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'fpennalen

Enge gedrängt, könne dort nicht mehr weg und solle festgehalten werden, bis das Sondereinsatzkommando (SEK) ein­ treffe. Plötzlich taucht Kemal auf einem Flach­ dach auf. Es fallen mehrere Schüsse und er kippt vom Dach. (Später heißt es, die Beamten schoßen in Notwehr.) Über Funk kommt die Meldung:"Es kann sein, daß der getroffen wurde, wir hatten ihn grad gut drauf:"

Dann beginnt eine Suchaktion, während der noch ein Schuß fällt, der aber eben­ falls später bei den Ermittlungen unter den Tisch fällt. 55 Minuten dauert die Su­ che bis Kemal mit der leeren Waffe in der Hand und zwei Patronen in der Tasche gefunden wird. Als nach einer Stunde die Notärztin zu ihm kommt kann sie nur noch Tod durch Verbluten feststellen. Die Funkmeldung, daß ein Beamter an­ geschossen wurde, wurde erst wiederru­ fen als man den bereits abgeschossenen Kemal suchte. Die Mutter von Kemal wurde nicht rechtzeitig verständigt, um beruhigend auf ihren Sohn einzuwirken, obwohl dies möglich gewesen wäre. Hatte doch Kemals Freund Beamte zwecks Nachnamenfeststellung zu der Wohnung geführt. Diese verzichteten aber darauf, zu klingeln. Der Vermitt­ lungsversuch am Einsatzort durch eine türkische Kioskbesitzerin wurde von der Polizei dankend abgelehnt. Ab der Rangelel gab es keinen Versuch mehr ver­ nünftig mit dem Jungen zu reden, dafür um so mehr Schüsse.

fp en n alen schweige denn den Jungen mit fünf Ku­ geln durchiöchern.

"WIRD JEMAND DURCH DIE ÖFFENTLICHE GEWALT IN SEINEN RECHTEN VER­ LETZT , SO STEHT IHM DER RECHTSWEG OF­ FEN." (GG Art. 19, Satz 4)

"Obwohl auch für uns noch nicht alles klar ist, den Beamten kann man keinen Vor­ wurf machen, sie haben richtig gehan­ delt." (Der ermittelnde Staatsanwalt Schmalhausen am 3.7.89 in der NRZ) Aus den Zeugenbefragungen und dem Obduktionsbericht geht dagegen hervor, daß nicht nur noch nicht alles klar ist, sondern im Gegenteil eigentlich nur eins glasklar ist: Was nicht sein darf, ist auch nicht.

Bis heute war kein einziger Vertreter der Polizei in der Lage zuzugeben bei diesem Einsatz sei etwas falsch gelaufen. Die Tatsache, daß überhaupt auf Kemal geschoßen wurde, verstößt zumindest gegen zwei Paragraphen des Gesetzes über den unmittelbaren Zwang in NRW (UZWG). Innere Sicherheit ist gefährdet

D ie C D U b e k la g t P e rs o n a lm a n g e l b e i d e r P o lizei Von KRZ-Redakteur HORST-WERNER HARTELT

1. Kemal hat kein Verbrechen unter Mit­ führung einer Schußwaffe begangen, noch mußte man damit rechnen. 2. Kemal war minderjährig, 3. Es lag keine Notwehr vor. Nach den Gesetzen hätten die Beamten überhaupt nicht schießen dürfen, ge-

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Auch wenn es tröstlich ist , daß wir sozu­ sagen allwissende Staatsanwälte haben, die zum Beispiel ohne Obduktionsbericht (den gab es erst hinterher) sagen kön­ nen, daß die Beamten richtig gehandelt haben, muß es trotzdem verwundern, daß es ausgerechnet dieser unvoreinge­ nommene Staatsanwalt ist, der entschei­ det ob die Strafanzeigen von Kemals Mutter vor Gericht kommen. Überra­ schenderweise werden dann die Verfah­ ren wegen fahrlässiger Tötung bzw. Tot­ schlag von ihm ohne Anklageerhebung eingestellt. Um nicht die Hoffnung aufkommen zu lassen es handele sich hier

Kemal um einen einzelnen voreingenommenen Beamten, muß gleichzeitig erwähnt wer­ den, daß sowohl die Generalstaatsan­ waltschaft als auch das Oberlandesge­ richt NRW jedwegen Versuch Kemals Mutter bzw. deren Anwälten, den Fall überhaupt nur vor Gericht zu bringen verweigert haben. Dies obwohl nur zwei der fünfzehn Zeugen die Notwehrbe­ hauptung der Todesschützen bestätigten, diese Behauptung wiederum dem Ob­ duktionsbericht. Auch die Aussagen der

beiden Entlastungszeugen widersprechen sich untereinander. Außerdem ist es so, daß sich selbst die Aussagen der beiden Beamten, die die tödlichen Schüsse ab-