Wählt Liste 1

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Scheune am Ortsrand von Unterfarrnbach mit der Parole "Wählt Liste 1"

Am Ortsrand von Unterfarrnbach steht die Feldscheune am Kieselbühl. An der Südseite sind an der Wand zwei politische Parolen erkennbar. Neben dem Namen der rechtsextremistischen Partei NPD, dessen Beschriftung vermutlich ein Werk der 1970er oder 1980er Jahre ist, ist darüber, nur noch leicht erkennbar, ein weiterer Schriftzug angebracht: Wählt Liste 1, gefolgt von drei Pfeilen. Dieser deutlich ältere Schriftzug stammt vermutlich aus dem Jahr 1932.

Ursprung bzw. Bedeutung[Bearbeiten]

Wahlkampfaufruf der Eisernen Front zur Reichstagswahl 1932

Insbesondere die drei von oben rechts nach unten links gerichteten Pfeile geben Aufschluss darüber, dass es sich bei den Parolenschreibern um sog. Kämpfer der "Eisernen Front" gehandelt haben muss. Dies war eine Art paramilitärische, SPD-nahe, Organisation zur Wahrung der Verfassung der Weimarer Republik bzw. zur Abwehr radikaler republikfeindlicher Bewegungen und Parteien - hier insbesondere der NSDAP bzw. dem sog. Stahlhelm - Bund der Frontsoldaten.[1] Das Symbol des sog. "Dreipfeil" erlangte zum Teil internationale Bekanntheit und wird heute noch zum Teil in bestimmten linken politischen Kreisen verwendet. Dabei symbolisieren die drei Pfeile den Kampf gegen Nationalsozialismus, Kommunismus und Monarchismus und sollten für positive Werte Aktivismus, Disziplin oder Einheit stehen. Sie wurden bewusst als visuelles Gegenkonzept zum Hakenkreuz der Nationalsozialisten durch Sergei Stepanowitsch Tschachotin und Carlo Mierendorff entwickelt.[2] Die Parole mit den drei Pfeilen wurde insbesondere zur Reichstagswahl im Juli 1932 im gesamten damaligen deutschen Reich an verschiedenen Objekten angebracht, so auch vermutlich in Fürth Unterfarrnbach an der Feldscheune.

Urheber[Bearbeiten]

Nach einer Familienüberlieferung soll den Schriftzug Michael Kett in den 1930er Jahren an der Scheune angebracht haben. Diese Angaben machte der Nachfahre Klaus Kett gegenüber der örtlichen Presse im November 2022. Michael Kett war Malergehilfe in den 30er Jahren und versuchte mit anderen Parteigenossen der SPD den zunehmend erstarkenden Nationalsozialismus die Stirn zu bieten.[3]

Spurensuche[Bearbeiten]

Foto aus dem Jahr 1997 mit noch besser erkennbarer Schrift

Der Schriftzug hat erstaunlicherweise die Zeit des Nationalsozialismus überlebt, aber auch die darauffolgenden Jahrzehnte. Inzwischen verblasst die Schrift zunehmend, bedingt durch die Witterungsverhältnisse.

2022 wurde eine ähnliche politische Parole zufällig bei Bauarbeiten in der Ludwig-Erhard-Straße 19 gefunden, dessen Ursprung vermutlich älter ist als die Parole in Unterfarrnbach. Dabei handelte es sich um den Ausspruch "Nieder mit dem Kapitalismus", der vermutlich in der Hochphase des Räterepublik angebracht wurde - also vermutlich Ende 1918, Anfang 1919. Denkbar wäre auch noch eine spätere Anbringung Anfang der 1920er Jahre.

Literatur[Bearbeiten]

Lokalberichterstattung[Bearbeiten]

  • di: Das letzte Aufgebot der Republik. In: Fürther Nachrichten vom 15. Juli 1997
  • Alexandra Voigt: „Wählt Liste 1“: Was hat das zu bedeuten? In: Fürther Nachrichten vom 15. November 2022, S. 27 (Druckausgabe)
  • Alexandra Voigt: Kampf gegen Nazis: Eine Scheune als Denkmal? In: Fürther Nachrichten vom 28. März 2023, S. 27 (Druckausgabe)

Siehe auch[Bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Artikel Eiserne Front aus der freien Enzyklopädie Wikipedia. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
  2. Lemo: Die Eiserne Front - Lebendiges Museum Online, abgerufen am 13. September 2022 | 23:24 Uhr
  3. Alexandra Voigt: „Wählt Liste 1“: Was hat das zu bedeuten? In: Fürther Nachrichten vom 15. November 2022, S. 27 (Druckausgabe)

Bilder[Bearbeiten]