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'^pennalen

^ fa c n n a le n

Es g e h t um einen von , seit 1974, 184 tö d lic h e n Schüs­ sen w estde utsche r Polizei­ b e a m te r a u f Bürger der BRD. Es g e h t um das Ver­ halten d e r Justiz bei G eset­ zesbrüchen d e r Polizei und somit d arum , daß das verfassungsm äßige G e­ schw ätz von der G e w a l­ te n te ilu n g in diesem Sy­ stem nur ein Hohn ist.

DER VORFALL: "JEDER HAT DAS RECHT AUF LEBEN UND KÖRPERLICHE UNVERSEHRTHEIT." (Grundgesetz Art. 2, Satz 2)

Uber 50 Polizeibeamte teils uniformiert, teils in Zivil hetzen, unterstützt von zwei Hubschraubern, einen 13 jährigen Jungen durch Essen , jagen ihm fünf Kugeln in den Rücken und in die linke Seite, lassen ihn eine Stunde liegen, bis die Notärztin den Tod durch Verbluten feststellt.

Wie es dazu kam: Am 30.6.89 leiht sich Kemal C. (13 Jahre) zusammen mit einem Freund das nichtversicherte Mofa eines befreundeten Rentners aus, das dieser ihm später mal schenken wollte. Er macht eine Spritztour, obwohl er keinen Führerschein hat und verursacht dabei einen geringen Sach­ schaden an einem BMW. Ein DummerJungen-Streich mit tödlichen Folgen. Die Besitzer des BMWs gehen auf Kemals An­ gebot, den Schaden von seinem Ta­ schengeld zu bezahlen nicht ein und ru­ fen die Polizei, worauf Kemal sich vom Unfallort entfernt. Nicht so sein Freund, der dortbieibt und später auf dem Polizei­ revier Kemals Adresse angibt. Die verständigte Polizei löst inzwischen die Fahndung nach dem flüchtigen Jungen aus. Kurz darauf entdecken zwei Streifenpoli­ zisten Kemal und stellen sich bei seiner Festnahme derart geschickt an, daß es zu einer ausgedehnten Rangelei kommT, während der sich Kemal der Waffe eines Beamten bemächtigt und zwei Schüsse fallen, die niemanden verletzen. Kemal rennt mit der Pistole weg, ohne sich um­ zudrehen, obwohl einer der Beamten ihn auffordert stehenzubleiben und einen Warnschuß abgibt , kurz darauf aber die Verfolgung aufgibt. Nachdem Kemal ver­

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schwunden ist, wird über Polizeifunk durchgeben, daß "ein Kollege ange­ schossen" wurde. Die weitere Verfolgung übernehmen mehrere inzwischen eingetroffene Strei­ fenwagen. Die Flucht geht durch Hinter­ höfe und Gartenanlagen, die an eine Bahnlinie angrenzen. Zu einer Zeit, da das Gebiet, in dem sich Kemal aufhält, bereits umstellt ist, schießt ein Zivilbeamter dreimal, jeweils leicht versetzt in das Gebüsch, in dem Kemal sich versteckt. Er schießt aus der Hüfte, ohne Sichtkontakt, ohne Warnung und ohne Notwehr. Dieser Beamte taucht später In keinem der Vernehmungsproto­ kolle, der an dem Einsatz beteiligten Be­ amten mehr auf. Kemal läuft auf diese Schüsse hin aus dem Gebüsch über freies Gelände, wo­ rauf er angerufen wird, gleichzeitig aber von mindestens drei Seiten unter Beschuß genommen wird. Dieses Kreuzfeuer kostet beinahe einem unbeteiligten Zeugen das Leben, als eine Kugel an seinem Kopf vorbei pfeift. Kemal flüchtet, wobei er mindestens einmal zusammenbricht in ein Kleingartengelände und verschwindet dort. Inzwischen sind über 50 Beamte am Ein­ satzort eingetroffen. Über Polizeifunk kommt die Meldung, Kemal sei in die