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Runenstein und Siehenuerichtsμlatz
Um es gleich vorweg zu sagen: Runenstein und Siebengerichtsplatz bei
MUnchzell sind Imitationen nordischer Vorbilder und stammen beide aus
dem Anfang des 19. Jahrhunderts.
War die Runenschrift der Germanen auch weit verbreitet- sieht man ab
von der Prachthandschrift der Bibelübersetzung ins Gotische des Bischofs
Ulfilas, dem Codex argenteus, so handelt es sich doch in den meisten
Fällen um Inschriften auf beweglichen Gegenständen, deren Fundstellen
sich vom germanischen Siedlungsraum im Norden und Osten, von der Krim
Uber Griechenland, Italien, Spanien und Nordafrika bis hinauf über Eng-
land nach Grönland erstrecken. Von den rd. 5000 bisher bekannt geworde-
nen Runentexten stammen die wenigsten von Runensteinen.
Die Sitte, Runen in Steine zu meißeln, kam erst im 4. Jhd. n.Chr. in
Norwegen und Schweden auf, verbreitete sich dann bis zum 8. Jhd. im
nordischen Lebensraum der germanischen Völker und darUber hinaus,_vor
allem durch die Vorstöße der Wikinger, die ihren gefallenen Genossen
auch im fernen Land Steine dieser Art setzten. Die einzigen in Deutsch-
land bisher bekanntgewordenen Runensteine fanden sich in der Handels-
niederlassung Haithabu bei Schleswig. Sie alle stammen aus dem 8.
oder 9. Jahrhundert.
Dennoch ist der Runenstein von Münchzell, obwohl es sich um eine Nach-
bildung handelt, ein bemerkenswertes Denkmal, und zwar fUr den Zeit-
geist der Romantik, als man sich angesichts des von Frankreich prakti-
zierten Nationalismus der Revolutionszeit und der napoleonischen Ära
sowie der französischen Fremdherrschaft Uber weite Teile Deutschlands
auf die Herte der eigenen Nation besann. Die planmäßige Erforschung der
deutschen Vergangenheit, der Sprache, des Liedes und der Dichtung be-
gann, wie sie am treffendsten ihren Ausdruck fand in der von Freiherrn
vom Stein angeregten Sammlung und Veröffentlichung allen deutschen
Schrifttums älterer Zeit, aller Urkunden, Gesetze, Geschichtsschreiber,
den Monumenta Germaniae. Ausdruck dieses romantischen Zeitgeistes in
unserer Gegend war das von Architekt Heydeloff entworfene Ehrenmal zur
Erinnerung an die Schlacht an der Alten Veste 1632, das dann 1838 in
etwas veränderter Form als Aussichtsturm auf der Alten Veste errichtet
wurde.
Anscheinend im Auftrag des Königs von Preußen untersuchte der königliche
Regierungsrat Reynitzsch aus Ansbach 1804 einige Grabhugel im Aichach
bei MUnchzell, zusammen mit Dekan Joh.Mich.Redenbacher aus Pappenheim.
Die den Gräbern entnommenen Gegenstände wanderten nach Berlin, wo sie
im Museum für Vor- und Frühgeschichte 1945 wahrscheinlich verloren
gingen.
Seite:Flurdenkmale im Landkreis Fürth (Buch).pdf/28
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