Ferdinand Vitzethum: Unterschied zwischen den Versionen

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== Familienleben ==
 
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Das Ehepaar wohnte zunächst zusammen in Nürnberg und zog nach dem Krieg nach Fürth. Allerdings schien das aufwendige Hobby der Fotografie die Beziehung zu belasten. Vitzethum verbrachte viel Zeit in seinem Fotolabor und Dunkelkammer in der Wohnung seiner Mutter in der Gustavstraße, so dass es nach Aussagen des Patensohns zunehmend zur Entfremdung des Paares kam. Das Paar trennte sich schließlich und Vitzethum zog erneut als erwachsener Mann bei seiner Mutter in der Gustavstraße ein. Die Ehe wurde schließlich am 11. Juli 1960 geschieden.  
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Das Ehepaar wohnte zunächst zusammen in Nürnberg und zog nach dem Krieg nach Fürth. Allerdings schien das aufwendige Hobby der Fotografie die Beziehung zu belasten. Vitzethum verbrachte viel Zeit in seinem Fotolabor und Dunkelkammer in der Wohnung seiner Mutter in der Gustavstraße, sodass es nach Aussagen des Patensohns zunehmend zur Entfremdung des Paares kam. Das Paar trennte sich schließlich und Vitzethum zog erneut als erwachsener Mann bei seiner Mutter in der Gustavstraße ein. Die Ehe wurde schließlich am 11. Juli 1960 geschieden.  
  
 
Aus dem privaten Nachlass geht allerdings hervor, dass sich Emilie Vitzethum im Alter von 59 Jahren am 23. September 1964 mit Leuchtgas in der eigenen Wohnung vergiftet hatte. Die Zeitung vom 24. September 1964 berichtete über den Selbstmord. Emilie Vitzethum wurde am 28. September 1964 am Westfriedhof in Nürnberg beigesetzt.<ref>Privates Fotoalbum Ferdiand Vitzethum, Archiv Kamran Salimi, Jan. 2024</ref>  
 
Aus dem privaten Nachlass geht allerdings hervor, dass sich Emilie Vitzethum im Alter von 59 Jahren am 23. September 1964 mit Leuchtgas in der eigenen Wohnung vergiftet hatte. Die Zeitung vom 24. September 1964 berichtete über den Selbstmord. Emilie Vitzethum wurde am 28. September 1964 am Westfriedhof in Nürnberg beigesetzt.<ref>Privates Fotoalbum Ferdiand Vitzethum, Archiv Kamran Salimi, Jan. 2024</ref>  
  
Ein vermeindlich unehelicher Sohn namens Kurt soll laut einige Aussagen existiert haben, der in der in mündlichen Überlieferungen und in der Publikation Fürther Meisterfotos angeblich erstmalig zur Überraschung aller bei der Beerdigung Ferdinand Vitzethums 1968 in Erscheinung trat. Hierbei scheint es sich aber um eine Verwechslung mit dem Patensohn Kurt Müller zu handeln, zumal in den persönlichen Melde- und Registerunterlagen der Stadt Fürth kein Sohn verzeichnet ist.<ref>Stadtarchiv Fürth, Meldekarte und Sterbeurkunde, eingesehen am 9. Februar 2024</ref>
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Ein vermeintlich unehelicher Sohn namens Kurt soll laut einiger Aussagen existiert haben, der in der in mündlichen Überlieferungen und in der Publikation „Fürther Meisterfotos“ angeblich erstmalig zur Überraschung aller bei der Beerdigung Ferdinand Vitzethums 1968 in Erscheinung trat. Hierbei scheint es sich aber um eine Verwechslung mit dem Patensohn Kurt Müller zu handeln, zumal in den persönlichen Melde- und Registerunterlagen der Stadt Fürth kein Sohn verzeichnet ist.<ref>Stadtarchiv Fürth, Meldekarte und Sterbeurkunde, eingesehen am 9. Februar 2024</ref>
  
 
== Tod ==
 
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Version vom 10. Februar 2024, 23:13 Uhr

Ferdinand Vitzethum (geb. 16. April 1903 in Fürth; gest. 7. August 1968 in Fürth/Stadtkrankenhaus) war ein bekannter Fürther Hobbyfotograf, der das Gesicht seiner Heimatstadt in zahlreichen, sorgsam ausgewählten und oftmals farbigen Fotos dokumentierte und so der Nachwelt bewahrte.

Leben und Wirken

Vitzethum kam 1903 im Eckhaus Pfisterstraße 22 als zweites Kind des Ehepaars Leonhard Vitzethum (geb. 1882; gest. 6. Februar 1919) und Eleonore Vitzethum, geb. Röthenbacher (geb. 1881; gest. 16. August 1967) auf die Welt. Der Vater war Möbelpolier, die Mutter arbeitete als Metallzurichterin. Ferdinand hatte eine Schwester, Anna Vitzethum (24. Dezember 1901 - 5. Mai 1923), mit der er die Volksschule in der Pfisterstraße besuchte. Im April 1914 zog die Familie nach Dambach, da der Vater die Gaststätte „Zum König Ludwig“ übernahm. Allerdings musste die Familie bereits kurze Zeit später erneut umziehen, da der Vater in den Krieg eingezogen wurde. Neues Domizil war die großelterliche Wohnung im 3. Obergeschoss in der Gustavstraße 50 mit Blick auf den Kirchenplatz.

Seine Schulzeit endete 1917 während des 1. Weltkrieges. Zunächst arbeitete Vitzethum in der Pulverfabrik in Stadeln, ehe er eine Ausbildung als Optiker bei der Fürther Firma A. Lehmann - Optische Industrieanstalt in der Gabelsberger Straße 1 absolvierte, dessen Firmengeschichte er auch stets mit der Kamera begleitete.[1] Kurz nach Kriegsende verstarb der Vater im Jahr 1919 an den Folgen einer Kriegsverletzung, und nur vier Jahre später verstarb unerwartet die Schwester Anna Braun am 23. Mai 1923 im städtischen Krankenhaus, sodass Ferdinand Vitzethum mit seiner Mutter in der Folgezeit eine Schicksalsgemeinschaft einging.

Sein berufliche Laufbahn wurde durch den 2. Weltkrieg unterbrochen, da er während des Krieges zur Polizei gezogen wurde. Zuletzt bekleidete er einen Offiziersrang der Polizei und war u. a. im besetzten Holland eingesetzt. Während dieser Zeit entstanden auch eine Vielzahl von Fotografien, die aber größtenteils bisher unveröffentlicht sind. Vor seinem Einzug zur Polizei ehelichte er am 11. Februar 1942 in Nürnberg Emilie Strauber (geb. 30. August 1905; gest. 23. September 1964), trotz anderslautenden Gerüchten. Nach dem 2. Weltkrieg kam er erneut nach Fürth zurück und wohnte mit seiner Frau in der Schwabacher Straße 8. Zunächst arbeitete er in seinem erlernten Beruf als Optiker bei der ehem. Optischen Fabrik Winter (heute: UVEX), bis er aus gesundheitlichen Gründen seinen Beruf aufgeben musste. Stattdessen war er die letzten Berufsjahre bis zu seinem Tod als Gartenarbeiter bei der Stadt Fürth beschäftigt.

Familienleben

Das Ehepaar wohnte zunächst zusammen in Nürnberg und zog nach dem Krieg nach Fürth. Allerdings schien das aufwendige Hobby der Fotografie die Beziehung zu belasten. Vitzethum verbrachte viel Zeit in seinem Fotolabor und Dunkelkammer in der Wohnung seiner Mutter in der Gustavstraße, sodass es nach Aussagen des Patensohns zunehmend zur Entfremdung des Paares kam. Das Paar trennte sich schließlich und Vitzethum zog erneut als erwachsener Mann bei seiner Mutter in der Gustavstraße ein. Die Ehe wurde schließlich am 11. Juli 1960 geschieden.

Aus dem privaten Nachlass geht allerdings hervor, dass sich Emilie Vitzethum im Alter von 59 Jahren am 23. September 1964 mit Leuchtgas in der eigenen Wohnung vergiftet hatte. Die Zeitung vom 24. September 1964 berichtete über den Selbstmord. Emilie Vitzethum wurde am 28. September 1964 am Westfriedhof in Nürnberg beigesetzt.[2]

Ein vermeintlich unehelicher Sohn namens Kurt soll laut einiger Aussagen existiert haben, der in der in mündlichen Überlieferungen und in der Publikation „Fürther Meisterfotos“ angeblich erstmalig zur Überraschung aller bei der Beerdigung Ferdinand Vitzethums 1968 in Erscheinung trat. Hierbei scheint es sich aber um eine Verwechslung mit dem Patensohn Kurt Müller zu handeln, zumal in den persönlichen Melde- und Registerunterlagen der Stadt Fürth kein Sohn verzeichnet ist.[3]

Tod

Nur ein Jahr nach dem Tod der Mutter starb am 7. August 1968 Vitzethum im Alter von 65 Jahren an den Folgen eines Schlaganfalls, den er in der Karolinenstraße um Mitternacht erlitten hatte. Dort wurde er bewusstlos aufgefunden und in das Stadtkrankenhaus verbracht, wo er ohne das Bewusstsein wieder erlangt zu haben am darauf folgenden Tag verstarb.[4][5] In einem Nachruf der Fürther Nachrichten wird Vitzethum als "einsam und zurückegezogen" beschrieben, auch sind aus den letzten Jahren seines Lebens kaum noch Fotografien vorhanden. Beim Auffinden des Bewußtlosen Vitzethums kam der Verdacht auf, dass er mittels Tabletten versucht hätte Selbstmord zu begehen. Eine Obduktion ergab, dass er an den Folgen eines Schlaganfalls starb.

Rezeption

Über das Leben Vitzethums war lange Zeit nur wenig bekannt. In der Publikation "Fürther Meisterfotos" wurden Teilaspekte aus seinem Leben rekonstruiert bzw. ein Nachruf zu seinem Tod zitiert. Aus diesem ging hervor, dass Vitzethum stets unverheiratet blieb. Eine allzu strenge Mutter hätte dies stets zu verhindern gewusst.[6] Allerdings hatte er demnach eine langjährige Freundin, die er häufig auf seinen Fotos mit ablichtete. Diese wurde fast jahrzehntelang mit der Fürther Künstlerin Gudrun Kunstmann verwechselt, da man bei dem Foto mit dem Kunstwerk der Bremer Stadtmusikanten im Stadtpark in der "unbekannten Schönen" stets die Künstlerin vermutete.[7] Tatsächlich abgebildet ist wohl die langjährige Freundin Vitzethums.

Im Jahr 1997 erschien eine Publikation mit Nachkriegsfotografien Vitzethums aus Nürnberg, in der erstmalig eine biografischer Abriss seines Lebens abgebildet wurde. Autor der Publikation war der Patensohn Vitzethums, Kurt Müller. Vitzethum hatte die Patenschaft 1927 angenommen und es ist zu vermuten, dass die Beziehung beider bis zu seinem Tod angehalten hat. Im Januar 2024 tauchten drei Fotoalben aus dem direkten Nachlass von Ferdinand Vitzethum bei zwei Auktionen auf. Unter anderem ist in einem der drei Alben die Familiengeschichte abgebildet, inkl. biografischer Daten, so dass sich inzwischen ein relativ detailliertes Bild von Vitzethum ableiten lässt.

Auch wenn er den meisten Fürthern als Fotograf in Erinnerung geblieben ist, so war er doch nach eigenen Angaben "nur" nach eigenen Angaben ein höchst ambitionierter "Hobbyfotograf", der die Stadtgeschichte weit über 30 Jahre verfolgte. Vermutlich durch seinen Beruf als Optiker war Vitzethum bereits in jungen Jahren mit dem Fotoapparat in Fürth unterwegs. Seine ersten Aufnahmen entstanden mit einer Plattenkamera der Firma C. F. Foth & Co. Optisch-Mechanische Anstalt aus der Modellreihe Foth-Flex mit 6x9-Glasnegativen.[8] Seine erste Kamera erstand er 1925 mit dem 9 x 12 Format und einem Aplanat-Objektiv mit Blendenöffnung 6,3. Zwei Jahre später erstand er seine nächste Kamera, erneut im Format 9 x 12, ehe er sich im Juni 1929 eine Schneider-Kamera im 6,5 x 9 Format und einem Xenar-Objektiv 3,8/105 kaufte. Während dieser Zeit nahm er auch an einer Vielzahl von Fotokursen teil, um sein Können weiter zu vertiefen. In den Jahren 1938 bzw. 1939 begann er auch mit Farbdias zu experimentieren, allerdings lag sein Schwerpunkt stets auf der Schwarz-Weiß-Fotografie. Nach eigenen Angaben kolorierte er lieber schwarz-weiß Bilder nach, als diese in Farbe zu fotografieren. Während dieser Zeit begann er auch mit Mehrfachbelichtungen und Fotomontagen zu experimentieren.

Dem Nachruf zufolge nahm er sich für seine Motive sehr viel Zeit, zum Teil "schlich" er tagelang um das besagte Motiv, bis die Sonne richtig stand, der Schatten richtig fiel und alles für ihn passte. Neben der Fotografie war Vitzethum auch ein Faschingsnarr. Mit viel Fantasie gestaltete er selbst zum Teil fast groteske Verkleidungen und dokumentierte dies mit seiner Kamera.[4]

Ferdiand Vitzethum war neben Fritz Wolkenstörfer und Johann Georg Heinrich Lotter einer der prägendsten Fotografen in der Stadt Fürth Anfang des 20. Jahrhunderts.

Sonstiges

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Ferdinand Vitzethum hat, neben einigen wenigen anderen Fürther Fotografen, auch die Zeit während des Nationalsozialismus in Fürth fotografisch dokumentiert. So fotografierte er immer wieder Aufmärsche und Aufzüge der NSDAP in Fürth, hielt die mit Hakenkreuzen beflaggten Straßen dokumentarisch mehrfach fest, oder fotografierte auch die abgebrannte Synagoge in der Altstadt nach der Reichspogromnacht 1938. Während manche Chronisten in Vitzethum eher einen unbestechlichen Beobachter seiner Zeit sehen - könnte man im Gegenzug auch die Frage stellen, wieviel Distanz tatsächlich zum bestehenden NS-Regime da war, wenn ein Fotograf - in der Qualität und Nähe - zum Teil politisch höchst umstrittene Aufnahmen anfertigen konnte? Wie wahrscheinlich war eine gebotene Distanz zu den Herrschenden tatsächlich vorhanden, wenn Vitzethum gleichzeitig mit seiner Kamera den NS-Machthabern doch sehr "nah kommen" durfte?

Befeuert wurde diese Diskussion auch durch die 2018 bei Twitter veröffentlichten Aufnahmen der Pogromnacht 1938 in Fürth und Nürnberg, bei der Aufnahmen u. a. von dem Fürther Fotografen Fritz Wolkenstörfer und seinem Nürnberger Kollegen Karl Neubauer zu sehen sind. Die in den USA lebende Elisheva Avital hatte in dem Nachlass ihres verstorbenen Großvaters zwei Fotoalben gefunden, in der die Pogromnacht zum Teil mit höchst verstörenden Bildern festgehalten wurde.[9][10] Ferdinand Vitzethum, so die Vermutung einiger, sei als Fotograf auf einem der Bilder zu erkennen. Dabei sei zu erkennen, wie offensichtlich das Ladengeschäft eines vermutlich jüdischen Inhabers in Nürnberg durch einen NS-Schergen zerstört wird. Die Passanten und Beobachter scheint dies zu amüsieren - so auch Ferdinand Vitzethum - den einige in der Menge ausgemacht haben wollen.[11] Inwieweit es sich tatsächlich bei der Person um Vitzethum handelt - und wie sein politisches Verhältnis gegenüber dem NS-Regime stand - ist aktuell nicht bekannt und somit höchst spekulativ.

Literatur

  • Fürther Meisterfotos - "Die schönsten Fotografien von Ferdinand Vitzethum", Fürth, 1995, Städtebilder Verlag, 71 S., ISBN 3-927347-33-7
  • Wieder Leben - Nürnberg vor 50 Jahren. "Fotografien von Ferdinand Vitzethum", Nürnberg, 1997, Verlag W. Tümmels, 104 S., ISBN 3-921590-44-2

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Thomas Schreiner: Fürther Meisterfotos. Städtebilder Verlag Fürth, 1995, S. 8
  2. Privates Fotoalbum Ferdiand Vitzethum, Archiv Kamran Salimi, Jan. 2024
  3. Stadtarchiv Fürth, Meldekarte und Sterbeurkunde, eingesehen am 9. Februar 2024
  4. 4,0 4,1 Thomas Schreiner: Fürther Meisterfotos. Städtebilder Verlag Fürth, 1995, S. 7
  5. fn: Er war einsam. In: Fürther Nachrichten, August 1968
  6. Thomas Schreiner: Fürther Meisterfotos. Städtebilder Verlag Fürth, 1995, S. 7 ff.
  7. Thomas Schreiner: Fürther Meisterfotos. Städtebilder Verlag Fürth, 1995, S. 62
  8. Wikipedia: C. F. Foth & Co Optisch-Mechanische Anstalt
  9. Elisheva Avital Twitter, online abgerufen am 21. November 2020 | 17:13 Uhr - online
  10. Chajms Sicht: Unfassbare Bilder der Pogromnacht; vom 10. November 2018; Anbieter: Chajm Guski, Leipzig; abgerufen am 8. Februar 2024 (Online)
  11. Fotoalbum: Pogromwoche November 1938; Gelsenzentrum - Portal für Stadt- und Zeitgeschichte; Anbieter: Andreas Jordan, Gelsenkirchen; abgerufen am 8. Februar 2024 (Online)

Bilder


Werke