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|Geschlecht=männlich
 
|Geschlecht=männlich
 
|Abweichende Namensform=Gnadnsiea
 
|Abweichende Namensform=Gnadnsiea
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|Geburtsdatum=1822
 
|Todesdatum=1894/09/13
 
|Todesdatum=1894/09/13
 
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|Beruf=Vogelhändler
 
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'''Bernhard Johann Gnad''' wurde als Fürther Original '''[[Gnadnsiea]]''' (gest. 13. September [[1894]] in [[Fürth]]) bekannt.
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'''Bernhard Johann Gnad''' wurde als Fürther Original '''[[Gnadnsiea]]''' (geb. [[1822]], gest. 13. September [[1894]] in [[Fürth]]) bekannt.
    
Gnad selbst bezeichnete sich als Kaufmann und Kunstdichter und verkaufte Kanarienvögel. Weibliche Kanarienvögel (die nicht singen!) heißen in [[Fürther Sprache|Fürther Mundart]] "Siea", er gab sie oft als "Erli" (= Männchen) aus, um sie an den Mann zu bringen, daher der Spottname. Er verhökerte auch alte Kleider und verkaufte Lose. Diese Verkäufe begleitete er gerne mit selbstgemachten Versen.
 
Gnad selbst bezeichnete sich als Kaufmann und Kunstdichter und verkaufte Kanarienvögel. Weibliche Kanarienvögel (die nicht singen!) heißen in [[Fürther Sprache|Fürther Mundart]] "Siea", er gab sie oft als "Erli" (= Männchen) aus, um sie an den Mann zu bringen, daher der Spottname. Er verhökerte auch alte Kleider und verkaufte Lose. Diese Verkäufe begleitete er gerne mit selbstgemachten Versen.
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Der Gnadnsia war schon vom Erscheinungsbild her ein Aufsehen erregender Typ. Der Überlieferung nach schlurfte der Straßenhändler mit überdimensionalen, ausgelatschten Schuhen, in einer faltenreichen dunklen Hose dahin. Er trug ein dunkelweißes Hemd, darüber eine tief ausgeschnittene Weste und einen speckigen, bis zu den Knien reichenden Bratenrock in einer nicht mehr zu definierenden Farbe. Das graue, ungekämmte Wuschelhaar bedeckte ein alter, verbeulter Filzhut, unter dem ein Paar dunkle Augen listig hervorblinzelten. Der Gnadnsia hatte stets ein breites Lächeln, trug in der einen Hand einen Vogelkäfig mit mehreren Kanari darin. Über dem Arm hatte er ein paar abgetragene Kleidungsstücke, die er zum Kauf anbot. In einer Umhängetasche befanden sich allerlei Nähutensilien wie Wäscheknöpfe, Nähfaden, Nadeln, Stopfwolle und Fingerhüte. Damit ging er von Tür zu Tür und bot den Hausfrauen seine Waren mit folgenden Eigenbau-Versen an:
 
Der Gnadnsia war schon vom Erscheinungsbild her ein Aufsehen erregender Typ. Der Überlieferung nach schlurfte der Straßenhändler mit überdimensionalen, ausgelatschten Schuhen, in einer faltenreichen dunklen Hose dahin. Er trug ein dunkelweißes Hemd, darüber eine tief ausgeschnittene Weste und einen speckigen, bis zu den Knien reichenden Bratenrock in einer nicht mehr zu definierenden Farbe. Das graue, ungekämmte Wuschelhaar bedeckte ein alter, verbeulter Filzhut, unter dem ein Paar dunkle Augen listig hervorblinzelten. Der Gnadnsia hatte stets ein breites Lächeln, trug in der einen Hand einen Vogelkäfig mit mehreren Kanari darin. Über dem Arm hatte er ein paar abgetragene Kleidungsstücke, die er zum Kauf anbot. In einer Umhängetasche befanden sich allerlei Nähutensilien wie Wäscheknöpfe, Nähfaden, Nadeln, Stopfwolle und Fingerhüte. Damit ging er von Tür zu Tür und bot den Hausfrauen seine Waren mit folgenden Eigenbau-Versen an:
„Bin zu dir etz extra gloffn / dass d´wos kaffst, des will i hoffn, /
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lang frisch zou, bsinn di nit lang / i mach net gern an Metzgersgang.“
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„Bin zu dir etz extra gloffn / dass d´wos kaffst, des will i hoffn,<br />lang frisch zou, bsinn di nit lang / i mach net gern an Metzgersgang.“
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Für die Abende hatte der Handelsmann Gnad eine weitere Einnahmequelle aufgetan. Er ging in die Gaststätten und bot die damals herausgegebenen Kirchenbaulose an. Die Gäste sprach er ebenfalls in Reimen an, wenn er an den Tisch trat:
 
Für die Abende hatte der Handelsmann Gnad eine weitere Einnahmequelle aufgetan. Er ging in die Gaststätten und bot die damals herausgegebenen Kirchenbaulose an. Die Gäste sprach er ebenfalls in Reimen an, wenn er an den Tisch trat:
„Lass des Essn gout dir schmeckn / brauchst di nit vur mir verschteckn. /
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Kaaf a Kärnglous mir oh, nou werst ball a gmachter Mo.“
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„Lass des Essn gout dir schmeckn / brauchst di nit vur mir verschteckn.<br />Kaaf a Kärnglous mir oh, nou werst ball a gmachter Mo.“
    
Mit seiner Verse-Schmiederei war der Gnadnsia auch bei den Dorfbewohnern im Fürther Umland bekannt und beliebt. Neben seinen Nähutensilien und launigen Reimen bot er auch bei Sterbefällen seine Dienste an. Im Einvernehmen mit den Hinterbliebenen schrieb er den Lebenslauf des Verstorbenen auf. Der Geistliche brauchte ihn dann nur noch zu verlesen. In der Stadt wurde der „Volksdichter“ ebenfalls in Anspruch genommen. Immer wieder wurde er beauftragt, den Text für Traueranzeigen und auch Nachrufen zu verfassen, die dann im „Fürther Tagblatt“ erschienen. Sein originellstes Reimprodukt, fast schon ein Morgenstern-Gedicht in Mundart, wurde durch glücklichen Zufall überliefert:
 
Mit seiner Verse-Schmiederei war der Gnadnsia auch bei den Dorfbewohnern im Fürther Umland bekannt und beliebt. Neben seinen Nähutensilien und launigen Reimen bot er auch bei Sterbefällen seine Dienste an. Im Einvernehmen mit den Hinterbliebenen schrieb er den Lebenslauf des Verstorbenen auf. Der Geistliche brauchte ihn dann nur noch zu verlesen. In der Stadt wurde der „Volksdichter“ ebenfalls in Anspruch genommen. Immer wieder wurde er beauftragt, den Text für Traueranzeigen und auch Nachrufen zu verfassen, die dann im „Fürther Tagblatt“ erschienen. Sein originellstes Reimprodukt, fast schon ein Morgenstern-Gedicht in Mundart, wurde durch glücklichen Zufall überliefert:
„Amen Seela Krebsscher / die Gens däi laafn barfäß. /
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Dou gäit der Babierkrong*) in Gensberch naaf / und maand, er is geborng.
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„Amen Seela Krebsscher<br />die Gens däi laafn barfäß.<br />
Begechnet ihm es Gschiesla**) / und sachd nern gudn Morng.
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Dou gäit der Babierkrong*) in Gensberch naaf<br />und maand, er is geborng.<br />
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Begechnet ihm es Gschiesla**)<br />und sachd nern gudn Morng.<br />
 
Amen Seela***) Krebsscher. […]
 
Amen Seela***) Krebsscher. […]
      
== Einzelnachweise ==
 
== Einzelnachweise ==
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