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I nacht, aber mit vielen neuen Eindrücken, kommen wir ins Hotel zurück. . Samstag,22.Oktober: Theresienstadt sehen, Terezin, wie es heute genannt wird. Vor dem Eingang zur ehemaligen Festung eine gepflegte Gedenkstätte für die KZ-Opfer und das Ghetto - die erste Begegnung mit einer unseligen Vergangenheit. Man führt uns sachkundig und ob­ jektiv, der Kommentar ist völlig tendenziös. Niemand macht der neuen deutschen Generation einen Vorwurf - man spricht von Versöhnung und von einer besseren Zukunft. - Die folgenden Eindrücke reichen durch­ aus", um zum Nachdenken anzuregen, aber ich verzichte auf eine ge­ nauere Schilderung dessen, was zu sehen war) - allein die Worte "Arbeit macht frei" Uber dem Zugang zu den diversen Lagerblocks sprechen für sich...-dabei war Theresienstadt "ja noch relativ harm­ los" - ich muß dann immer an Auschwitz denken. Auf der Rückfahrt nach Prag auch noch Lidice - Symbol der brutalen, teuflischen und wahllosen Kollektivbestrafung Unschuldiger Männer, Neben dem Platz auf dem noch ein paar Grundmauern des alten Dorfes zu erkennen sind, ist nach dem Krieg eine neue Ortschaft entstanden) den Opfern von damals hat man eine würdige Gedenkstätte errichtet - in einem Kinosaal zeigt man Orginalaufnahmen von der Zerstörung) ...den Völkern zur Mahnung, sollte man denken...

Dann stehen wir endlich vor dem Hradsehin, der Prager Burg, aus dessen Mitte die grauen Türme des Veitadoms in den dunst­ verhangenen Himmel ragen. An Jedem Ein­ gang stehen schwerbewaffnete Posten - der Hradsehin ist die Residenz des tschechi­ schen Staatpräsidenten. Jeder Quadratme­ ter Boden iBt hier Geschichte — unver­ fälschte Geschichte) steinerne Zeugen der Jahrhunderte. Hier fielen keine Bomben hier gab es kein Rotterdam und kein Dresden... Schwarzenberg-Palais - Innenhof - Ritter­ saal und Interieur - der Fenstersturz das Goldmachergäßchen und dann der Dom selbst (er wurde Übrigens erst 1929 voll­ endet und vereinigt drei Stilepochen aus sieben Jahrhunderten) - der Hochaltar die Wenzelskapelle) alles echt vergoldet, große Mosaiken - alles tadellos und sauber) nicht der leiseste Hauch von Verfall - wie andernorts leider häufig anzutreffen, über das Altstädter Rathaus mit dem Prager Männleinlaufen und die Teynkirche geht es ins Hotel zurück. Erst jetzt finden wir Zeit und Möglichkeit unsere Zimmer aufzu­ suchen und uns für den Abend, der zur frei­ en Verfügung steht, frischzumachen. Wenzelaplatz, Vaclavske NämSsti, acht Uhr abends. - Das Prager Nachtleben beginnt. Trotz der vorgerückten Stunde ist der Platz dicht bevölkert. Ein Blick ln die Auslagen der Geschäfte - Lebensmittel und Damenmo­ den - : Angebot und Preise? - natürlich kein Vergleich mit dem ach so "goldenen Westen". Aber wer will das auch? - und dann die Menschen - nun ja, so äußerlich gese­ hen, eben Leute wie wir auch. An dieser Stelle und zu dieser Zeit (Freitag Abend) macht sich der Begriff "Ostblock","Volks­ demokratie" oder "sozialistische Gesell­ schaft" nicht unbedingt bemerkbar - zumin­ dest nicht unangemehm; obwohl man doch bis­ lang so eine gewisse eingeträufelte Vor­ stellung von diesen Wörtern im Unterbewußt­ sein trug. Überhaupt, in diesen Tagen hat sich manche Meinung, die vorher unnachgiebig erschien, geändert. Ein abendlicher Besuch auf dem Hradsehin und dann noch ein Blick von oben auf die zu Füßen liegende nächtliche Stadt, dem eich ein Bummel durch die Gassen der Alt­ stadt anschließt, schafft unvergeßliche Ein­ drücke vom Wesen dieser Stadt. Ansonsten fährt man mit der Straßenbahn(das sind zum Teil richtige Museumsstücke), denn der Preis ist für uns spottbillig - zumal beim Geld­ umtausch unter der Hand(eine Randerscheinung der volksdemokratischen Finanz- und Devisen­ wirtschaft). Die Zeit vergeht schnell viel zu schnell, um all das zu erleben, was Prag seinen Besuchern bietet. Nach Mitter24

Am Abend ein Besuch in der Smetana-Oper. - Abschluß unseres Aufent­ h a l t e r n Prag. - Richard Wagner: Der Fliegende Holländer - Bludny Holandan - in tschechischer Sprache natürlich. In den Pausen findet der Eindruck Bestätigung, daß in der CSSR das Interesse an kulturel­ len Veranstaltungen weitaus größer ist, als bei uns in der Bundes­ republik. - Anschließend versuchen wir einen Platz in einem Tanz­ lokal zu ergattern. Sonntag. Wir verabschieden uns von Prag. - Das Frühstück ist gut wie immer. - Die Stadt erscheint grauer als gestern) vergeblich versuche ich zu erkennen, daß Sonntag ist. Auf den Straßen: die Menschen, die Kleidung - alles so wie immer, äußerlich alles so wie immer. - Sonntag nur auf dem Kalender. - Ein letztes Photo am Moldeuufer) dann bleibt die Stadt hinter uns zurück - in der Erinnerung und in zahlreichen Farbdias für ewig festgehalten... Karlsbad, Karlovy Vary, elf Uhr: Die Fassaden des weltberühmten Kur­ orts lassen nicht unschwer einige Spuren von Verfall erkennen. Auf der Kurprommenade unter den Kolonaden am Tepla-Ufer herrscht reger Betrieb; nicht so mondän wie früher, nein, aber dafür sozialistisch. Nachsaison in Karlsbad - Polen, Ostdeutsche und Arbeiter neben Ein­ heimischen. In der kurzen Zeit versuchen wir einige Souveniers zu erstehen. Bevorzugt werden versteinerte Rosen aus den Quellen und natürlich die Karlsbader Obladen; warm schmecken sie am besten. Wir durchfahren das Egerland. Große Wälder, graue Ortschaften und rauchende Industrien (chem.Industrie auf Braunkohlenbasis) kennzeich­ nen die Landschaft. Zwei Stunden später sind wir in Franzensbad. Mittagessen. - Das Städtchen macht einen sauberen und einladenden, ruhigen Eindruck. Ein Nechmittagsbummel durch den schön angelegten Kurpark, mit Lenin-Denkmal, und dann ein Besuch in den Trlnspavlllions. Franzensbad hat die stärksten Glaubersalzquellender Welt, erklärt eine Tafel neben einem marmorgefaßten Brunnenschacht. Eger, Gheb, eine Stunde später. Wir stehen auf dem Marktplatz und knipsen die letzten Photos dieser Reise..Rathaus - Wallensteinhaus und Stöckl - die ganze Stadt macht einen sehr tristen Eindruck. Fast keine Neubauten - außer dem Bahnhof. Hier und da wird aber doch renoviert, restauriert und neu aufgebaut. Man bemüht sich sichtlich der Grenzstadt ein besseres Aussehen für die Zukunft zu verleihen. Das Wallensteinmuseum zum Beispiel i9t im Inneren sehr interessant und, geschmackvoll ausgestaltet. Über den Grenzübergang Schirnding verlassen wir unser Gastland. Noch einmal eine halbstündige Wartezeit, Formulare und Stempel. Dann rollt der Bus über die Grenze. Stacheldraht, Scheinwerfer, Hochspannung, Wachttürme, Maschinengewehre - ein Bach, eine Brücke und ein weiß-blaues Schild. —

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