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Bonn, den 6. 11. 1966 SING-OUT Welle erfaßt die Jugend

Vom Hardenberg-Gymnasium für ein halbes Jahr beurlaubt, besuche ich seit dem 5* September dieses Jahres ein reisendes Gymnasium, das durchschnittlich jeden zweiten Tag in einer anderen Stadt ist und andere Klassenzimmer hat. Es handelt sich um die Schule von Sing-Out Deutschland. Die Schüler aus allen Teilen der Bun­ desrepublik haben hier nicht nur Unterricht in den üblichen Lehrfächern, sondern bekommen auch das Beste geistige und mora­ lische Training. Prüfungen können ohne Aufsichtspersonen ge­ schrieben werden, ohne daß unerlaubte Hilfsmittel benutzt wer­ den. Aber was ist eigentlich Sing-Out, und wozu diese Schule? 1965 war das Jahr einer großen Protest- und Rassenkrawall-Welle in den USA. Tausenden von Menschen war es aber zu wenig, nur zu protestieren,_sie dachten weiter, an ein größeres Ziel: Wie können wir die Dinge, über die wir uns beklagen, ändern und Verantwortung dafür übernehmen? 7000 junge Männer und Frauen trafen sich auf einer Konferenz der Moralischen Aufrüstung (siehe Pennalen 14/1) auf Mackinac Island/Michigan und be­ schlossen ihre 'Erfahrungen, daß Dinge anders werden, wenn man sich selbst ändert, in einer musikalischen Revue auszudrücken: Sing-Out ’65, das jetzige Sing-Out ’66. Diese Show mit 150 jungen Amerikanern ging kreuz und quer durch die USA, Japan, Korea, Österreich und Spanien. Während der Deutschland—Tournee von Sing-Out ’66 entstand Sing-Out Deutschland als Antwort der deutschen Jugend auf die Herausforderung der Amerikaner.

Einige Stationen der bisherigen Tournee von Sing-Out Deutschland waren: Koblenz, Bad Godesberg, Würzburg, Essen, und die Auslandsrremiore in Innsbruck. Wir spielten wor Bundeskanzler Erhard und einem großen Teil des Kabinetts, sowie vor den drei Korps der Bundeswehr mit ihren Kommandeuren. . Generalmajor Hess, Bezirkskommandeur von Bayern sagte nach einer vorstcllunf für Offiziersanwärter in München zu uns: "Ich weiß, daß, wenn Sie Ihr Ziel, eine freiheitliche Ordnung für alle Men­ schen zu schaffen, erreipht haben, wir Soldaten unsere Waffen weglegen können." Der "Rheinische Merkur", eine der vier größten deutschen Wochen­ Zeitungen, schrieb in seiner Ausgabe vom 28. 10. 66/Nr.^44 über Sing-Out Deutschland: "Wer ein wenig Gespür für atmosphärische Veränderungen hat, der merkt, daß in der deutschen Jugend etwas in Bewegung geraten ist. Sie sucht nach einer neuen Definition, die ebenso von den Klischees des Liberalismus wie auch von denen des Totalitarismus jeder Färbung abweicht." Werner Frisch Wir stellen zur Diskussion:

Herr Bonn. W ir stehn hinter Ihnen, H e rr Bonn, W ir gehn mit Ihnen voran, W ir teilen Ihre Last, H e rr Bonn,

Die Welt weiß, wo Moskau und Peking hingehen, aber wer kennt die Ziele des Westens? Warum sind unsere westeuropäischen JMachbarn an einer deutschen Wiedervereinigung nicht interessiert? Weil sie nicht wissen, wohin ein geeintes und gestärktes Deutsch­ land gehen wird. Etwa 2000 Jugendliche aus über 20 Sing-Out Gruppen in der Bundesrepublik haben sich entschlossen, zu demonstrie­ ren, wofür sie stehen. "Wir setzen uns ein für ein friedliches Zu­ sammenleben aller Völker in Freiheit. Das fordert von jedem ein­ zelnen, den moralischen und geistigen Pazifismus aufzugeben und so zu handeln, wie sein Innerstes von ihm verlangt. Das wird von 4 absoluten moralischen r.laßstäben konkretisiert: Ehrlichkeit, Rein­ heit, Lelbstlosigveit und Liebe! Wie der Polarstern irüher aen Seeleuten den richtigen Weg wies, so sind uns die Maßstäbe eine Leitlinie in eine bessere Zukunft." Als ich diese Maßstäbe zum ersten Mal hörte, hielt ich sie für veraltet. Später erkannte ich, daß sie so aktuell sind wie noch nie, und daß es hei mir selbst einiges zu ändern gab. Ist eine deutsche Jugend, die auf dem Standpunkt steht, gut ist, was mir nützt und bequem ist, richtungsweisend für die Jugend Europas? Oder beschreibt eine disziplinierte, verantwortungsvolle deut­ sche Jugend, die ihr Leben an auf der ganzen Welt gültigen Maß­ stäben mißt, nicht einen klaren Kurs, der eine Antwort gibt auf die Frage: Deutschland, wo gehst Du hin?

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W eil einer allein sie nicht tragen kann. D ie Last, die auf Ihren Schultern ruht, Ist so schwer, keiner trägt sie allein, D arum sind wir hier und stehn an Ihrer Seite Und wollen Ihnen H elfer sein. Denn kein H erz ist so weit, kein Rücken so stark, Keiner braucht soviel G eduld wie Sie Doch wir wissen genau, es kommt der Tag, D a M illionen mit uns ziehn.

das Lied,an dessen Text der sozialistische Studentenbund so Anstoß nahm,daß er Flugblätter dagegen verteilen ließ} das Lied,dessen Text in der Meistersingerhalle zu Pfiffen und Beifallsstürmen führte... 29