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^c^äkzUckc ^ckatmuckc. Eine abenteuerliche Geschichte von Ernst Bernschneider und Ted Sperling Schluß „Eine Chance?“ fragte Hein ungläubig.

„Ja, wenn sic auch klein ist!“ bestätigte Gary. ..Wir stellen uns ebenfalls erschöpft, reiten gegen die Bewegung, damit unsere Pferde von selbst schlapp werden. Dann werden uns die Rothäute sicher zurücklas­ sen 1“ „Nachdem sie uns vorher unsere Kopfhaut abgezogen hatten!“ gab Hein zurück. ..Dazu haben sic keine Zeit mehr! Der Schlaufuchs von Häuptling kennt die Lage genau!" „Was aber dann, wenn sie uns tatsächlich ungeschoren zurücklassen?“ erkundigte sieh Hein. „Das siehst du dann schon! Wir dürfen keine Zeit mit langen Diskussionen verlie­ ren. Also los!“ Hein befolgte den Befehl. Ein Blick auf sei­ nen Bruder Rolf belehrte ihn, wie er seine Rolle echt zu spielen hatte. Nach einiger Zeit brachte er sein Pferd sogar soweit, daß es keinen Schritt mehr gehen wollte.

Wütend über die Stockung drehte sich Schneller Pfeil um. Ein grausames Aufblit­ zen leuchtete aus seinen schwarzen Augen. „Vorwärts, ihr tapferen Blaufuß-Krieger, zeigt den jammernden Memmen, daß die Blaufüße reiten gelernt haben. Es wird den Bleichgesichtern eine Lehre sein! Die Letz­ te!“ Er ließ ein höhnisches Lachen hören und gab seinem Hengst die Schenkel. Mit Indianergeheul sprengten die anderen an d. n Weißen vorbei ihrem Häuptling nach. „Vorsicht!“ konnte Hein, der jetzt hinter Gary ritt, gerade noch zischen. Gary sah ir­ gendetwas blinken und ließ sich instinktiv auf die andere Seite fallen.

Als er sich wieder im Sattel aufrichtete, stob der letzte der Horde — es war XX indauge — gerade um die nächste Biegung des Canons. Vor Gary im Sattelknauf steckte wippend ein Indianermesseri „Beinahe hätte mich dieses Windauge vor­ zeitig in die ewigen Jagdgründe befördert, hat aber gerade das Gegenteil erreicht!“ sollte gleich erkennen, warum. ..Schnell, Hein, treibe dein Pferd hart an das meine heran!“ befahl Gary. ..Nimm das Messer fest in die Hand und halte es waag­ recht!“ Es dauerte eine XV eile, bis Heins auf den Rücken verschnürte Hände das Heft um klammert hatten. Gary wetzte, so schnell es ging, seine Handfesseln durch. Endlich wa ren seine Hände frei. Seine Füße und dann auch Hein von den Fesseln befreit, waren eins, Gary warf einen Blick nach vorn. ..Da! Am Horizont das erste XX'ölkchen!“

Teil V> Das Inferno Fieberhaft arbeiteten die beiden, Hein Gary. Kurz und sachlich waren Gary’s fehle. Er wußte, entweder waren sic in Minuten in Sicherheit oder von einem

und Be­ drei rei­

ß'. nden Wasser irgendwo an den XVändeu des Canons zerschellt. Nicht umsonst hatte er jahrelang im Wilden Westen gelebt und gelernt, ruhigen Bluts der Gefahr ins Auge zu sehen. Auch jetzt spürte man kein Zei­ chen der Unsicherheit an ihm. In wenigen Sekunden war Rolf vom Pferd gebunden und auf eine kleine Plattform in einer Fclsnische geschafft, die glücklicher­ weise in der Nähe lag. Völlig erschöpft, schl.ppien sich auch Buttler und Bratt dort­ hin, nachdem man sie msgesehnitten hatte. Im Nu hatten Hein und Gary unterhalb der Plattform in der Felsnische eine zweite künstliche Plattform geschaffen, die aus bcrangevvälzten Steinblöeken bestand. Für vier Mann würde sie gerade reichen, wenn man sich stehend eng aneinander drängte. Gary und Hein hatten eben die Pferde vor der Felsnische fest aneinandergekoppelt und die Lassos an Felszacken verankert, da brach das Unwetter mit einer schrecklichen Plötz­ lichkeit los. Ein Sturmwind fegte durch den Canon, Staubwolken nufwirbelnd. Sekunden später hatte eine schmutzig-gelbe XX olkenwand den Himmel verdunkelt.

Der erste Blitz knatterte durch die Finster­ nis und bildete den Auftakt zu dem Inferno, das nun folgte. Blitz um Blitz durchzuckte das Dunkel. Unaufhörlich krachten die Dojineranschläge wie Explosionen, durch das enge Tal hundertfach verstärkt. Und nun prasselte der Platzregen herab mit einer Wucht, wie wir sie in unseren Breiten nicht kennen. Es war. als stürze ein reißender XX asserfall vom Himmel. Die vier Männer auf der Plattform preßten sich an die Felswand. Die Pferde schäumten zitternd und rissen an den Fesseln.

Und nun kam die eigentliche Gefahr. Gary hatte sie als erster erkannt-. Dort kam sie um die Biegung des Canons. Eine gischtige Wand, fast zwei Meter hoch! hi Bruchteilen von Sekunden war es da, das Wasser. Wie ein reißendes, gieriges Ungeheuer, alles ver­ schlingend. was sich in den Weg stellte, wälzte sich das Wasser durchs enge Tal.

..Achtung!“ gellte Gary’s Schrei durch das Getöse. Aber es war schon zu spät. Gary konnte gerade noch Hein an die Felswand. pressen, da hatte der Strudel Buttler er­ faßt. Gary wußte, er konnte nicht mehr hel­ fen. Starr vor Entsetzen über das Unvor stellbare weiteten sich Heins und Bratt’s Augen. Als der nächste Blitz das Tal erhellte, war von Buttler nichts mehr zu sehen. Doch dort! Hatte sich Gary geirrt? XVieder ein Blitz. Ein. Baumstamm? Nein! Dort oben, wo die Wassermassen um die Canon-Biegung schossen, klammerte sich eine menschliche Hand an den Fels. Der nächste Blitz! Die Hand war verschwunden! Im grellen Schein des nächsten Blitzes erfaßte Gary — mehr instinktiv als bewußt — das Geschehen: Blitzschnell griff er zu. ungeachtet der eige­

nen Lebensgefahr, stemmte sieh gegen die Pferde. Hoffentlich halten die Fesseln der Pferde! Intec Aufbietung aller Kräfte zieht Gary, und schließlich hat er dem wilden Strom seine Beute entrissen: es war Wind­ auge.

Hein saß auf Deck der „Aphrodite“, einem kleinen Handelsdampfer, der gerade von den Vereinigten Staaten nach Hamburg dampfte. Gedankenvoll drehte er einen funkelnden taubeneigroßen Rubin zwischen seinen Fin­ gern.

„Und wie endete das Abenteuer?“ fragte der Schiffsjunge Robbi seinen ersten Maat Hein. „Der Rest ist rasch erzählt. So plötzlich, wie das Unwetter hereingebrochen war, hör­ te es wieder auf. Eine gute Stunde mußten wir zwar noch gegen das reißende XX^ldwasser ankämpfen, aber einige Stunden später erinnerte nur noch eine Schlammschieht im Canon an das furchtbare Erlebnis im Car­ rion-Kite-Canon.” ..Und Buttler?“ „Gary ritt sofort durch das Tal zurück, konnte aber nur noch die zerschellten Reste Buttlers in einer Felsspalte finden. Er be­ grub ihn, obgleich er nur ein Gauner war." ..Aber den Schatz!" Rabbi deutete auf den Rubin,

„Neiti, den Schatz holten wir nicht. Wir begleiteten Windauge, der wie durch ein Wunder kaum ernstlich verletzt war, zu sei­ nem S amm. Der Häuptlingssohn war nur deshalb in den Strudel geraten, weil er am Ende des Zuges geritten war. Sein Pferd war plötzlich gestrauchelt, er war zu Boden gestürzt, dabei so unglücklich gefallen, daß er kurze Zeit das Bewußtsein verlor. Als er aus der Betäubung erwacht war, war sein Pferd verschwunden Das weitere kannst Du Dir ja denken. Als wir dann zusammen mit XVindauge zu Schneller Pfeil kamen, platzten wir in die Trauerfeicrlichkeiten. Du kannst Dir den­ ken, wie Schneller Pfeil reagierte, als er nicht nur seinen Sohn, sondern auch uns, die er längst in den ewigen Jagdgründen wähnte, quietschvergnügt dahertraben sah.

Nachdem XX indauge seinem Vater alle Ein­ zelheiten berichtet hatte, war das Begräb­ nisfest rasch in ein Freudenfest verwandelt, in dessen Mittelpunkt natürlich Gary stand. Rolf hatte sich bald erholt. So konnten wir uns einige Tage später von dem dankbaren Häuptling und seinem Sohn verabschieden. Beide waren mit uns durch das Carrion Kite-Canon bis zu der Stelle zurückgeritten, wo wir das grauenvollste Erlebnis unseres Lebens durehstanden hatten. Und an der Stelle, an der jene gefährliche Schatzsuche geendet hatte und beinahe auch unser Le­ bensweg zu Ende gewesen wäre, reichte Schneller Pfeil jedem von uns als Andenken einen taubeneigroßen roten Rubin aus dem Schatz des großen Manitou.“ Robbi wollte noch etwas wissen. Da! Alarm auf der „Aphrodite“! Dreimalige Sturm­ warnung. Das bedeutete XX indstärke 11 bis 12!

Hein sah in die erschreckten Augen des kleinen Robbi. Beruhigend klopfte er dem Schiffsjungen auf die Schulter: „Schlimmer als im Carrion-Kite-Canon wird's bestimmt nicht!“ ~ Ende