigentlich nur 20 große christliche Kaufleute, die einen ansehnlichen Handel treiben. 6 davon beziehen die Messen zu Leipzig, Braunschweig, Breslau, Wien, Gräz, Frankfurt am Main, Zurzach und Basel; auch waren hier 10 Weinhändler; der Juwelenhandel war allein in den Händen dreier Juden, und den Wechselhandel trieben 5 Juden beinahe in alle Länder. Sehr groß ist das Verkehr zwischen Fürth und Nürnberg, da die Fürther sehr viele Waaren aus Nürnberg erhalten, und auch viel dahin absetzen. – Reichthum findet man in diesem merkwürdigen Orte wohl weniger als Betriebsamkeit, da die gewöhnlichen Fabrikarbeiten so sehr niedrig bezahlt werden. – E. Sauerackers Versuch einer [...].  – Füssel Tagebuch seiner Reise IIIter Theil, 1791. pag. 2 bis 60.<ref>Leopold Krug: ''Topographisch-Statistisch-Geographisches Wörterbuch der sämmtlichen preußischen Staaten, oder Beschreibung aller Provinzen, Kreise, Distrikte, Städte, Aemter, Flecken, Dörfer, Vorwerke, Flüsse, Seen, Berge ... in den preußischen Staaten. Dritter Theil D - Glo'', Halle, 1797, S. 247 - 253. - [http://www.digitale-bibliothek-mv.de/viewer/metadata/PPN82553206X/5/-/ online-Digitalisat der Universität Greifswald]</ref>
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==Sonstiges==
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* Laut einer Polizeiverordnung war es nun verboten, Dunghaufen vor den Häusern auf den Straßen auszubreiten und zum Verkauf anzubieten. Außerdem waren Dunggruben nun mit einem Deckel zu versehen und Kloaken durften nur noch nach Mitternacht ausgeleert werden.<ref>"[[Fürther Anzeiger]]" vom 4. Juli 1797</ref>
    
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